Donnerstag 25. April 2024

"Gerechtigkeit gibt es nur in der Hölle, im Himmel regiert die Barmherzigkeit..."

Predigt von hw. Pfarrer Dr. Heimo Sitter am 6. Sonntag im Jahreskreis

 

 

Eine alte Legende* erzählt von zwei Mönchen, die Streit miteinander haben. Sie können sich nicht einigen, denn jeder von beiden fühlt sich im Recht. Schließlich tragen sie dem Abt ihre Sache vor und bitten ihn, den Streit zu schlichten und für Gerechtigkeit zu sorgen. Der Abt möchte eine Nacht Bedenkzeit und gibt den Mönchen am nächsten Morgen seine Antwort: "Gerechtigkeit gibt es nur in der Hölle, im Himmel regiert die Barmherzigkeit, und auf Erden gibt es das Kreuz!" Soweit diese Legende.  

 

*Die Legende heißt: „Die bessere Gerechtigkeit"

 

Zum besseren Verständnis der Predigt empfielt sich das Durchlesen des Evangeliums: Mt 5,17-37, das sich in voller Länge im Anschluß an die Predigt hier wiederfindet.

Interessant, dachte ich mir, dass auch Mönche streiten, jeder von ihnen möchte Recht haben. Streit und Konflikt, Zorn und Ärger gehören also zum Leben dazu. Sie bilden sozusagen eine Dimension jenes Kreuzes, das uns als Christen auferlegt ist und mit dem wir lernen müssen, irgendwie umzugehen. Oder besser gesagt: Im Sinne Jesu damit umzugehen. Ich halte nicht viel davon, die eigenen Gefühle zu unterdrücken. Wenn sich der andere so verhalten hat, dass das in mir Ärger, Zorn oder Wut auslöst, dann heißt das für mich einmal, dass ich mir das eingestehe und zulasse, dass es so ist. Erst dann kann sich für mich ein Weg eröffnen, der mir hilft, mich von dem zu distanzieren, was mich gekränkt hat. Auch der Weg zur Vergebung nach einer Verletzung führt nicht an den eigenen Gefühlen vorbei, sondern nur durch sie hindurch. Freilich werde ich irgendeinmal entdecken können, dass Wut und Ärger auch destruktiv sein können, dass sie mich besetzt halten und der andere gerade dadurch über mich Macht behält (oder überhaupt erst gewinnt). Nicht vergebene Kränkungen lähmen mich, zehren mich aus. Erst wenn ich mich schrittweise davon distanzieren kann, erst wenn ich ein „Du“ entdecke, mit dem ich darüber ins Gespräch kommen, dem ich all das anvertrauen kann, was mich belastet, verärgert und besetzt hält, erst dann kann ich davon – meist in einem längeren Prozess - frei werden. Als dieses „DU“ bietet sich (mir) Christus an, der verwundete Heiler und Heiland, der sogar soweit verzeihen konnte, dass er am Kreuz für seine Verfolger gebetet hat. „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lk. 23,34). Von hierher erschließen sich mir die Worte Jesu aus der heutigen Bergpredigt: „Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein“. Es geht dann darum, sich einzulassen auf den Prozess Jesu, der von der Annahme der eigenen Gefühle dahin führt, nicht in den negativen Gefühlen gefangen zu bleiben, sondern sich von Jesus einen Ausweg erschließen zu lassen. Dann brauche ich den anderen nicht herabzusetzen oder schlecht zu reden, sondern es wird ein Weg möglich werden, der dazu führt, die eigene Würde und die des anderen als Gott gegeben zu entdecken und JA dazu zu sagen, Versöhnung zu leben, Frieden zu schließen. Jesus verkündet in der Bergpredigt eine neue, bessere Gerechtigkeit, die das Alte nicht aufhebt, sondern integriert und überbietet. Wenn er ein erzürntes Herz heilen will, dann heilt er sozusagen an jener Wurzel, die im menschlichen Herzen zur vollendeten Tat, zum Mord führen kann, wenn sie unbehandelt bleibt. Aber nicht zu morden ist eben nicht genug und auch der vollendete Ehebruch hat seine Vorprägungen im verwundeten menschlichen Herzen, genauso wie Unwahrheit (und Zwiespältigkeit, Doppelzüngigkeit) dem Meineid vorausgehen kann (und in der Regel auch vorausgehen wird). Deshalb ist es auch gut und heilsam, eine klare Grenze und Schranke zu ziehen gegenüber dem, was Jesus als das Böse im heutigen Evangelium bezeichnet. Es ist das, was uns von der Gottebenbildlichkeit wegführt, die in uns angelegt ist oder von jenem Gebot, in dem Jesus sprach: Seid vollkommen, wie es auch euer himmlischer Vater ist. Und diese Vollkommenheit besteht in der Liebe. In der Liebe zu Gott, zum Mitmenschen und zu sich selber. Aus eigener Kraft freilich werden wir diese Vollkommenheit nicht erlangen/erreichen können, sondern nur aus der Mitwirkung mit der Gnade, die von Christus kommt (die Christus uns schenkt).

Als ich noch im Priesterseminar war, haben wir einmal in einem Kreistanz ein meditatives Lied gesungen, das sich heute auch als Kanon im GL/neu (GL 894) befindet und das sich in meinem Herzen eingeprägt hat. Es lautet: „Wechselnde Pfade, Schatten und Licht, alles ist Gnade, fürchte dich nicht“. Alles ist Gnade, fürchte dich nicht, auch die Fähigkeit, das heutige Evangelium im Sinne Jesu immer besser leben und im eigenen Dasein verwirklichen zu können. Amen.

 

Evangelium: Mt 5,17-37

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben! Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu erfüllen. Amen, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird kein Jota und kein Häkchen des Gesetzes vergehen, bevor nicht alles geschehen ist. Wer auch nur eines von den kleinsten Geboten aufhebt und die Menschen entsprechend lehrt, der wird im Himmelreich der Kleinste sein. Wer sie aber hält und halten lehrt, der wird groß sein im Himmelreich. Darum sage ich euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.

Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten; wer aber jemanden tötet, soll dem Gericht verfallen sein. Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein; und wer zu seinem Bruder sagt: Du Dummkopf! soll dem Spruch des Hohen Rates verfallen sein; wer aber zu ihm sagt: Du Narr!, soll dem Feuer der Hölle verfallen sein. Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass deine Gabe dort vor dem Altar liegen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe! Schließ ohne Zögern Frieden mit deinem Gegner, solange du mit ihm noch auf dem Weg zum Gericht bist! Sonst wird dich dein Gegner vor den Richter bringen und der Richter wird dich dem Gerichtsdiener übergeben und du wirst ins Gefängnis geworfen. Amen, ich sage dir: Du kommst von dort nicht heraus, bis du den letzten Pfennig bezahlt hast. Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen. Ich aber sage euch: Jeder, der eine Frau ansieht, um sie zu begehren, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen. Wenn dich dein rechtes Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus und wirf es weg! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verloren geht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird. Und wenn dich deine rechte Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab und wirf sie weg! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verloren geht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle kommt. Ferner ist gesagt worden: Wer seine Frau aus der Ehe entlässt, muss ihr eine Scheidungsurkunde geben. Ich aber sage euch: Wer seine Frau entlässt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt, liefert sie dem Ehebruch aus; und wer eine Frau heiratet, die aus der Ehe entlassen worden ist, begeht Ehebruch. Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst keinen Meineid schwören, und: Du sollst halten, was du dem Herrn geschworen hast. Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht, weder beim Himmel, denn er ist Gottes Thron, noch bei der Erde, denn sie ist der Schemel seiner Füße, noch bei Jerusalem, denn es ist die Stadt des großen Königs! Auch bei deinem Haupt sollst du nicht schwören; denn du kannst kein einziges Haar weiß oder schwarz machen. Eure Rede sei: Ja ja, nein nein; was darüber hinausgeht, stammt vom Bösen.

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