Die Kraft des Gebetes
Das innere Gebet

Beim kontemplativen Gebet  geht es darum, Gott zu betrachten, aber nicht um ihn um etwas zu bitten, sondern um in ihm zu ruhen. | Foto: Pixabay
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  • Beim kontemplativen Gebet geht es darum, Gott zu betrachten, aber nicht um ihn um etwas zu bitten, sondern um in ihm zu ruhen.
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Im inneren oder kontemplativen Gebet sucht der Betende den Blick Gottes. Abschweifende Gedanken sind dabei ganz normal, auch dunkle Phasen gehören dazu. Nicht der Betende urteilt über das Gelingen des Gebetes, sondern allein Gott.

Um die Frage zu beantworten, was inneres Gebet ist, lassen wir zu Beginn eine Expertin zu Wort kommen. Teresa von Avila, Heilige, Kirchenlehrerin und Mystikerin, schreibt im 16. Jahrhundert: „Denn meiner Meinung nach ist inneres Beten nichts anderes als Verweilen bei einem Freund, mit dem wir oft allein zusammenkommen, einfach um bei ihm zu sein, weil wir sicher wissen, dass er uns liebt.“

Schön und einfach klingt Teresas Definition, und sie spiegelt sich wider in dem, was Pater Nikodemus Peschl, Priester der Sankt Johannesgemeinschaft, über das innere Gebet sagt. „Das innere Gebet ist kein Spezialgebet von Mönchen oder einer geistlichen Elite. Es ist das Herz des christlichen Lebens.“ Es gehe dabei um das Leben vor dem Angesicht Gottes und die Vereinigung mit ihm – das was letztlich das Ziel des Lebens in der Ewigkeit sei, werde im inneren oder kontemplativen Beten in diesem Leben eingeübt.

Bereits die Bezeichnung ‚kontemplativ‘ offenbare, was der Kern des Betens ist. „Es geht um eine Schau, einen Blick. Es ist ein Betrachten, kein Anstarren. Ich schaue Gott an, aber nicht um ihn um etwas zu bitten, sondern um in ihm zu ruhen“, erklärt P. Nikodemus. Es ist ein Blick, der erwidert wird: „Dabei merke ich, dass er es ist, der mich eigentlich anschaut.“

Den Namen Jesus Christus fließen lassen

Den Blickkontakt mit Gott suchen, so beschreibt auch Daniel Vychytil das, was er im kontemplativen Gebet erlebt. Der 46-Jährige praktiziert diese Gebetsform mittlerweile seit zwölf Jahren, in Form des kontemplativen Gebets nach Franz Jalics. Er nimmt sich morgens eine halbe Stunde dafür Zeit und macht regelmäßig kontemplative Exerzitien. „In Verbindung mit dem Atem und dem Spüren der Hände lasse ich den Namen Jesus Christus fließen. Christus beim Einatmen, Jesus beim Ausatmen“, beschreibt Daniel. „Ziel ist es, in die Gegenwart Gottes zu kommen. Dass die Gedanken dabei abschweifen, ist völlig normal“, sagt Daniel. „Alle Gedanken und Regungen, die da sind, sollen wahrgenommen werden. Ich verdränge sie nicht, aber ich bleibe auch nicht daran hängen und komme immer wieder zurück zum Namen Jesus Christus.“

Das Gebet nicht bewerten

Abschweifende Gedanken, Trockenheit und innere Armut: Wer sich auf den Weg des inneren Gebets macht, müsse mit Anstrengungen rechnen. „Die erste große Erfahrung beim inneren Gebet ist die Erfahrung der Hindernisse“, sagt P. Nikodemus. „Ich setze mich also mit gutem Willen in meine Gebets­ecke, verstehe nichts und spüre nichts.“

Der Verstand bekomme beim inneren Gebet keine Nahrung und falle in ein großes Dunkel, der Betende könne die Begegnung mit Gott nicht herbeiführen und letztlich nicht auf sein eigenes Tun bauen. „Ich akzeptiere, dass es ein anderer ist, der handelt, und der andere ist Gott selbst.“ Die Treue im Gebet – sich regelmäßig Zeit dafür zu nehmen – sei angesichts der auftretenden Schwierig­keiten umso wichtiger. „Das erste, was du machen willst, ist aufzugeben. Aber auch wenn ich das Gefühl habe, es schlecht zu machen, ist das egal. Denn ob das Gebet gut oder schlecht war, entscheide nicht ich.“

Spannung aushalten

Sich davor zu hüten, das eigene Beten zu bewerten, sei zentral, bestätigt Daniel. „Bei jeder Gebetszeit sage ich Gott: Diese Zeit schenke ich dir, ich möchte vor dir sein. Wenn das Bemühen da ist, immer ­wieder von den eigenen Gedanken zurück zu kommen, war die Meditation für Gott gut.“ Ein ‚gutes Gefühl‘ zu haben, sei kein Indikator für ein gutes Gebet.

Die Erfahrung von Trockenheit gehöre als wesentlicher Bestandteil dazu, ist Daniel überzeugt. „Wir wünschen uns immer nur Sonnenschein. Aber es braucht auch die dunklen Phasen, den Regen, Gewitter und Sturm, damit Leben wirklich entstehen kann. Diese Spannung ist auszuhalten.“ Das gelte für das Beten, und für das Leben überhaupt: „Es ist nicht immer alles so, wie man es sich vorstellt. Trotzdem kann alles vor Gott sein.“

Für Daniel sind die Zeiten des kontemplativen Gebets fixer Bestandteil seines Lebens. „Wenn ich es einmal nicht mache, dann fehlt mir etwas.“ Er stellt fest, dass das Beten sich auf seinen Alltag auswirkt. „Ich habe eine größere Ruhe und Gelassenheit gefunden. Ich kann mich auch in Stresssituationen fokussieren.“ Das innere Gebet schärfe seine Wahrnehmung auf allen Ebenen, sagt Daniel. „Ich bin in der Gegenwart und tue das, was gerade zu tun ist.“  

Berichte zu den verschiedenen Formen des Gebetes

Serie: Die Kraft des Gebetes

Beim kontemplativen Gebet  geht es darum, Gott zu betrachten, aber nicht um ihn um etwas zu bitten, sondern um in ihm zu ruhen. | Foto: Pixabay
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Autor:

Sandra Lobnig aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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