Univ.-Prof. Dr. Ingeborg Gabriel
Institut für Sozialethik an der Fakultät der Universität Wien.
Univ.-Prof. Dr. Ingeborg Gabriel
Institut für Sozialethik an der Fakultät der Universität Wien.
Sommer-Serie zum Universitätsjubiläum (Folge 5): Die Wiener Sozial-ethikerin Ingeborg Gabriel über das Pontifikat von Papst Franziskus und ihre Erwartungen an die Bischofssynode im Oktober.
Ich sehe die Entwicklung auf mehreren Ebenen sehr positiv und bin beeindruckt, wie viel in diesem Pontifikat bereits geleistet wurde.
Viel davon dringt kaum in die Öffentlichkeit. Mich beeindruckt am meisten, dass es Papst Franziskus gelingt, die katholische Kirche zu einem ernsthaften Akteur in brennenden sozialen Fragen zu machen, die heute Menschen global bewegen.
Da ist zum einen die Friedensthematik: Hier ist an seine Initiativen in Kuba, in Bezug auf den Krieg in Syrien und das Friedensgebet mit Peres und Abbas zu erinnern.
Da ist das Thema Menschen- und Frauenhandel, zu dem es in den letzten beiden Jahren wichtige Konferenzen im Vatikan gab, die verschiedenste Akteure zusammen brachten.
Da ist nun das große Zukunftsthema der Ökologie. Die soeben erschienene Umwelt-Enzyklika wurde im letzten Jahr intensiv vorbereitet, u. a. durch Treffen mit dem UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon, führenden Klimaforschern, Nobelpreisträgern und Religionsführern.
Franziskus ist bei vielen dieser Treffen persönlich anwesend und nützt als pontifex maximus im Vollsinn des Wortes die moralische Autorität der katholischen Kirche als weltweite Organisation mit ca. 1,2 Milliarden Mitgliedern. Sie kann sowohl auf der Basisebene aber auch auf der Ebene der Politik, national und international präsent sein und ihre ethischen Positionen, aber auch ihre „guten Dienste“ der Vermittlung zur Lösung der Probleme anbieten.
Die Ethik steht dabei im Zentrum, vor allem auch die Sozialethik. Wie Franziskus in seinem Schreiben „Evangelii gaudium“ schreibt, wird sie heute oft belächelt, aber die Rückfrage nach dem wirklich Menschlichen verbindet alle Menschen, egal welcher Weltanschauung oder Religion sie sind.
Hier sind Brückenschläge möglich. Zugleich verbindet er sie – wie auch das 2. Vatikanische Konzil – immer mit der Verkündigung.
Die viel besprochenen Reformen der kirchlichen Bürokratie sind gleichfalls von wesentlicher Bedeutung, wenn auch die inhaltliche Arbeit mir selbst wichtiger erscheint und ein Vorbild für alle Ebenen kirchlichen Lebens sein kann.
Was die Familiensynode betrifft, so reiht sie sich in die großen Themen ein, die Franziskus behandelt. Ich bewundere den Mut dieses Papstes, dieses große aber auch umstrittene moralische und soziale Thema aufzugreifen.
Denn die Familie bildet die Keimzelle der Gesellschaft. Sie ist der Ort des ersten Glücks (oder Unglücks). Eine klare Sicht, was eine Familie ist und was sie leisten kann, ist für jede Gesellschaft wesentlich. Hier soll die katholische Kirche Hilfestellungen und Impulse geben.
Dabei geht es keineswegs nur oder vor allem um einzelne Normen, auch wenn man nur hoffen kann, dass es zu einer befriedigenden Lösung für die wieder verheirateten Geschiedenen kommt.
Wesentlich ist vor allem, Leitbilder für ein gelingendes Miteinander zu entwerfen, die aus dem reichen Schatz der spirituellen und ethischen Traditionen der Kirche schöpfen und den gesellschaftlichen Gegebenheiten der Gegenwart Rechnung tragen.
Zum Nachlesen:
Kommende Beiträge:
16. 8.: Rudolf Prokschi (Ostkirchenkunde)
23. 8.: Hans Schelkshorn (Philosophie)
30. 8.: Ludger Schwienhorst-Schönberger (Altes Testament)
6. 9.: Regina Polak (Pastoraltheologie)
Katholisch Theologische Fakultät der Universität Wien
Die Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag"