Donnerstag 25. April 2024

Rahmenordnung Liturgie

www.gottesdienst.at

masterclasses.wien

Rückblick
Bei einem Studienvormittag am 7. November 2023...
Masterclasses.wien / Gottesdienste ohne User Manual
In dieser Masterclass mit Nicole Stockhoff,...
Beim PGR Tag des Vikariats unter dem...

Über die Kunst des Liturgie-Feierns und die Fertigkeit der Liturgie-Gestaltung

Romano Guardini, einer der großen liturgischen Lehrer des 20. Jahrhunderts, hat Liturgie einmal als „Kunst gewordenes Leben“ bezeichnet. Ein Gottesdienst kann dann seine ganze Stärke entfalten, wenn er das zum Ausdruck bringt, was im Leben „Sache“ ist, wenn er also gefüllt ist mit dem realen Leben jener, die sich als feiernde Gemeinde versammelt haben.

Kunst gewordenes Leben

Leben verdichtet sich in Liturgie, wird Gott hingegeben und kommt

veAPG 2010rwandelt zurück. Wenn Leben und Liturgie auseinanderlaufen, kann beides nicht in seiner geheimnisvollen Tiefe ausgelotet werden, bleibt äußerlich-oberflächlich. Das Leben der Gemeinde wie der Einzelnen muss im Gottesdienst wiederzufinden sein, aber nicht in platter Art und Weise, sondern eben Kunst geworden – gestaltet, in eine Form gebracht. Denn Leben ist zuletzt schön, die Liturgie darf uns daran erinnern.

 

Liturgie ist zuerst Gottes Dienst an uns und dann unser Dienst an Gott. Aus sich selbst heraus ist Liturgie stärkend, versöhnend, heilend, sammelnd und sendend – sie aus sich heraus diakonisch. Die Kunst der Gestaltung liegt darin, dieser der Liturgie innewohnenden Kraft Raum zur Entfaltung zu geben, das liebevolle Handeln Gottes am Menschen spürbar, hörbar, riechbar, sichtbar werden zu lassen.

 

Dabei geht es nicht darum, einen noch gänzlich rohen, unbearbeiteten Batzen Ton zu bearbeiten, dem jede beliebige Gestalt gegeben werden könnte. Liturgiegestaltung ist vielmehr der Versuch, das freizulegen, herauszuholen, was an innerer Kraft und Dynamik in der Liturgie selbst liegt. Diese innere Kraft finde ich zuerst in den bewährten Formen – den Riten, in den Texten, in der Tag(es)zeit, im Kirchenjahr und im konkreten Sitz im Leben.

 

Wer nicht Gefahr laufen will, Gottesdienst bewusst oder unbewusst zu instrumentalisieren, wird sich der liturgischen Tradition anvertrauen, die liturgischen Bücher heranziehen und die Schätze heben, die hier oft viel zu unbeachtet schlummern. Wenn dann freie Formen oder freie Teile gestaltet werden, braucht es besondere theologische Redlichkeit. Diese wiederum ist mit dem Blick auf die Mitfeiernden zu verbinden. In beide Richtungen gilt, dass nicht alles, was gemacht werden kann, in diesem konkreten Gottesdienst sinnvoll und richtig ist.

Innere und äußere Teilnahme

Mit Recht betonen die Konzilsväter die „aktive Teilnahme“ aller Versammelten, denn Liturgie ist Tun des Volkes; alle gemeinsam tragen die konkrete Feier. Eine Gestaltung dient dieser aktiven Teilnahme aller am Gottesdienst. Die erste Sorgfalt gilt dabei der Versuchung, zu stark von sich selbst auszugehen. Nicht der subjektive Eindruck des Vorbereitungsteams oder der Vorstehung einer Liturgie ist ausschlaggebend, ob dieses oder jenes Lied gesungen wird, welchen Weg die Prozession geht oder ob es dieses oder jenes Element gibt. Es geht nicht um private Vorlieben, sondern um das, was jetzt in diese Feier passt im Blick auf den, dessen Heilswirken gefeiert wird, und auf die, die hier und heute mitfeiern. Wichtig ist das, was möglichst alle tiefer in das Geheimnis der Liturgie eindringen lässt: das gefeierte Mysterium von Leiden, Tod und Auferstehung Jesu Christi. Insofern ist die Gestaltung von Gottesdiensten objektiv hinterfragbar. Das

 

Ziel jeder Gestaltung muss das Mittragen aller sein. Das ist zuerst ein innerlicher, aktiver Mitvollzug. Dafür ist Aufmerksamkeit in der Vorbereitung, aber auch während der Feier nötig. Im Blick sollten dabei auch jene sein, die vielleicht nur zufällig oder ein erstes Mal dabei sind; auch sie sollten anknüpfen, sich einfügen können. Fast immer sind es nonverbale Zeichen, wie das Entzünden einer Kerze, das Eintauchen der Hand in Wasser etc., die den Mitfeiernden angeboten werden. Solche Elemente ermöglichen es, meine innere Beteiligung nach außen auszudrücken, auch wenn ich kein liturgischer „Profi“ bin. Liturgie ist immer ein öffentliches Tun und nichts für einen eingeschworenen Zirkel.

 illuminiertes Prachtevangeliar, Wandlung, Epiklese, APG 2010, APG 2010, APG 2010

Zugleich hat eine „liturgische Kerngemeinde“, die geübt ist miteinander zu feiern, eine wichtige Funktion. Sie trägt die Feier, ist im Gotteshaus wie im Gottesdienst zu Hause und kann sich hier souverän bewegen. Das ermöglicht dann viel Freiraum in der Liturgie und das Eingehen auf konkrete Situationen und Menschen. Es ist einer Gemeinde anzumerken, ob sie miteinander einen Weg gegangen ist, im Feiern aneinander gewachsen ist und ob die äußeren Formen mit Überlegungen und Erfahrungen gefüllt sind.

 

Zur Qualität des Feierns gehört auch Stimmigkeit oder Authentizität. Gebete haben dann Kraft, wenn die, die sie sprechen, auch wirklich meinen, was sie sagen. Ein Gebet muss gebetet werden, nicht gelesen. Eine Lesung muss verkündet werden, nicht gelesen. Die Mitfeier des Herzens ist die Bedingung der Möglichkeit für alle Ämter und Dienste in der Liturgie. Natürlich ist dann die Frage zu stellen, wie oft am Tag kann ich das wiederholen? Die Gefahr wird groß, dass ein Ritus wie eine absolvierte Pflichtübung wirkt, ohne inneres Leben.

Zeichen, Wahrheit und Schönheit

Eine liturgische Präsenz wird auch in den nonverbalen Zeichen spürbar, in den illuminiertes PrachtevangeliarHaltungen und Gesten. Was hierdurch kommuniziert wird, wirkt oft stärker als alle gesprochenen Worte. Wenn etwa der Vorsteher eines Gottesdienstes während der Schlussformel eines Gebetes im Buch blättert, vermittelt er, dass diese Worte nicht wichtig sind. Dann könnten sie ebenso gut weggelassen werden. Oder: Wenn die Vorstehung und die liturgischen Dienste, also Ministrantinnen, Lektoren etc., durch den Mittelgang einziehen, zeigen sie, dass sie aus der Gemeinde kommen, und betonen das gemeinsame Feiern. Kommen sie auf kürzestem Weg aus der Sakristei, in die sie anschließend wieder verschwinden, senden sie eine ganz andere Botschaft. Es ist gut, hin und wieder solche Aspekte miteinander zu reflektieren und auszutauschen. Vieles geschieht unbewusst oder einfach aus Gewohnheit.

 

Neben der inneren Vorbereitung braucht es auch eine sorgfältige und überlegte äußere Bereitung: des Raumes, des Lichts, der Musik, der Texte bis hin zu Geräten und illuminiertes Prachtevangeliar, Wandlung, Epiklese, APG 2010, APG 2010Gewändern. All das und noch mehr macht die „Sprache der Liturgie“ aus. Sie erzählt den Mitfeiernden nicht nur, ob es wichtig, kostbar, schön ist, hier zu sein und Gottesdienst zu feiern, sie sagt auch etwas darüber, ob hier ein primär museales Geschehen abläuft – eben „aus Tradition“ oder ob es mit dem Heute verbunden ist. Das bedeutet nicht, dass die historischen Kunstwerke aus den Kirchen wegzuräumen sind, aber es heißt, dass wir auch Sprache und Bilder und die Ästhetik unserer Zeit im Gottesdienst brauchen. Das wiederum ist nicht zuerst eine Frage von teueren Anschaffungen, sondern von achtsamer Kreativität, Echtheit, also Ehrlichkeit und der liebevollen Auseinandersetzung mit Material, Funktion und Botschaft. Entscheidend ist immer, ob ein Entstehungsprozess damit verbunden ist, der von liebender Aufmerksamkeit geprägt war. In der Liturgie sollte etwas nie mehr scheinen, als es ist – wie die Menschen auch.

 

Guter Wille alleine ist oft zu wenig. Gestaltungsprozesse für die Liturgie brauchen ein gewisses Maß an liturgietheologischem Wissen. Das versteht sich insofern von selbst, als die liturgische und liturgietheologische Bildung ein wesentlicher Teil der Ausbildung der Priester sein muss und die Liturgie einer ihrer primären Verantwortungsbereiche ist, und zum anderen sind sehr viele Getaufte liturgisch gut gebildet, von den Lektoren und Lektorinnen bis zu den Leitern und Leiterinnen von Wort-Gottes-Feiern. Zugleich kann hier natürlich noch mehr investiert werden. Doch darf liturgische Bildung nicht rein historisch oder kognitiv verstanden werden. Zu diesem Lernen, das eben am besten ein gemeinsames ist, gehört auch die theologisch reflektierende Ebene, aber eben nicht nur die.

 illuminiertes Prachtevangeliar, Wandlung, Epiklese

Gutes Gespür für die Liturgie, der richtige Blick für eine ansprechende Gestaltung ist keine Sache einiger weniger Experten. Dieser Blick kann geschult werden. Noch wichtiger ist aber wohl, in den Gemeinden die zu suchen und zu finden, die mit einem solchen Blick für die Schönheit begabt sind. Sie sind es auch, die oft die Fähigkeit mitbringen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Allzu oft wird liturgische Gestaltung als Materialschlacht – sei es auf dem Papier oder vor dem Altar – missverstanden. Eine Liturgie ist dann überfrachtet, überdeckt mit Dingen, die nicht aus ihr heraus kommen. Untrügliche Qualitätskriterien sind Klarheit, Einfachheit und biblische Prägung; auch in der Sprache: Da heißt es, in knappen Worten formulieren. Eine zu salbungsvolle, umständliche liturgische Sprache gerät leicht in den Verdacht der Vertröstung. Die wahre Kunst des Feierns besteht im gezielten Ziehen der feinen Striche, nicht im knalligen Ausmalen mit dickem Pinsel. Das Wahre ist einfach, aber von unglaublicher Schönheit.

Luxus in der Liturgie?

Ist es wirklich nur Luxus, wenn Gebete genau überlegt, mehrmals durchgekaut und verändert werden können, bevor sie in ein Feierheft kommen? Ist es Luxus, einen Feiertext zu gestalten, der der Gemeinde als „Rollenbuch“ dient und sie durch den Gottesdienst führt?

 

Es ist Luxus, lange vor Gottesdienstbeginn alles im Kirchenraum vorzubereiten, auszurichten, Gewänder auszulegen, Blumen zu  arrangieren, … bis alles passt. Aber es ist ein Zeichen innerer Haltung, sich Vorzubereiten auf das Große: die Begegnung mit Christus. Und es ist ein Zeichen der Wertschätzung, wenn die Mitfeiernden dann den Kirchenraum betreten und spüren, hier ist schon alles bereitet, nur mehr wir fehlen, dann kann das Fest beginnen. Insofern ist der reflektierte und gezielte Umgang mit dem Kirchenraum, mit seinen Orientierung(en), der gezielte Umgang mit künstlichem Licht, möglichen Akzentsetzungen im Raum und sein Schmuck zwar Luxus, aber ein Luxus, den ich weiterschenke. All das ist ein Vorzeichen der Verehrung und der Ehrfurcht, mit der die Versammelten dem Heiligen dann begegnen. Manch einer ist so schon auf den Geschmack des Glaubens gekommen; Glaube kann nach heutigen Kriterien schön sein.

 

Ein Luxus scheint uns auch die Stille zu sein. Ohne diesen Luxus aber funktioniert Liturgie nicht. Stille ist ein „Platzhalter“ in der Dramaturgie der Liturgie für das Wirken Gottes in uns. Das gesprochene Wort davor ist der Wegbereiter. Über die Länge der Stille kann hingegen nichts gesagt werden: Sie beginnt bei der gezielt gesetzten Pause, etwa in einer Lesung oder einem Gebet, und geht bis in das meditative Schweigen. Die Länge einer Stille kann daher nicht einfach definiert werden. Ihr Maßstab ist auch nicht die Zeit, sondern mein Atem.

Das Zurücktreten des Ichs

Liturgie-feiern wird zur gemeinsamen Kunst nur, wenn alle das Ihre dazu tun. Dem Gottesdienst entspricht weder eine Konsumentenhaltung noch die Verwechslung mit einer privaten Frömmigkeitsübung. Liturgie ist gemeinsame Feier des Wirken Gottes an uns, für uns und durch uns an der Welt. In der Liturgie wird das gemeinsame Priestertum auch spürbar in gemeinsamer Verantwortung füreinander. Denn besonders hier braucht es eine Kultur des Miteinanders, des aufeinander Hörens und aufeinander Achtens. Liturgie ist daher Teamwork –des Vorstehers und der Gemeinde.

 

Sie kann nur miteinander, nie gegeneinander gefeiert werden. Sowohl Priester, DiakonKardinal Christoph Sch?nborn, Paulusfest und alle liturgischen Dienste, als auch alle Anwesenden lassen sich in den Dienst Christi nehmen. Jeder und jede gibt die eigenen Fähigkeiten und Begabungen für das Gemeinsame. Gemeinsam sind wir Wegbereiter für das Wirken Gottes. Das verlangt von uns, Kontrolle abzugeben, um DEM Raum zu geben, DER an uns wirken will. Das kann auch bedeuten, mit meinen Wünschen und Ideen einmal zurückzustehen, auf das extra geprobte Lied, den so liebgewonnen Text zu verzichten, weil es jetzt nicht mehr passt. Insofern ist eine gute Vorbereitung der Liturgie die Bedingung einer situationsgemäßen Spontanität, die auch ein Element der Kunst des Feierns ist: das Gefühl für den Augenblick, für den Kairos.

 

© Mag. Martin Sindelar und Otmar Spanner, 2010 - Artikel erschienen im Buch zum Prozess APG 2010 "Vom Wendepunkt der Hoffnung"

 

 

ARBEITSPLATZ

LITURGIE

aktuelles Direktorium

der Erzdiözese Wien

Messtexte und Lesungen

mit Datum-Suchfunktion

aktuelle Sonntagslesungen

in der revidierten Einheitsübersetzung

Verzeichnis der liturg.

Lesungen mit Verweise

Lektionar

Themenregister zum Gotteslob

Thematisches Stichwortregister

Konkordanz

Gotteslob alt / neu mit

Suchfunktion

Materialsammlung
Texte für den gottesdienstl. Gebrauch

Hochgebete

Texte aller Hochgebete

Stundenbuch

Tagzeiten online

Morgen-/Abendlob mit Gotteslob

(Gestaltungsanregungen, Gesänge, Kehrverse, etc.)

Tagzeitenliturgie

(Gebet für jeden Tag,

Formulare zum selbst befüllen)

Linksammlung

(Liturgische Bücher und Dokumente, Behelfe)

Bibel Einheitsübersetzung

alt (1980)

neu (2016)

Pastoralamt der ED. Wien Liturgie
Stephansplatz 6/1/5
1010 Wien

E-Mail schreiben
Datenschutzerklärung
Darstellung: Standard - Mobil