Freitag 19. April 2024

Predigt 6.Sonntag, 16.02.2020.

 

Liebe Schwestern und Brüder, für viele der damaligen Menschen galt Jesus als Revolutionär und dadurch auch als unbequem, weil er manche Dinge, die sehr verankert waren, anders gesehen hat. In welchem Sinne aber war er ein Revolutionär? Die Worte aus dem heutigen Evangelium: „Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben. Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu erfüllen.“ – sagen etwas anders. Er akzeptiert die von Gott angegebenen Gebote, sie sind doch dazu da, um eine gewisse Ordnung zwischen den Menschen zu schaffen. Jesus ist trotzdem ein Revolutionär in dem Sinne, dass er die Bedeutung der Gebote vertiefen will: „Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.“ Die Schriftgelehrten und die Pharisäer haben sich sicher an die Gebote gehalten, aber sich nur an das Oberflächliche anhalten, ist zu wenig, sagt uns Jesus heute. Man soll den Sinn, die Tiefe und die kleinen Nuancen des Gesetzes verstehen. Dass wir niemanden töten sollen, ist uns allen klar und jeder Staat hat Gesetze, die das Leben schützen. Wenn wir aber die Worte Jesu ernst nehmen und das Gebot: „Du sollst nicht töten“ - nicht nur oberflächlich nehmen, müssen wir das menschliche Leben auch in der kleinsten Form, kurz nach der Empfängnis sehen und es schützen, obwohl das staatliche Gesetz es oft anders sieht. Wollen wir als Christen nur Minimalisten sein und nur das Oberflächliche sehen, oder wollen wir weiter gehen und versuchen, feinfühlige Menschen zu sein? Jesus erklärt uns das heute: „Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten….Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein…“ Ein Mord ist unbestritten etwas Schreckliches. Bevor es aber zu einem Mord kommt, geht es durch bestimmte Etappen, durch bestimmte Stufen wie Abneigung, Zorn, Beschimpfung, Beleidigung, Hass, usw. Wenn wir nicht rechtzeitig reagieren, geht es weiter. Einen zwischenmenschlichen Konflikt kann man einem Muster zuordnen, sagt die moderne Psychologie. Er hat bestimmte Stufen. Bis zu einer bestimmten Grenze kann man noch zurückkehren und sich versöhnen, dann aber bleibt nur noch die letzte Stufe, nämlich die Vernichtung. Egal, was es kostet. Oft ist nur Gefängnisstrafe das einzige, das die Menschen vor dem allerletzten Schritt aufhält. Bevor die moderne Psychologie diese Entdeckung gemacht hat, hat uns Jesus vor dem Zorn gewarnt. Auch schon früher in dem Buch Genesis, bevor Kain seinen Bruder Abel tötet, warnt ihn Gott: „Die Sünde steht vor deiner Tür, doch du sollst über sie herrschen.“ Also nicht nur oberflächlich, sondern feinfühlig sein und schon früher reagieren. Manchmal, nach einer Scheidung oder Zerstörung einer Freundschaft denken die Menschen nach und fragen sich: Was war eigentlich der Grund der Zerstörung? Oft kommen sie darauf, dass es mit Kleinigkeiten begonnen hat: kleine Missverständnisse, Beleidigungen, Verachtung, Ignoranz der Bedürfnisse der anderen Person, ungelöste Konflikte. Das alles ist langsam, aber ständig gewachsen und hat sich angehäuft und ist dann wie ein Vulkan explodiert. Davor will uns Jesus heute warnen. Wir sollen versuchen, uns immer zu versöhnen, bevor alles eskaliert, besonders wenn wir an einer heiligen Messe teilnehmen und dieselbe Kommunion empfangen wollen: „Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass` deine Gabe dort vor dem Altar liegen; geh` und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm` und opfere deine Gabe.“ – sehr anspruchsvolle Worte aus dem heutigen Evangelium.

 

Pfarre Oberaspang
Kirchenplatz 6
2870 Aspang

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