Papst Franziskus in seiner ersten Rede in Bolivien nach der Begrüßung durch Staatspräsident Evo Morales.
Papst Franziskus in seiner ersten Rede in Bolivien nach der Begrüßung durch Staatspräsident Evo Morales.
Franziskus unterstreicht kulturellen und ethischen Reichtum der Bevölkerung.
Zu Beginn seines Bolivien-Besuchs hat Papst Franziskus die Rechte der indigenen Bevölkerung angemahnt. Das Land stelle mit seinem kulturellen und ethnischen Reichtum einen "bleibenden Aufruf zu gegenseitigem Respekt und zum Dialog" zwischen der alteingesessenen und der gegenwärtigen Bevölkerung dar, sagte der Papst am Mittwoch, 8. Juli 2015 (Ortszeit) nach seiner Ankunft auf dem Flughafen von El Alto.
Dort wurde er kurz vor Mitternacht österreichischer Zeit am Flughafen El Alto von Staatspräsident Evo Morales empfangen. Franziskus trug einen weißen Mantel gegen die Kälte und begrüßte Morales mit einer Umarmung. Ein Indio-Kind mit großem Federschmuck machte ein Selfie mit dem Papst und dem Staatspräsidenten. Mit einigen Kindern an der Hand schritt der Papst über das Rollfeld.
Der 78-jährige Papst, dem als Jugendlicher ein Teil seiner Lunge entfernt wurde, verkraftete die sauerstoffarme Höhenluft offenbar gut. Das oberhalb der Hauptstadt La Paz gelegene El Alto befindet sich mehr als 4.000 Meter über dem Meeresspiegel. Bolivien ist die zweite Station seiner einwöchigen Südamerika-Reise. Erstes Besuchsland war seit Sonntag Ecuador.
Morales begrüßt Franziskus als den "Papst der Armen", der auf den Spuren des heiligen Franz von Assisi wandele. Er erneuerte die politische Forderung Boliviens nach einem Zugang zum Meer und erinnerte an die Bemühungen zur "Befreiung der Völker des Kontinents".
Der Papst lobte in seiner Begrüßungsrede die Integrationspolitik von Präsident Morales gegenüber der indigenen Bevölkerung. Bolivien mache derzeit "wichtige Schritte, um die Inklusion in weiten Bereichen des wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Lebens voranzubringen". Zugleich deutete Franziskus Kritik an Morales' autoritärem Führungsstil an. Er forderte "Transparenz auf der Ebene der Institutionen". Integration erfordere immer auch "einen Geist öffentlicher Zusammenarbeit, des Dialogs und der Teilnahme der Einzelnen und der gesellschaftlichen Handlungsträger". Ein Volk brauche gemeinsame Werte und Ideale, "ohne jemanden auszuschließen oder abzuweisen", so der Papst.
Er komme "als Gast und Pilger", um den Glauben der Christen zu stärken, sagte das Kirchenoberhaupt weiter. Sie müssten "Sauerteig einer besseren Welt sein und am Aufbau einer gerechteren und solidarischen Welt mitarbeiten".
Erneut forderte Franziskus mehr Unterstützung für Familien. In einer Zeit, die oft dazu neige, die grundlegenden Werte zu vergessen oder zu verkehren, verdiene die Familie ein besonderes Augenmerk der Politik. Sie bilde die Keimzelle der Gesellschaft und gewährleiste durch die Zeugung und Erziehung von Kindern deren Erneuerung.
Nach der Begrüßung am Flughafen standen ein Höflichkeitsbesuch im Präsidentenpalast in La Paz sowie eine Begegnung mit Vertretern aus Politik und Zivilgesellschaft auf dem Programm. Am Abend (Ortszeit) fliegt der Papst weiter nach Santa Cruz de la Sierra, wo er am Vormittag eine große Messe unter freiem Himmel feierte.