Wie sich die Suche nach christlicher Einheit mit den gemeinsamen Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden verbinden lässt, ist eines der zentralen Themen bei der Tagung des Zentralausschusses des Weltkirchenrats.
Wie sich die Suche nach christlicher Einheit mit den gemeinsamen Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden verbinden lässt, ist eines der zentralen Themen bei der Tagung des Zentralausschusses des Weltkirchenrats.
Zentralausschuss des Weltkirchenrats tagt im norwegischen Trondheim und berät über Kircheneinheit und Friedensarbeit.
Weltkirchenrat-Generalsekretär Tveit: "Wir haben ein Netzwerk von Friedensinitiativen aufgebaut"
Der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen/Weltkirchenrates (ÖRK), Olav Fyske Tveit, hat davor gewarnt, Religion als Rechtfertigung zur Gewalt an Frauen zu benutzen. Es gebe religiöse Praktiken und Kulturen, "die diese Gewalt legitimieren aufgrund einer Gedankenwelt, die Überlegenheit, Dominanz und männliche Privilegien gegenüber Frauen enthält", kritisierte Tveit bei der derzeitigen (22.-28. Juni 2016) Tagung des ÖRK-Zentralausschusses im norwegischen Trondheim.
Dies zeige sich in der Diskriminierung von Frauen in "patriarchalischen Gesellschaften oder als Ergebnis eines Konsumverhaltens im Zusammenhang mit Sex oder nicht in Frage gestellter wirtschaftlicher Ungerechtigkeiten, die zur Ausbeutung von Frauen als Arbeitnehmerinnen" führten. Probleme wie diese seien auch "mit der Religionslehre und der Religionsausübung verbunden", führte Tveit weiter aus.
Dabei könne "niemand" auf "Gott oder eine Religion verweisen, um zerstörerische und vorsätzliche Akte der Gewalt zu legitimieren". Die christlichen Kirchen müssten Verantwortung dafür übernehmen, "wie Religion und auch christliche Religion als Begründung für Fundamentalismus" dienen könne, forderte der Generalsekretär. Sie sollten sich darauf konzentrieren, "gewaltfreie, lebendige und lebensfördernde Gemeinschaften und Beziehungen" aufzubauen.
Wie sich die Suche nach christlicher Einheit mit den gemeinsamen Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden verbinden lässt, ist eines der zentralen Themen bei der derzeit laufenden Tagung des Zentralausschusses des Weltkirchenrats.
Der Direktor der Weltkirchenrats-Kommission für Glaube und Kirchenverfassung ("Faith and Order"), Pfarrer Odair Pedroso Mateus, unterstrich, dass nur eine "gemeinsame Vision von Kirche" die Hindernisse auf dem Weg zur christlichen Einheit klären und zu einem "gemeinsamen Verständnis des christlichen Einsatzes in der Welt" führen kann.
Die Diskussion auf der Tagung konzentrierte sich auf das Dokument "Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision", an dem "Faith and Order" nahezu 30 Jahren gearbeitet hat, und auf die Rezeption dieses Textes in den Kirchen. Pedroso Mateus sagte vor den Delegierten, es sei die Aufgabe der Kirchen, auf dieses Dokument zu antworten und einander mitzuteilen, wieweit sie in dem Text ihre eigene Vision von Kirche wiedererkennen "und wenn dies der Fall ist, wie sie engere Beziehungen zu den anderen Kirchen knüpfen können".
Die Theologin Marina Kolovopoulo von der orthodoxen Kirche von Griechenland unterstrich, wie das Dokument jeder Kirche behilflich sein könne, Wahrheit und Mängel in der eigenen Kirchenlehre zu erkennen. Die Ekklesiologie (Lehre von der Kirche) sei eines der schwierigsten theologischen Gebiete, auch das "Faith and Order"-Dokument drücke nicht vollen Konsens aus.
Sheilagh Margaret Kesting berichtete, dass ihre presbyterianische Kirche in Schottland die Antwort auf das "Faith and Order"-Dokument gemeinsam mit der katholischen Kirche Schottlands erstellt habe. Dabei sei deutlich geworden, dass man über den Text des Dokuments hinausgehen müsse. Um in der Einheit zu wachsen, genüge es nicht, den Text zu studieren. Es gehe vielmehr darum, konkrete Wege der Zusammenarbeit zu finden und bei dieser Zusammenarbeit öffentlich gesehen zu werden.
P. Andrzej Choromanski vom Päpstlichen Rat für die Einheit der Christen lobte das "Faith and Order"-Dokument als "Schritt auf dem Weg zur vollen und sichtbaren Einheit der Kirche". Er sei "überrascht und erfreut" über die umfassende und ernsthafte Bewertung des Textes durch katholische Theologen, ganze Fakultäten, Bischofskonferenzen und Ökumene-Verantwortliche aus aller Welt gewesen, sagte P. Choromanski. All diese Stellungnahmen würden auch in die Positionierung des Päpstlichen Rates zum Dokument einfließen.
Bei der letzten Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) 2013 in Busan (Korea) wurde die Initiative des sogenannten "Pilgerwegs der Gerechtigkeit und des Friedens" beschlossen. Die Kirchen sollten sich gemeinsam in vielfältigen Projekten weltweit für Friede und Gerechtigkeit einsetzen. Der Generalsekretär des Weltkirchenrats, Pfarrer Olav Fykse Tveit, betonte in seinem Bericht in Trondheim gelungene Initiativen. Tveit nannte Stationen des Pilgerwegs wie die koreanische Halbinsel, die Ukraine, den Libanon, Israel und Palästina, den Südsudan, Burundi, Kolumbien, Nigeria und Städte in den USA, in denen es zu Auseinandersetzungen zwischen ethnischen Gruppen gekommen war.
"Wir haben ein Netzwerk von Friedensinitiativen aufgebaut", berichtete der Generalsekretär. Vor wenigen Tagen hätten sich kirchliche Verantwortliche aus mehreren dieser Länder zu einem Workshop in Johannesburg (Südafrika) getroffen, um des Massakers in Soweto vor 40 Jahren zu gedenken: "Die Kirchen tauschen sich untereinander aus, wie wir in unterschiedlichen Teilen der Welt unsere Rolle als Friedensstifter und Verfechter der Gerechtigkeit ausfüllen".
Ein weiterer Höhepunkt der Tagung des Zentralausschusses des Weltkirchenrats betraf das Thema Mission: In Trondheim wurde das Handbuch "Ecumenical Missiology: Changing Landscapes and New Conceptions of Mission" vorgestellt. Der 575-Seiten-Band ist die erste umfassende Darstellung zum Thema Mission seit der Weltmissionskonferenz von Edinburgh 1910.
Ökumenischer Rat der Kirchen / Weltkirchenrat (ÖRK)
Der Zentralausschuss ist das höchste Leitungsgremium des Weltkirchenrates (ÖRK) zwischen den Vollversammlungen und tagt alle zwei Jahre. Er führt die von der Vollversammlung angenommenen Richtlinien aus, beaufsichtigt den Haushalt des Rates und leitet die Programmarbeit an.