Papst Franziskus hat von der griechischen Insel Lesbos aus zu internationaler Solidarität mit den Flüchtlingen aufgerufen.
Papst Franziskus hat von der griechischen Insel Lesbos aus zu internationaler Solidarität mit den Flüchtlingen aufgerufen.
Franziskus: "Will mit dieser Reise nach Lesbos die Aufmerksamkeit der Welt auf diese schwere humanitäre Krise lenken und ihre Lösung erflehen"
Papst Franziskus hat von der griechischen Insel Lesbos aus zu internationaler Solidarität mit den Flüchtlingen aufgerufen. "Wir hoffen, dass die Welt diese Situationen tragischer und wirklich verzweifelter Not beachtet und in einer Weise reagiert, die unserem gemeinsamen Menschsein würdig ist", sagte er bei einem gemeinsamen Besuch mit dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. und dem Athener Erzbischof Hieronymos II. im Flüchtlingslager Moria.
Er sei gemeinsam mit dem Patriarchen und dem Erzbischof nach Lesbos gekommen, um den Flüchtlinge zuzuhören und an ihrem Schicksal Anteil zu nehmen, so der Papst. "Als Männer des Glaubens möchten wir unsere Stimmen vereinen und offen in eurem Namen sprechen."
Die Flüchtlinge rief Franziskus auf, die Hoffnung nicht sinken zu lassen. Zugleich dankte der dem griechischen Volk, das trotz eigener Schwierigkeiten großherzig auf die Not der Flüchtlinge reagiert habe. Er dankte auch den ausländischen Helfern. Es müsse jedoch "noch viel mehr getan werden".
Franziskus und die beiden orthodoxen Würdenträger waren in einem Minibus vom Flughafen zu dem 16 Kilometer entfernten Flüchtlingslager gefahren. Bei der Ankunft schüttelten sie entlang der Absperrung vielen jugendlichen Flüchtlingen die Händen. Die jungen Männer dankten den Kirchenführern und hießen sie willkommen. "Wir wollen Freiheit", stand auf einem Plakat. Sprechchöre skandierten "Freedom! Freedom". In einem getrennten Bereich standen auch einige Frauen mit Babys, die den Papst begrüßten.
Er wolle mit dieser Reise nach Lesbos "die Aufmerksamkeit der Welt auf diese schwere humanitäre Krise lenken und ihre Lösung erflehen", sagte Franziskus in seiner auf Italienisch gehaltenen Ansprache. "Mögen all unsere Brüder und Schwestern auf diesem Kontinent wie der barmherzige Samariter euch zu Hilfe kommen, in jenem Geist der Brüderlichkeit, der Solidarität und der Achtung gegenüber der Menschenwürde, der Europas lange Geschichte gekennzeichnet hat!"
Viele der Flüchtlinge hätten sich gezwungen gesehen, aus Situationen des Konflikts und der Gewalt zu fliehen, so der Papst. Sie hätten für ihre Familien große Opfer auf sich genommen und lebten in ständiger Sorge um die in der Heimat zurückgelassenen Angehörigen und Freunde. "Auch viele andere warten wie ihr in Lagern oder Städten in der Hoffnung, auf diesem Kontinent ein neues Leben aufzubauen".
Anschließend begaben sich der Papst, der Patriarch und der Erzbischof in ein Zelt mit mehreren hundert Flüchtlingen. Sie schüttelten viele Hände und hörten sich über Dolmetscher die Schilderungen von viele Schicksale. Ein Mann warf sich laut weinend dem Papst zu Füßen und erbat seinen Segen. Franziskus segnete und umarmte den Mann.
Patriarch Bartholomaios I. beklagte in seiner Ansprache, das Mittelmeer sei zu einem Grab für viele Menschen geworden. Man müsse sich dafür einsetzen, dass es zu einem "Meer des Friedens", des Lebens, des Dialogs und der Begegnung werde.
Das Flüchtlingsproblem sei nicht nur ein Problem für den Nahen Osten, für Griechenland und Europa, sondern für die ganze Welt, sagte Bartholomaios I. "Die Welt wird danach beurteilt, wie sie euch behandelt hat." Der Patriarch rief zum Gebet für ein baldiges Ende der Konflikte im Nahen Osten auf.
Wörtlich sagte er: "Wir haben geweint, als wir sahen, wie das Mittelmeer zu Grab für eure Lieben wurde. Wir haben geweint, als wir die Sympathie und Sensibilität der Menschen auf Lesbos und anderen Inseln gesehen haben. Aber wir haben auch geweint, als wir die harten Herzen unserer Brüder und Schwester gesehen haben, die die Grenzen verschlossen und die Schulter abgewandt haben."
Der Athener Erzbischof Hieronymos II. übte Kritik am internationalen Umgang mit den Flüchtlingen. Europa habe in den vergangenen Jahren gegenüber diesen Menschen einen "Bankrott der Menschlichkeit und der Solidarität" gezeigt. "Wir müssen handeln, damit die Verirrungen und die Entwertung der menschlichen Person ein Ende finden."
Ausdrücklich dankte der Erzbischof dem Papst und dem Ökumenischen Patriarchen für ihren Besuch. Gemeinsam könnten sie so die Aufmerksamkeit der ganzen Welt, der christlichen und der nichtchristlichen, auf die aktuelle Flüchtlingstragödie lenken.
In einem Pressebriefing in Mytilini sagte Vatikansprecher Federico Lombardi, der Papst und Ministerpräsidenten Alexis Tsipras seien überzeugt, dass die Flüchtlingskrise ein europäisches und ein internationales Problem sei, das eine verständnisvolle Antwort gemäß europäischem und internationalen Recht verlange. Zu einem Bericht des griechischen Staatsfernsehens, wonach der Papst auf seinem Rückflug zehn Flüchtlinge nach Rom mitnehmen werde, äußerte sich Lombardi nicht. Der Sender hatte berichtet, es handele sich um acht Syrer und zwei Afghanen. Diese seien bereits vor dem EU-Flüchtlingspakt mit der Türkei in Griechenland eingetroffen und würden daher nicht in die Türkei abgeschoben, hieß es.
Lombardi zufolge forderten der Papst und Tsipras in ihrem Gespräch Maßnahmen, damit Menschen nicht ihr Leben für eine gefährliche Überfahrt riskierten. Es brauche ein entschlossenes Vorgehen gegen das Netz der Schlepper und Menschenhändler. Die gefährlichen Routen sollten geschlossen und "sichere Maßnahmen für eine Ansiedlung in Europa entwickelt" werden.
Der Papst habe bei dem Gespräch auch die Menschlichkeit des griechischen Volkes gewürdigt. Es habe trotz seiner harten wirtschaftlichen Situation Solidarität und Hingabe an die universalen Werte gezeigt.