"Wer liebt, handelt immer richtig, was er auch tut. Ohne Liebe ist alles, was wir tun, hohl und tot", so Kardinal Schönborn, bezugnehmend auf die Worte des heiligen Augustinus.
"Wer liebt, handelt immer richtig, was er auch tut. Ohne Liebe ist alles, was wir tun, hohl und tot", so Kardinal Schönborn, bezugnehmend auf die Worte des heiligen Augustinus.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 26. Oktober 2014 (Matthäus 22,34-40).
Dieses berühmte Wort des heiligen Augustinus (354 – 430 n. Chr.) fällt mir zum heutigen Sonntagsevangelium ein. Wer liebt, handelt immer richtig, was er auch tut. Ohne Liebe ist alles, was wir tun, hohl und tot. Letztlich kommt es auf die Liebe an. Vielen ist das große Loblied des Apostels Paulus auf die Liebe bekannt. Es wird gerne bei Hochzeiten verwendet: Hätte ich alle Gaben und Begabungen, "hätte aber die Liebe nicht, wäre ich nichts". Dort heißt es auch: "Und wenn ich meine ganze Habe verschenkte, hätte aber die Liebe nicht, nützte es mir nichts." Weiter steht da: "Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig, … sie handelt nicht ungehörig, sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach." Kurz und bündig: "Die Liebe hört niemand auf" und ganz am Schluss: "Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe" (1. Korintherbrief, Kapitel 13).
Was ist im Leben das Größte? Was ist das Wichtigste? Um diese Frage geht es auch im heutigen Evangelium. Wieder einmal wird Jesus eine Fangfrage gestellt. Immer neu versuchen die "Obergescheiten", die "Besserwisser", Jesus in eine Falle zu locken, um ihn dann anklagen und beschuldigen zu können. Sie stellen ihm ihre Fragen nicht aus Interesse an der Sache, und erst recht nicht aus Wohlwollen, mit Sympathie.
Dieses Verhalten kann für den Leser des Evangeliums, für mich selber, Anlass sein, mein Gewissen zu prüfen. In Diskussionen, Gesprächen, Konflikten geht es mir nur darum, den anderen aufs Glatteis zu führen, oder will ich ihn verstehen? Suche ich nur, ihm eins auszuwischen, oder will ich ihm begegnen? Wie oft sind unsere Streitgespräche geprägt von Rechthaberei? Wie oft geht es uns nicht um die Sache, sondern um den eigenen Sieg?
613 Ge- und Verbote hat man in der Bibel, im Alten Testament gezählt. Wer soll sich da auskennen? Gibt es eine Rangordnung unter den Geboten? Will der Gesetzeslehrer von Jesus wirklich eine Antwort auf diese Frage hören, die damals unter den Gelehrten diskutiert wurde? Oder will er Jesus zeigen, wer hier der Gescheitere ist?
Die Antwort Jesus ist äußerst einfach: Liebe Gott und deinen Nächsten, und dann ist alles in Ordnung. Nur auf die Liebe kommt es an. Jesu Antwort ist keine allgemeine Theorie, keine Allerweltslehre. Sie richtet sich zuerst an den, der ihn da mit seiner Frage fangen will: Tust du das aus Liebe? Was bewegt dich? Was ist dein Antrieb? Neid? Streit? Eifersucht? Oder bewegt dich die Liebe?
So wendet sich die Antwort Jesu immer ganz persönlich an den Menschen, an uns, an mich: Hat die Liebe in meinem Leben den ersten Platz? Kann ich sagen, dass ich Gott mit ganzem Herzen liebe, mit ganzer Seele, mit allen meinen Gedanken? Kann ich das überhaupt können? Und meinen Nächsten lieben "wie mich selbst"? Mag ich mich denn selber? Falle ich mir nicht manchmal eher zur Last, unzufrieden über alles, was ich nicht schaffe. Wie soll ich die anderen lieben, wenn ich mich selber so schwer annehmen kann?
Und doch weiß ich: Nur die Liebe zählt. Und nur sie macht glücklich. Aber sie ist eine lebenslange Aufgabe. Deshalb sagt Jesus auch: Du sollst lieben. Seine Gebote sind keine gemeinen Fallen. Wenn Gott etwas gebietet, dann gibt er auch die Hilfe dazu. Deshalb kann die Liebe gelingen.
In jener Zeit, als die Pharisäer hörten, dass Jesus die Sadduzäer zum Schweigen gebracht hatte, kamen sie bei ihm zusammen. Einer von ihnen, ein Gesetzeslehrer, wollte ihn auf die Probe stellen und fragte ihn: Meister, welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste? Er antwortete ihm: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz samt den Propheten.
Kardinal Christoph SchönbornSeine Texte, Predigten und Vorträge. |