Wir sind zum Hochzeitsfest eingeladen
diejenigen, die eingeladen sind, wollen nicht kommen. Die Entschuldigungen der Gäste in diesem Gleichnis lehren etwas: Das Nein zum Ruf Gottes ist meist gar nicht eines aus Feindschaft oder Angst. Es ist so häufig, weil es so banal ist. Fast wie bei einer Terminkollision. Diejenigen, die die Botschaft Jesu hörten und sich darauf einstellen sollten, hatten halt ausgerechnet jetzt etwas anderes zu tun, z.B. bei der Aussaat oder bei der Ernte, bei ihren Geschäften, hier hinderte eine Krankheit das Kommen, dort eine Familienfeier. Viele, die Jesus hörten, dachten: Wieso ist denn jetzt schon der Tag Gottes? Kann das nicht noch ein wenig warten? Jeder war bzw. ist ständig voll beschäftigt und hat, so meint er eine berechtigte Entschuldigung. Gott ist es, der uns in die Quere kommt, er greift unsere vitalen Interessen an. Warum ausgerechnet ich? Warum ausgerechnet heute? Warum bin ausgerechnet ich dazu gerufen, die frohe Botschaft weiterzusagen oder mich darum zu kümmern, eine christliche Gemeinde zu bilden? Andere sind gewiss geeigneter als ich, beten kann man auch zu Hause. Vielleicht habe ich später Zeit, oder wenn ich alt bin. Gerade mit solchen Gedanken lassen wir Gottes Pläne unbeantwortet und kommt es zum Scheitern der ausgerufenen Hochzeit. Bei Gott aber ist es umgekehrt, das Fest muss stattfinden, alles andere kann warten. Doch die Eingeladenen lassen sich nicht rufen, leben am Fest vorbei. Das ist die eigentliche Tragik der Geschichte. Ich habe schon versucht, sie ein wenig auf das Heute und jetzt zu aktualisieren.
Aber bei Matthäus bekommt diese Geschichte noch einen ganz besonderen Akzent und eine heilsgeschichtliche Bedeutung. Ganz offensichtlich spielt das Gleichnis Jesu bei ihm auf die Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 n. Chr. an. Im Lukas Evangelium (eine Parallelstelle) heißt es nur: „Da wurde der Hausherr zornig“. Bei Matthäus aber: „Da wurde der König zornig, er schickte sein Heer, ließ die Mörder töten und ihre Stadt in Schutt und Asche legen“. Leider hat die christliche Auslegungsgeschichte dieser Worte von der Stadt der Mörder immer mehr einen antijudaistischen Sinn erhalten und so den theologischen Boden für Judenprogrome und die Schoa bereitet, ohne sich selber davon warnen zu lassen. Um das Jahr 95 n Chr. erfolgte die Trennung der Kirchen vom Judentum, die auch für die Kirche negativ war, denn diese schnitt sie von den jüdischen Wurzeln ab. Die Christen verstanden sich zunehmend als die legitimen Nachfolger der ursprünglich zum Fest Eingeladenen, der Juden, die sich der Einladung als nicht würdig erwiesen hatten. Mit dem Bild des Gleichnisses Jesu gesprochen, waren sie aber die von der Straße Geholten, die eigentlich die Berufung gehabt hätten und haben, durch ihr Leben die ersterwählten Juden für den Glauben und das Fest mit Gott zu begeistern. Sie sind nicht deshalb eingeladen, weil sie würdiger sind als anderen (die Juden), sondern weil Gott alle ansprechen und gewinnen möchte für das Fest seiner Liebe. So stellt das heutige Evangelium auch an uns die Frage, wie wir umgehen mit seiner Einladung, mit seiner Liebe!
Zwei Dinge sind es, die Gott von uns als Christen verlangt. Das erste, dass wir seinem Versprechen glauben und kommen, alles andere hintanstellen bzw. (wenn nötig) auch liegen lassen. Das zweite ist, dass wir ein Festgewand anziehen, im Orient erhielt man dieses üblicherweise vom Gastgeber ausgehändigt. Mir fällt dazu die Taufe ein und alle Gaben, Charismen und Tugenden, mit denen der Herr uns bekleidet hat bzw. schmücken möchte, aber jeder hier im Gottesdienst wird vielleicht auch seine eigene Idee dazu haben, was diese Kleid für ihn sein könnte und wie der Herr zu seiner alten Natur noch etwas Hochzeitliches, Schmückendes hinzufügt. Jedenfalls geht es beim Hochzeitsgewand nicht um etwas Äußerliches oder um irgend ein moralisches Mitbringsel, sondern um eine Gabe Gottes, die uns innerlich würdig macht und uns dazu befähigt, etwas vom Reich Gottes in unserer Welt sichtbar zu machen: z.B. Dienst an den Armen, Beistand für Kranke, Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit…im Bemühen, eine lebendige Gemeinde aufzubauen.
Einen zusätzlichen Hinweis auf die königliche Hochzeit bot die 1.Lesung aus dem Buch Jesaja: sie lockte mit einem Festmahl mit erlesenen Weinen und feinsten Speisen auf dem Berg Zion. Was ist damit gemeint? Ein Fest irgendwann nach dem Tod? Einmal im Leben? Bei einem Kirchenfest? Für mich ist damit nicht nur das Überirdische gemeint, der Sieg über den Tod jenseits der Schwelle des irdischen Daseins, sondern ein Vorgeschmack darauf im Hier und Jetzt, in Ereignissen unserer religiösen Biografie, in Feiern und Festen, die wir im Rahmen des Glaubens immer wieder begehen können. Andere auf diesen Weg zum Fest mitzunehmen und ihre Hoffnung darauf zu bestärken, das könnte jedenfalls unser christlicher Auftrag sein. Amen.