Ein Familienleben ohne Strafen, schimpfen und schreien? So gelingt es euch, im Alltag ruhig zu bleiben!

Eine gleichwürdige Eltern-Kind-Beziehung ohne Strafen, schimpfen und schreien stärkt unsere Kinder fürs Leben. Wir erhalten ihnen dadurch nicht nur das Vertrauen, dass sie genau richtig sind, wie sie sind, sondern auch das Gefühl, dass sie geliebt werden – bedingungslos, genauso, wie sie sind.

Was ist das für ein schöner Gedanke: geliebt zu werden, auch wenn wir gerade nicht „perfekt“ sind, auch wenn wir gerade nicht das tun, was andere von uns erwarten. Wir dürfen wir sein. Und wir sind richtig, so wie wir sind.

Dieses heilsame Vertrauen, dieser Selbstwert trägt unsere Kinder wie ein starkes Fundament durchs Leben, stützt, trägt und hält sie, auch wenn Naturkatastrophen und andere Herausforderungen über sie hereinbrechen.

Wenn man Eltern fragt, ob sie ihr Kind bedingungslos lieben, auch, wenn es gerade „schlimm“ ist (nicht kooperiert), antworten die meisten aus vollem Herzen: „Natürlich!“. Doch, ist diese Liebe in diesem Moment für das Kind auch spür- und erfahrbar?  Oft „passiert“ es uns Eltern nämlich genau in diesen Momenten, aus der Hilflosigkeit, dem Stress, der eigenen Verletzbarkeit heraus, dass wir unsere Kinder schimpfen, ihnen mit Strafen drohen, dass wir verärgert reagieren, vielleicht sogar wütend weggehen und sie alleine zurücklassen.

Unser Kind macht dann nicht die Erfahrung, dass es geliebt wird, so wie es ist, sondern, dass Mama oder Papa weggehen, schreien, schimpfen, verärgert sind, wenn es sich nicht „richtig“ verhält. Um also geliebt zu werden, so denken sie, müssen sie kooperieren, also „brav“ sein. Nicht sie selbst sein, anderen den Vortritt geben, sich nicht so wichtig nehmen, anderen gefallen.

Dadurch wird ihr Selbstwert so abhängig von der Bewertung  und der Meinung anderer, dass ihr Fundament zu bröckeln beginnt.

Die meisten Eltern wünschen sich jedoch selbstbewusste, selbstsichere und mutige Kinder, Kinder, die sich trauen, für sich und andere einzustehen, die ihren Weg gehen, die glücklich sind, immer im Vertrauen, dass sie wundervoll sind, genau so wie sie sind.

Wenn wir uns das aus ganzem Herzen für unsere Kinder wünschen, dann sollten wir ihnen das Grundvertrauen in sich und ihre bedingungslose Liebenswürdigkeit erhalten. Indem wir nicht schreien oder schimpfen, wenn uns etwas an ihnen nicht gefällt (bzw. uns entschuldigen, wenn es uns „passiert“ ist), sondern indem wir sie sehen, ernstnehmen und mit ihnen wertschätzende, liebevolle Lösungen und Wege finden.

Es gibt immer eine, ja, sogar mehrere Möglichkeiten, konstruktiv mit Konflikten, Verweigerungen, Gefühlsausbrüchen und Co. umzugehen.

Wenn wir uns auf unsere Kinder einlassen und sie wirklich verstehen (lernen), dann können wir auf den eigentlichen Grund ihres Verhaltens antworten. Zähne putzen beispielsweise ist blöd, weil es entweder langweilig ist, oder zu wenig Möglichkeit für Autonomie bietet, oder weil es vielleicht weh tut (Zahnfleisch ist sehr empfindlich), oder weil das Kind den Sinn dahinter nicht versteht, oder aber weil es ein den-Tag-verabschieden-bedeutet. Wenn ich den Grund dafür kenne, kann ich darauf eingehen und mir einen Umgang damit überlegen. Wenn mich jedoch das Verhalten meines Kindes so sehr ärgert, dass ich schimpfe oder drohe, um die Situation aufzulösen, dann habe ich mich zwar durchgesetzt, die Situation aber nicht wirklich nachhaltig gelöst und meinem Kind auch nicht signalisiert, dass ich es lieb habe, egal, was ist.

Es ist vollkommen in Ordnung, dass es uns manchmal ärgert, wenn unser Kind nicht will, wie wir wollen – oder umgekehrt. Wir sind keine Maschinen und sollen auch keine werden. Dennoch sollten wir als Erwachsene uns regulieren, also beruhigen können. Damit wir uns selbst nicht ausgeliefert gegenüberstehen. Damit wir die Mamas und Papas sein können, die wir sein wollen.

Die Basis, um nicht zu schimpfen, zu schreien oder aus der Hilflosigkeit Strafen zu erteilen, sind also: wir.

In den Momenten, in denen wir schreien oder schimpfen, fährt unser System eine Stressreaktion ab. Dabei wird jener Teil des Gehirns, der für Empathie und rationales abwägen, für Verhältnismäßigkeit und konstruktive Konfliktlösungen zuständig ist, de facto lahmgelegt. – Damit wir möglichst schnell und heftig reagieren. Ob das wirklich Verhältnismäßig  und in Ordnung war, oder ob es vielleicht gute Alternativen gegeben hätte, will sich unser Steinzeitgehirn lieber erst überlegen, wenn wir wieder in Sicherheit sind.

Aber, frei nach Viktor Frankl: Wir müssen uns nicht alles von uns selbst gefallen lassen, oder?

Um sich selbst gut beruhigen zu können, braucht es in der Basis ein gewisses Maß an Achtsamkeit und Selbstfürsorge. Nur wenn es euch (im Großen und Ganzen) gut geht, seid ihr überhaupt in einem Modus, in dem ihr euch spüren und wahrnehmen und euch regulieren könnt. Ein grundsätzlich gestresstes Gehirn ist viel wachsamer und reagiert viel schneller viel heftiger auf Stressreize, weil es ja annimmt, es lebt in einer gefährlichen Umgebung. Wenn es uns grundsätzlich gut geht, wenn wir entspannt sind, dann gelingt es uns viel leichter, in herausfordernden Situationen ruhig und liebevoll zu bleiben.

Weiters ist es grundlegend, dass wir erst einmal wertfrei wahrnehmen, dass wir gerade in Stress geraten, um dann gegenzusteuern. Mit guten Fragen, die wir an uns selbst richten („Was passiert wirklich, wenn...“? „Was will mir mein Kind mit seinem Verhalten wirklich sagen, worum geht es hier wirklich?“, oder für Freund*innen der paradoxen Fragen: „Was müsste ich jetzt tun, um die Situation noch viel schlimmer zu machen?“), mit Atemübungen (5 Sekunden einatmen, kurz halten, 5 Sekunden ausatmen), mit Bewegung (tanzen, raus-singen, stampfen, Hampelmänner...), in die Körperwahrnehmung gehen (meditieren, sich bewusst spüren, den Boden unter den Füßen fühlen) oder ganz bewusst ins Mitgefühl mit diesem kleinen Wesen gehen, das vielleicht schon einen langen Tag hatte. – Und das Ganze so lange, bis wir spürbar ruhiger werden.

Wenn es uns dann gelingt, ruhig zu bleiben und wir so weiter all unsere Gehirnareale benutzen können, ist das die beste Basis dafür, sich alternative Kompromisse, Konsense oder Konfliktlösungen auszudenken, um unser Kind wieder in die Kooperation zu holen, eine liebevolle Grenze zu setzen, unser Kind besser zu verstehen oder, oder, oder.

Online-Workshop dazu am 28. Januar 2022

Wenn ihr mehr zu diesem Thema wissen möchtet, mehr Hintergründe, aber auch konkrete Übungen und Tools für zuhause, um gelassen und ruhig zu bleiben, besucht gerne den Online-Workshop dazu am 28. Januar 2022:

#Elternimpulse: Eine gleichwürdige Beziehung – ohne Strafen, „wenn-dann“s und und Schimpfen: So gelingt es euch, im Alltag ruhig zu bleiben!

Freitag, 28. Januar 2022, wahlweise 9.30-11.00 Uhr oder 19.30-21.00 Uhr
Online-Workshop

Wieso ist eine Eltern-Kind-Beziehung ohne Strafen, „wenn-dann“-Drohungen und Schimpfen so wichtig, wenn wir unsere Kinder fürs Leben stärken wollen?
Und wie gelingt sie im Familienalltag, in alltäglichen Situationen und Herausforderungen: Unser Kind möchte nicht Zähne putzen, die Jacke nicht anziehen, bekommt im Bus eine Schreiattacke, will sich nicht wickeln lassen oder möchte nicht im Haushalt helfen?

Wie lassen sich diese und andere Situationen gleichwürdig und in Beziehung mit dem Kind “lösen”? Wie kann ich als Bezugsperson konstruktive Antworten auf dieses Verhalten finden?

Motivation, theoretischer und praktischer Input, Achtsamkeits- und Atemübungen für stressige Situationen, sowie die Möglichkeit, eure Fragen zu stellen und euch untereinander auszutauschen – das erwartet euch in diesem Workshop im Rahmen der #Elternimpulse 2022.

Veranstalter*in: Katholisches Bildungswerk Wien in Kooperation mit meinefamilie.at
Ort: Online via Zoom
Kosen: 15€ pro Bildschirm oder 10€ im 
Abo #Elternimpulse
Anmeldung: per Mail an: anmeldung@bildungswerk.at – bitte mit Bekanntgabe, ob ihr am Vormittags- oder Abendtermin teilnehmen wollt.

Mehr zur #Elternimpulse – Reihe findet ihr unter: https://beziehungsvoll.at/elternimpulse/

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Ein Artikel von

Portraitfoto Barbara Grütze

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