Ostern ist auch eine ganz persönliche Sache. An Jesus glauben heißt, zu ihm eine persönliche Beziehung zu haben. Ihm glauben heißt ihm vertrauen.
Ostern ist auch eine ganz persönliche Sache. An Jesus glauben heißt, zu ihm eine persönliche Beziehung zu haben. Ihm glauben heißt ihm vertrauen.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Ostersonntag, 27. März 2016 (Joh 20,1.11-18)
Der Ostermorgen beginnt mit Tränen. Eine Frau weint untröstlich an einem Grab. Wie viele Tränen werden an Gräbern geweint! Mich bewegt es jedes Jahr zu Ostern, an die Tränen von Maria Magdalena erinnert zu werden. Zu schlimm war das Erlebte. Zu erschütternd, was mit Jesus geschehen war, den sie so geliebt hat. Sie hat alles mitangesehen. Sie ist nicht davongelaufen wie fast alle seiner männlichen Anhänger. Die haben sich in Panik versteckt, um nicht wie er verhaftet zu werden. Die Gefahr bestand ja wirklich. Warum sollten die Behörden nicht auch sie einsperren, nachdem sie ihren Meister gefangengenommen, verurteilt und getötet hatten. Es war nicht sehr heldenhaft, aber sehr verständlich, dass sie, seine engsten Mitarbeiter, sich aus Angst versteckt hielten.
Anders die Frauen, die ihn begleitet hatten. Sie blieben bei ihm. Sie fürchteten sich nicht, zu ihm zu stehen, bei ihm auszuharren, bis zu den schrecklichen Stunden, als er ans Kreuz genagelt war. Sicher hatten sie schon viel geweint, ansehen zu müssen, wie er litt, wie er mit dem Tod rang. Sogar seine Mutter hatte es ausgehalten, bei dem Kreuz zu bleiben, an dem ihr Sohn qualvoll starb.
Tränen über Tränen. Ströme von Tränen werden täglich geweint. Die Frauen beim Kreuz Jesu haben einander sicher zu trösten versucht, so wie Frauen es bis heute tun. Und sie haben einander in ihrer Trauer getröstet, als Jesus tot war und sie ihn in ein Grab betteten. Und sie waren es auch, die als erste früh morgens, so früh wie möglich, beim Grab waren, um ihre Trauer auszuweinen, um wenigstens den Trost zu haben, seinem toten Leib nahe zu sein.
Der aber war weg. Zu allem Leid jetzt auch noch das: das Grab offen, der Leichnam weg! Unfassbarer Schmerz: Tränen ohne Ende! Da steht ein Mann hinter ihr. Bewegt von so viel Trauer fragt er die Frau: Warum weinst du? Wen suchst du? Sie will nur eines wissen: Wohin habt ihr ihn weggebracht? Wo ist er?
Die Antwort dieses Mannes, den sie für den Gärtner hält, ändert alles. Ein kleines Wort, und alles sieht anders aus. Er spricht sie mit ihrem Namen an: Maria! Und sie weiß sofort: Das ist er selber, Jesus. Und er lebt. Es war der vertraute Klang seiner Stimme. So hat keiner sonst ihren Namen ausgesprochen. So hat sie sich nie verstanden und geliebt gefühlt, wie von ihm. Und jetzt war alles wieder da: die ganze Freundschaft, seine Nähe, er selber.
Jedes Jahr zu Ostern bewegt mich dieser Moment, wo Maria von Magdala ihn erkennt, als er sie mit ihrem Namen anspricht. Die Botschaft von Ostern ist nicht irgendeine allgemeine Theorie über Leben und Tod. Natürlich geht es auch um den Glauben, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, dass es eine Auferstehung der Toten gibt, für alle Menschen. Maria von Magdala aber zeigt eine andere, wichtigere Seite des Osterfestes. Es geht um eine ganz persönliche Sache. An Jesus glauben heißt, zu ihm eine persönliche Beziehung zu haben. Ihm glauben heißt ihm vertrauen. Und Vertrauen hat mit Freundschaft zu tun. Maria von Magdala hat um einen unvergleichlich lieben Menschen geweint. Und hat das unbeschreibliche Glück erlebt, dass er lebt. Das ist die tiefste Osterfreude.
Am ersten Tag der Woche kam Maria von Magdala frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab und sah, dass der Stein vom Grab weggenommen war. Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Während sie weinte, beugte sie sich in die Grabkammer hinein. Da sah sie zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, den einen dort, wo der Kopf, den anderen dort, wo die Füße des Leichnams Jesu gelegen hatten. Die Engel sagten zu ihr: Frau, warum weinst du? Sie antwortete ihnen: Man hat meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wohin man ihn gelegt hat. Als sie das gesagt hatte, wandte sie sich um und sah Jesus dastehen, wusste aber nicht, dass es Jesus war. Jesus sagte zu ihr: Frau, warum weinst du? Wen suchst du? Sie meinte, es sei der Gärtner, und sagte zu ihm: Herr, wenn du ihn weggebracht hast, sag mir, wohin du ihn gelegt hast. Dann will ich ihn holen. Jesus sagte zu ihr: Maria! Da wandte sie sich ihm zu und sagte auf Hebräisch zu ihm: Rabbuni!, das heißt: Meister. Jesus sagte zu ihr: Halte mich nicht fest; denn ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen. Geh aber zu meinen Brüdern, und sag ihnen: Ich gehe hinauf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott. Maria von Magdala ging zu den Jüngern und verkündete ihnen: Ich habe den Herrn gesehen. Und sie richtete aus, was er ihr gesagt hatte.
Ostern - Jesus ist auferstanden!
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