„Es ist eine totale Lust, ein ganz wunderbares Gefühl, in diesen Geschmäckern und Farben zu schwelgen. Als ob sich das Füllhorn über einem ausschüttet. Irgendwie paradiesisch.“
„Es ist eine totale Lust, ein ganz wunderbares Gefühl, in diesen Geschmäckern und Farben zu schwelgen. Als ob sich das Füllhorn über einem ausschüttet. Irgendwie paradiesisch.“
Im Laufe vieler Generationen haben die Menschen eine Fülle von Nutzpflanzen entdeckt und weiterentwickelt. Diese Vielfalt droht verloren zu gehen. Aber noch ist nicht aller Tage Abend, meint Beate Koller vom Verein ARCHE NOAH.
Wir balancieren mit unserer Ernährung auf der Spitze eines Eisberges, der große Unterbau ist schon weggeschmolzen“, bringt es Beate Koller, Geschäftsführerin des Vereins ARCHE NOAH, auf den Punkt.
Drei Viertel aller vom Menschen genutzten Pflanzen sind in nur hundert Jahren unwiederbringlich verloren gegangen, schätzen die Vereinten Nationen.
In diesen etwa hundert letzten Jahren hat sich für die Menschheit einiges geändert. Die Industrialisierung der Landwirtschaft machte es möglich, dass nur wenige Menschen Nahrung für viele produzieren. Damit begann aber der Verlust der Artenvielfalt.
„Die Gewinnung von Saatgut war früher Teil der Produktion“, erklärt Beate Koller, „dann wurde die Züchtung von der Produktion getrennt und das Saatgut zu einer Ware mit einem eigenen Markt.“
Dieser Markt beschränkt sich auf eine kleine Auswahl von Arten. Damit diese Pflanzen in verschiedenen Lebensräumen überhaupt wachsen und Ertrag bringen, müssen Dünger und Schädlingsbekämpfungsmittel eingesetzt werden.
Pestizide und Dünger, aber auch Diesel für die landwirtschaftlichen Maschinen werden aus Erdöl gewonnen. Enorme Mengen fossiler Energien sind nötig, um unsere Nahrung herzustellen, zu ernten, zu transportieren und zu lagern.
„Um eine Kalorie Lebensmittel zu bekommen, müssen wir zehn Kalorien investieren“, erläutert Beate Koller, „in vorindustrieller Zeit war das Verhältnis umgekehrt.“
Das Erdöl, das wir für die Nahrungsmittelproduktion brauchen, ist nicht unbegrenzt, gibt die ARCHE NOAH-Geschäftsführerin zu bedenken: „Wir kennen auch die fürchterlichen Nebeneffekte wie den Klimawandel und den Raubbau an den Böden. Es ist nur eine ganz dünne Haut der Erde, auf der alles wächst, für uns und für die Tiere.“
Die Agrarpolitik muss geändert werden, steht für Beate Koller fest. „Jetzt ist noch Gelegenheit, dieses Ernährungssystem nachhaltiger zu gestalten. Wir müssen wieder zu einem System kommen, das weniger Ressourcen verschwendet. Dafür werden wir die große Vielfalt an Pflanzen brauchen.“
Beate Koller meint damit Arten, die an unterschiedliche Lebenräume – vom Gebirgstal bis zur Meeresküste – angepasst sind und dort auch ohne den enormen Einsatz von Dünger und Schädlingsvernichtern gedeihen. In früheren Zeiten waren diese Eigenschaften lebensnotwendig, in Zukunft werden sie es vielleicht wieder sein.
In Folge des Klimawandels werden wir mit bisher unbekannten Krankheiten und Schädlingen zu tun bekommen, warnt Beate Koller: „Dadurch kann die Ernährungsgrundlage gefährdet werden.“
Koller erinnert an die Hungersnot in Irland, bei der Mitte des 19. Jahrhunderts die bis dahin unbekannte Kartoffelfäule das Hauptnahrungsmittel der Bevölkerung vernichtet hatte.
Eine Million Menschen starben damals, zwei Millionen Iren flohen von der Insel. „Eine Vielfalt an Arten ermöglicht es uns, immer wieder neue Formen auszulesen, die uns das Überleben sichern können“, so Beate Koller.
Einige Menschen versuchen, sich wieder weitgehend selbst zu versorgen. „Das ist kein Weg, der für die breite Masse begehbar ist“, weiß Beate Koller. Viel leichter ist es, Biobauern, die auf Vielfalt setzen, zu unterstützen, indem man diese Produkte einfach kauft.
Als schönen und sinnvollen Trend schätzt Beate Koller von Arche Noah das „Urban gardening“ – das Gärtnern in der Stadt.
„Vor zehn Jahren war die Idee, Gemüse statt Blumen oder Zierpflanzen anzubauen, ganz abwegig“, erinnert sie sich, „ich finde es schön, dass viele Menschen das wieder spannend finden.“ Im eigenen Garten oder Balkonkasterl können gerade seltene Arten zum Einsatz kommen.
Das selbst gepflanzte und gepflegte Gemüse, die eigenen Kräuter bringen nicht nur Vitamine und Mineralstoffe auf den Teller, sondern auch eine Vielfalt an Geschmack und, nicht zu vergessen, Freude.
Im nächsten Schritt kann man versuchen, aus den Pflanzen Samen zu gewinnen, ermutigt Beate Koller: „Eine Pflanze vom Samen wieder zum neuen Samen zu kennen und über mehrere Jahre zu erleben, wie sie sich im eigenen Garten verändert, das ist ein spannender Prozess.“ Tipps und Hilfe gibt der Verein ARCHE NOAH
Wer einmal von den herrlichen vielfarbigen Paradeisern oder Erdäpfeln, von den duftenden Früchten und Kräutern gegessen hat, möchte diese Vielfalt nicht mehr missen, ist Beate Koller überzeugt. „Es ist eine totale Lust, ein ganz wunderbares Gefühl, in diesen Geschmäckern und Farben zu schwelgen. Als ob sich das Füllhorn über einem ausschüttet. Irgendwie paradiesisch.“
Wiener große Stummerer: saftig-süße, von Wiener Gärtnern entwickelte Fleischtomate
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Das ARCHE NOAH pop-up Store Wien
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Wann? noch bis 28. Mai, Do-Sa, 10-18 Uhr, auch an Feiertagen geöffnet
Wo? Zugang Spengerg./Ecke rechte Wienzeile
(Eingang v. Hinterhaus),
1050 Wien
Beim Gartenküchen-Sonntag erlebt man die Kulturpflanzenvielfalt kulinarisch.
Wann? jeden Sonntag bis 25. Sept., 10-17 Uhr
Wo? ARCHE NOAH Schaugarten, Schiltern
Arche Noah
Obere Straße 40
3553 Schiltern
Tel.: 02734/ 8626
E-Mail: schaugarten@arche-noah.at
Website: www.arche-noah.at
zur Person:
Beate Koller ist Geschäftsführerin des Vereins ARCHE NOAH , der sich für die Erhaltung und Entwicklung der Kulturpflanzenvielfalt sowie entsprechende Rahmenbedingungen einsetzt.
Telefon: 02734/8626 (Di 8-16 Uhr, Mi-Fr 8-12 Uhr),
E-Mail: info@arche-noah.at
Wie viel Fläche steht für die Produktion von Nahrungsmitteln zur Verfügung?
Stellen Sie sich die Welt als Apfel vor:
3/4 |
|
1/8 |
Die Hälfte des übrigen Viertels,
Drei Teile des anderen 1/8 sind zu steinig, kalt, steil, nährstoffarm bzw. Städte, Siedlungen, Einkaufszentren, Fabriken,.. |
1/32 |
Übrig bleibt 1/32 des Apfels.
Abnutzung und übermäßige Landwirtschaft vernichten jährlich 25 Milliarden Tonnen davon. In 100 Jahren entstehen 2,5 cm Humus.
Quelle: Enchada – Netzwerk Entwicklungspolitik der KJ Österreich |
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