Unterstützung. Mutter Sara mit ihrem Sohn Adisu, hier in einer Nothilfe-Station der Caritas nahe der Stadt Meki in Zentraläthiopien. Hier erhält sie Kraftnahrung für ihr Kind.
Unterstützung. Mutter Sara mit ihrem Sohn Adisu, hier in einer Nothilfe-Station der Caritas nahe der Stadt Meki in Zentraläthiopien. Hier erhält sie Kraftnahrung für ihr Kind.
Äthiopien kämpft zur Zeit gegen die schwerste Dürre seit 30 Jahren. Millionen von Menschen leiden an Hunger. Seit kurzem fällt wieder Regen. Große Hoffnung liegt auf der nächsten Ernte. Die Caritas leistet Nothilfe. Ein Lokalaugenschein von Marlene Groihofer.
Adisu drückt sich an seine Mutter und weint. Das Maßband, das seinen Oberarm umschließt, zeigt zehn Zentimeter. Und die Farbe rot. Fazit: "Er ist stark unterernährt", erklärt Solomon Kebede, Caritas-Projektkoordinator der Diözese Meki in Zentraläthiopien. Hier, in einer Caritas-Nothilfestation im Dorf Oda Bokota, bekommt Mutter Sara einen großen Sack ausgehändigt. Weißes Pulver befindet sich darin, Kraftnahrung, die ihrem Sohn für ein weiteres Monat das Überleben sichert. Es soll ihn auch vor Entwicklungsschäden bewahren, vor möglichen Folgen des Hungers.
Mit seinen zehn Monaten wiegt Adisu um drei Kilo zu wenig, ist unterernährt, wie derzeit fast 500.000 Kinder in Äthiopien. Insgesamt 18 Millionen Menschen sind in dem ostafrikanischen Staat heuer auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen - Schuld trägt die schlimmste Dürre seit dreißig Jahren, hervorgerufen durch das Klimaphänomen El Nino.
"In weiten Teilen des Landes hat es bis zu zwei Jahre lang nicht geregnet. Viele Menschen haben im Vorjahr ihre gesamte Ernte verloren", sagt Caritas-Projektkoordinator Solomon Kebede. Millionen Familien stehen damit vor dem Nichts - denn 80 Prozent der ländlichen Bevölkerung Äthiopiens lebt von den Erträgen aus eigenem Anbau.
"Unsere Vorräte aus der letzten Ernte sind mittlerweile aufgebraucht", erzählt Sara, die neben Adisu noch drei weitere Kinder zu versorgen hat. Einen Hektar Land bewirtschaftet sie mit ihrem Mann. Mais haben sie heuer wieder angepflanzt, er muss erst wachsen. Gegen Bezahlung arbeitet Sara derzeit auch auf fremden Feldern, versucht so, ihre Familie zu ernähren. Ihr Mann verdient ebenfalls Geld als Tagelöhner. "Wenn wir in der Früh nicht genug zu essen haben, gebe ich den Kindern, was wir haben, und ich gehe direkt aufs Feld arbeiten", sagt die 21-Jährige. "Am meisten fehlt mir das Mittagessen."
Die Felder sind grün, immer wieder fällt Regen - die Dürre zeigt sich in Äthiopien nicht auf den ersten Blick. "Das Bild ist trügerisch", erklärt Michael Zündel von der Caritas-Auslandshilfe, "noch vor kurzem war alles gelb und vertrocknet. Erst Ende April hat es nach Monaten erstmals wieder zu regnen begonnen."
Besonders betroffen sind der Osten und Süden des Landes. Im Dorf Dodota Denbel, drei Autostunden von der Hauptstadt Addis Abeba entfernt, unterstützt die Caritas Österreich die Verteilung von Saatgut. Männer laden große Säcke voll Weizen auf ihre Eselkarren. "Ich habe Angst, dass die Dürre weitergeht", sagt einer der Bauern, "auch wenn es in den letzten zwei Monaten wieder geregnet hat."
Noch ist tatsächlich nicht absehbar, ob der Regen anhalten und die nächste Ernte sichern wird. "Wenn wir jetzt die Hände in den Schoß legen, droht eine humanitäre Katastrophe", warnt Caritas-Präsident Michael Landau. Über zwei Millionen Euro investiert die Caritas Österreich jährlich in reguläre Programme in Äthiopien, eine zusätzliche Million soll in dem Land, das etwa dreimal so groß ist wie Deutschland, jetzt für die Hunger-Nothilfe aufgewendet werden. Hilfe, die schon früher hätte beginnen können: "Bereits im letzten Sommer war absehbar, dass sich eine Dürre anbahnt. Die äthiopische Regierung hat das aber immer wieder heruntergespielt", kritisiert Michael Zündel.
Erst Ende 2015 habe die Regierung schließlich eine offizielle Nothilfeerklärung abgegeben - und damit die Hilfe durch NGOs möglich gemacht. Zündel: "Die Regierung will Äthiopien als aufstrebendes Land positionieren, investiert viel in Infrastruktur und Baumaßnahmen. Da macht es sich nicht gut, wenn sie zugeben muss, dass gleichzeitig Millionen von Menschen an Hunger leiden."
Caritas Österreich:
www.caritas.at