„Tolle, lege!“ – „Nimm, lies!“: das Wort, das den hl. Augustinus (354 bis 430 n. Chr.) ein Leben lang prägte.
„Tolle, lege!“ – „Nimm, lies!“: das Wort, das den hl. Augustinus (354 bis 430 n. Chr.) ein Leben lang prägte.
Warum es so viele Ähnlichkeiten zwischen der Spätantike und der Gegenwart gibt. Und was das Christentum auf keinen Fall aufgeben darf. Der Berliner Theologe Christoph Markschies, am 12. Mai bei den „Theologischen Kursen“, im Gespräch.
Warum hatten die christlichen Gemeinden in der Alten Kirche, in den ersten Jahrhunderten so starken Zulauf?
MARKSCHIES: Das Christentum war die einzige Religion, die einfache und kluge, reiche und arme Menschen zu einer großen Gemeinschaft weit über Länder-, Sprach- und Kulturgrenzen integrierte.
Das Christentum bot nicht nur Wissen über Welt und Mensch, über Tod und ewiges Leben, sondern formulierte einfache Regeln über ein gottgefälliges Leben und bot so ethische Orientierung.
Seitdem die Kaiser das Christentum als Religion im Reich und dann als Staatsreligion zu privilegieren begannen, fanden es Menschen noch einmal attraktiver, sich ihm zuzuwenden.
Was machte die Faszination des Christentums damals aus?
MARKSCHIES: Die Gottesdienste boten ungeheuer reiche und tiefe Erlebnisse, die einem heidnischen Kultus nicht vergleichbar waren. Die christlichen Mönche schlichteten als Ombudsmänner Streitigkeiten im Alltag, Christenmenschen konnten Menschen gesund machen und verlangten im Gegensatz zu den Ärzten kein Honorar, die großen Bischöfe spendeten für öffentliche Anlagen und waren bewunderte Redner.
Warum war das Christentum gleichsam eine Bildungsreligion?
MARKSCHIES: Weil niemand getauft wurde, ohne zuvor Monate Unterricht in christlicher Religion zu bekommen.
Im Gegensatz zum heidnischen Kult gab es in jeder großen Eucharistiefeier eine längere Predigt, die christliches Leben erklärte, biblische Geschichten interpretierte und den Sinn des jeweiligen Gottesdienstes verständlich machte. Berühmte christliche Theologen lehrten in Privatschulen und Universitäten, sie hatten großen Zulauf.
Was lässt sich für die Gegenwart daraus lernen?
MARKSCHIES: Das Christentum sollte weiter darauf vertrauen, dass seine Gottesdienste faszinieren, sich trotz starker Professionalisierung der Medizin nicht aus der Behandlung von Kranken, Krankenhäusern und Hospizen zurückziehen, seine Theologen sollten weiter den öffentlichen Diskurs über Religion suchen und dort brillieren und der Anspruch, Bildungsreligion zu sein, sollte nicht aufgegeben werden.
Natürlich ist heute alles anders als damals und doch verbindet viel unsere Umbruchzeit am Ende der Moderne und die Spät-antike als Umbruchzeit.
das Semesterthema der „Theologischen Kurse“.
12. Mai, 9-11.30 Uhr: „War die Reformation revolutionär? - Ein Ereignis in widersprüchlicher Deutung“, mit Univ.-Prof. Christoph Markschies, Berlin.
12. Mai, 18.30-21 Uhr: „Lernen von den Urchristen? - Was das spätantike Christentum so attraktiv machte“, mit Univ.-Prof. Markschies.
Ort: Stephansplatz 3,
Wien 1.
Anmeldung, Information:
Tel: 01/ 51552-3708 oder
www. theologischekurse.at
Univ.-Prof. Dr. Christoph Markschies,
Lehrstuhl für Antikes Christentum an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Der SONNTAG Die Zeitung der ED. Wien Stephansplatz 4/VI/DG 1010 Wien T +43 (1) 512 60 63 F +43 (1) 512 60 63-3970
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at
Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien