Auch nach der Präsentation von "Amoris laetitia" war das Medieninteresse an Kardinal Christoph Schönborn ungebrochen.
Auch nach der Präsentation von "Amoris laetitia" war das Medieninteresse an Kardinal Christoph Schönborn ungebrochen.
Wiener Erzbischof in ZIB2-Interview: „Kirchliche Normen bleiben, aber Papst blickt zuerst auf die menschliche Realität“.
Keine Infragestellung von grundsätzlichen kirchlichen Normen, aber der genaue und begleitende Blick auf konkrete menschliche Situationen. - Das ist das zentrale Anliegen von Papst Franziskus in seinem Schreiben "Amoris laetitia", wie Kardinal Christoph Schönborn am Freitagabend, 8. April in der ORF-Sendung ZIB 2 einmal mehr bekräftigte. Das Schreiben sei zudem ein "ganz großes und starkes 'Ja' zur Familie". Der Papst unterstreiche in besonderer Weise die Bedeutung der Familie für die Gesellschaft.
Bei Verwundungen und dem Scheitern von Beziehungen gelte es für den Papst, genau auf die jeweilige Situation hinzusehen und die Menschen zu begleiten. Das sei das Hauptanliegen des Papstes. Man müsse etwa unterscheiden, ob jemand mutwillig eine Ehe zerstört habe "und einen Scherbenhaufen hinterlassen hat", oder ob jemand vielleicht mit Kindern unfreiwillig verlassen wurde und dann einen neuen Partner gefunden habe. In diesen Zusammenhängen sei auch die Frage anders zu behandeln, ob jemand zur Kommunion gehen könne. Auf keinen Fall, gehe es aber darum, dass nun alle wiederverheirateten Geschiedenen automatisch zur Kommunion gehen könnten, erläuterte der Kardinal.
Die Passagen über die eheliche und familiäre Liebe gehörten zu den schönsten Passagen des Schreibens, merkte Kardinal Schönborn weiter an. Es werde darin auch deutlich, wie nahe der Papst den Menschen ist.
Auf mögliche Änderungen der kirchlichen Lehre zum Verbot der künstlichen Verhütung angesprochen, unterstrich Kardinal Schönborn den Aufruf des Papstes an die Eheleute, offen zu sein für neues Leben. Die Eheleute sollten aber selbst verantwortungsvoll entscheiden, "was für sie möglich ist". Es gehe Franziskus um eine "verantwortete Elternschaft". Der Papst habe hier eine sehr ausgewogenen und menschenfreundliche Position, so Kardinal Schönborn. Franziskus blicke auf die menschliche Realität, ohne das grundsätzliche Prinzip infrage zu stellen.
Angesprochen auf jene Passagen im Papstschreiben zu homosexuellen Menschen bekräftigte Kardinal Schönborn einmal mehr die Grundeinstellung der Kirche, dass jeder Mensch, auch unabhängig von seiner sexuellen Orientierung, zu achten sei. Vielleicht werde das von Seiten der Kirche nicht immer so deutlich erwähnt, umso besser sei es, dass Papst Franziskus dies hier so klar ausspreche. Kardinal Schönborn: "Niemand soll sich ausgeschlossen fühlen und niemand soll ausgeschlossen sein." Die Kirche müsse ihre Türen für alle öffnen.
Jene Passage im päpstlichen Schreiben, in dem Franziskus empfiehlt, auf die verheirateten Priester in den unierten Ostkirchen zu blicken, interpretierte der Wiener Erzbischof n auf Anfrage so, dass es den ehelos lebenden Priestern und Bischöfen der römisch-katholischen Kirche auf jeden Fall gut tut, genau hinzusehen, wie es den Familien geht. Er sei in seiner Funktion als Ordinarius für die Gläubigen des byzantinischen Ritus in Österreich gut vertraut mit der Situation von verheirateten Priestern und Priesterfamilien. Er wisse um das Positive daran, zugleich gebe es freilich auch viele Probleme und Scheidungen, die dann besonders schmerzhaft seien.
Interview mit Kardinal Schönborn-ORF-TV-Thek
Papstschreiben "Amoris laetitia - Über die Liebe in der Familie" als pdf zum download.
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