Freitag 29. März 2024
Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.
Mk. 1,11
Predigten von Kardinal Christoph Schönborn

Predigt zum Aschermittwoch 2019

Predigt zum Aschermittwoch, von Kardinal Christoph Schönborn, am Mittwoch, 6. März 2019, im Dom zu St. Stephan, im Wortlaut:

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Am 1. September 2013, - ich kann mich genau daran erinnern, ich war damals selber in Rom -, hat Papst Franziskus beim sonntäglichen Angelus die ganze Welt, die Kirche, alle Christen, alle Menschen aufgerufen zu beten und zu fasten für Frieden in Syrien. Beten und fasten für Frieden in Syrien. Dieser Ruf ist gehört worden von vielen und doch, es ist noch immer nicht wirklich und endgültig Frieden in Syrien. Hat das Gebet also nicht geholfen? Hat das Fasten nicht geholfen? Wie ist das mit dem Fasten und Beten? Verändert das etwas an der Welt? Beten und Fasten für den Frieden. Es könnte natürlich sein, dass wir den Ruf zu wenig gehört haben, dass wir nicht wirklich gefastet und gebetet haben, oder dass es nur zu wenige getan haben. Oder hat uns vielleicht die rechte Gesinnung gefehlt? Oder vielleicht hat Gott es nicht erhört? Warum dauert dieser Krieg so endlos lang? Sind das Gebet und das Fasten überhaupt wirksam? Was hat die Welt davon, wenn wir jetzt in den 40 Tagen der Fastenzeit fasten? Wir nehmen uns alle vor, in dieser Zeit zu beten, zu fasten, Almosen zu geben, so wie es das Evangelium, wie es der Herr uns heute gesagt hat. Aber bringt das etwas, wenn der Aufruf von Papst Franziskus fünfeinhalb Jahre später noch immer nicht gewirkt hat oder nicht genügend gewirkt hat? Was ist da falsch? Entweder sind wir keine ordentlichen Beter und Faster, oder es hilft eh nichts.

 

Brüder und Schwestern, warum fasten und beten? Ich glaube, dass Fasten und Beten verändert dieses kleine Stück Erde, das wir selber sind. Es verändert uns. Fasten, das kann auch für die Gesundheit sein, das kann sogar sein zum Abmagern und etwas Kilo zu verlieren, aber das ist nicht der eigentliche Sinn. Fasten ist zuerst einmal die Besinnung, das Bewusstwerden, wie wenig selbstverständlich es ist, dass wir jeden Tag zu essen haben, dass wir einen gedeckten Tisch haben. Wie wenig selbstverständlich es ist, dass wir sauberes Wasser haben. Fasten hilft uns zum Bewusstsein, zum Wachsein, es lässt uns ein klein wenig ahnen, wie es denen geht, die wirklich Hunger leiden. Dr. Landau hat es mir erzählt von seinem Besuch in der Hungerregion in Kenia, von Menschen, die vor Hunger wahnsinnig werden. Unser Fasten ist nur ein kleines Zeichen dafür, dass es nicht selbstverständlich ist, dass es uns gut geht. Es ist ein kleines Zeichen dafür, dass wir Buße tun, Buße für uns selber, für unsere Unaufmerksamkeit, unsere Hartherzigkeit, unsere Lieblosigkeit, Buße tun, Umkehr, bereuen, für uns, auch für andere, für unsere Kirche, der es geht, wie es der Prophet gesagt hat. Heute hat er uns daran erinnert, wie wir beschämt sind. „Überlass dein Erbe nicht der Schande, damit die Völker nicht über uns spotten. Warum soll man bei den Völkern sagen: Wo ist denn ihr Gott?“ In einer Zeit, wo die Kirche erschüttert ist durch Skandale, durch Vergehen. In dieser Zeit ist es gut, Buße zu tun, selbst wenn wir sagen: Das habe ich nicht getan! Aber füreinander, miteinander, umkehren und bereuen. Was verändert das Fasten? Es verändert uns, und wenn es uns verändert, dann verändert es ein Stück von dieser Welt. Wenn wir etwas wacher und aufmerksamer werden, etwas liebevoller zu unseren Nächsten, dann ist schon ein Stück Frieden gekommen.

 

Beten und Fasten. Wie sehr hilft das Gebet! Wie arm sind wir ohne das Gebet!  Wie leer ist unser Leben, wenn wir die Beziehung zu Gott nicht pflegen, wenn wir uns nicht an ihn erinnern, Er, der sich immer an uns erinnert und immer bei uns ist. Aber wir sind oft so weit weg von ihm. Beten und Fasten, das verändert die Welt. Wer weiß, was die vielen Gebete der Menschen in Syrien unter den Bomben bewirken, den vielen Leidenden, Opfern, was deren Gebete auch für die Welt bedeuten, in ihrem Leiden. Wer weiß, was in den Gebeten der Bedrängten, Christen und anderen in den Kriegsgebieten uns zugutekommt, ohne dass wir es messen und zählen können? Aber dass Menschen um den Frieden beten, Buße tun, Opfer bringen, fasten, das kommt uns allen zugute.

 

So war diese Bitte am 1. September 2013 von Papst Franziskus durchaus nicht vergeblich. Und ich erneuere sie heute für uns, für diese Fastenzeit, beten wir für den Frieden in Syrien und für den Frieden in unserem Land, in unseren Familien, in unseren eigenen Herzen.

Fotos
20 Jahre Erzbischof von Wien
Bildeindrücke aus dem Stephansdom und dem...
Nach dem Weltjugendtag in Rio nützt Kardinal...
Erzb. Sekretariat
Wollzeile 2
1010 Wien

E-Mail schreiben
Datenschutzerklärung
Darstellung: Standard - Mobil