Nazaret, Verkündigungsbasilika: Erzengel Gabriel und Jungfrau Maria. Glasfenster von der österreichischen Künstlerin Lydia Roppolt.
Nazaret, Verkündigungsbasilika: Erzengel Gabriel und Jungfrau Maria. Glasfenster von der österreichischen Künstlerin Lydia Roppolt.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 21. Dezember 2014 (Lukas 1,26-38)
Maria stellt diese Frage: „Wie soll das geschehen?“ Sie soll ein Kind empfangen, einen Sohn bekommen, und der soll „Sohn des Höchsten“, also Sohn Gottes genannt werden. Und sie ist nur verlobt, lebt noch nicht mit ihrem Verlobten zusammen (wie das heute weitgehend üblich ist). Auf diese so verständliche Frage bekommt sie eine rätselhafte Antwort: „Der Heilige Geist wird über dich kommen.“ Das heißt doch: Gott selber wird dir dieses Kind schenken. Dazu hat Maria schließlich ihr Ja gesagt: „Mir geschehe, wie du es gesagt hast.“
Wie können wir heute dieses Evangelium lesen? Die wenigsten Menschen haben schon einen Engel gesehen und gehört. Was hier berichtet wird, fällt völlig aus dem Rahmen des Alltäglichen. Engel kommen kaum so sichtbar auf Besuch. Oder fehlt den meisten Menschen (auch mir selber!) das Organ, um diese überirdische Welt wahrzunehmen? Haben nur wenige die Feinfühligkeit, Botschaften des Himmels zu vernehmen?
Der kritische Zeitgenosse sagt: Das ist alles eine fromme Legende. Ein besonders kritischer Geist wird wohl auch weiterfragen: Woher kennt der Autor des Evangeliums diese Geschichte? Ist sie historisch glaubwürdig? Wer war dabei? Wer war Zeuge dieser Begegnung zwischen dem Engel und Maria? Und woher wissen wir, dass wirklich diese Worte gesprochen wurden? Der Fromme mag darauf dem Kritiker antworten: „Lass mir meine schöne Geschichte von der Verkündigung an Maria! Schau dich um in den großen Werken der Kunst: Wie oft wurde von den Meistern der Malerei mit inniger Zartheit diese Szene dargestellt! Ich lasse sie mir von deiner Kritik nicht verderben!“
Wie oft habe ich dieses Evangelium gehört und gelesen! Und immer noch hat es seinen unvergleichlichen Zauber, rührt es das Herz an. Für mich ist klar: Nur Maria selber konnte von diesem Moment in ihrem Leben berichten. Nur sie hat ihn erlebt, und er hat ihr Leben von Grund auf verändert. Mir hilft dabei der Vergleich mit einer meiner Lieblingsheiligen, Bernadette von Lourdes. Als ihr 1858 die Muttergottes erschien, war sie 14 Jahre alt, das Alter, das Maria wahrscheinlich hatte, als ihr der Engel erschien.
Bernadette war die einzige Zeugin der Marienerscheinungen. So wie Maria allein die Erscheinung des Engels bezeugt hat. Bernadette hat bis zu ihrem Tod immer wieder erzählt, wie ihr Maria erschienen ist und was sie zu ihr gesagt hat. Unvergesslich hatte sich ihr jedes Wort der Muttergottes eingeprägt. Vor allem aber: Bernadette war glaubwürdig. Sie überzeugte durch ihre Einfachheit, Klarheit und Bescheidenheit. Und Maria bestätigte das durch viele Zeichen und Wunder, die seither in Lourdes geschehen sind.
Wie soll das geschehen? So fragt Maria. Diese Frage stellt sich in unserem Leben immer wieder, besonders in Momenten, wo wir nicht weiter wissen, keine Lösung sehen. Die Antwort bekommen wir, wenn wir wie Maria Gott zutrauen, dass bei Ihm nichts unmöglich ist. Glauben und vertrauen wir, dass Gott wirklich in unserem Leben da ist und wirkt? So wie Maria geglaubt hat!
Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret
zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria. Der Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dirSie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe. Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Du wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären: dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen, und seine Herrschaft wird kein Ende haben. Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne? Der Engel antwortete ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden. uch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar galt, ist sie jetzt schon im sechsten Monat. Denn für Gott ist nichts unmöglich. Da sagte Maria: Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast. Danach verließ sie der Engel.
Gedanken zum EvangeliumWöchentlicher Evangelienkommentar von Kardinal Christoph Schönborn. |
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