Der Reiche hat Verantwortung gegenüber dem Armen". Das betont Kardinal Christoph Schönborn in einem Interview in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Academia", die dem Thema "Wie links ist die Kirche?" gewidmet ist.
Der Reiche hat Verantwortung gegenüber dem Armen". Das betont Kardinal Christoph Schönborn in einem Interview in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Academia", die dem Thema "Wie links ist die Kirche?" gewidmet ist.
"Feinde dieser Werte oft auch unter denen, die Feindbild Moslem konstruieren".
"Wer mehr besitzt, hat auch mehr Verantwortung. Der Reiche hat Verantwortung gegenüber dem Armen": Das hat Kardinal Christoph Schönborn in einem Interview in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Academia" betont, die dem Thema "Wie links ist die Kirche?" gewidmet ist. Dabei gehe es freilich nicht um die Herstellung einer "mathematischen Gleichheit", sondern um die "Sozialpflichtigkeit des Eigentums angesichts des Elends, "egal, wer es verschuldet hat".
Zugleich gehe es aber auch um die Frage der Gerechtigkeit: "Wieviel Armut anderswo ist von uns mitverursacht?" Wer als reiche Nation oder als reiches Individuum die Möglichkeit hat, etwas zu verbessern, der sollte das auch tun, so der Appell des Kardinals. Er plädierte in diesem Zusammenhang auch für die soziale Marktwirtschaft, "um die uns viele beneiden". Für Kardinal Schönborn wäre es "wünschenswert, auf dieser bewährten Basis neue Formen der Zusammenarbeit zu entwickeln, die die ökonomische Eigenständigkeit von Entwicklungsregionen fördern.
Die katholische Kirche stehe für eine Weltwirtschaft, die auf Kooperation und gegenseitigem Vertrauen aufgebaut ist. Bei Handelsabkommen gehe es daher um die Frage, wie diese beschaffen sein müssen, damit es zu mehr Wohlstand und Gerechtigkeit kommt. Darauf sei besonders bei Abkommen zwischen Ländern mit deutlich unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklungsstufen zu achten. Es brauche "faire, auf gleicher Augenhöhe ausgehandelte Handelsabkommen", so Kardinal Schönborn.
Die Gefahr der Globalisierung bestehe darin, "dass lokale Kulturen zerstört werden und die schwächeren Volkswirtschaften unter die Räder kommen können". Es dürfe nicht sein, "dass Unternehmen in Länder ausweichen, wo das Recht leichter gebeugt werden kann, um dort auf eine Weise, die bei uns nicht erlaubt ist, Gewinne zu erwirtschaften".
Der Kardinal räumte ein, dass die Zahl der in extremer Armut lebenden Menschen weltweit gesunken sei, zugleich gebe es aber immer noch "erschütternde Not", hunderte Millionen Menschen lebten immer noch in unvorstellbarem Elend. In vielen reichen Ländern werde andererseits immer deutlicher, dass die Schuldenpolitik nicht nachhaltig sei und das Funktionieren der Sozialsysteme bedroht; "und vieles in unserer nach außen so gut funktionierenden Wirtschaft ist innerlich verdorben oder einfach nicht menschengerecht". Jeder Einzelne sei geforderte, verantwortlich zu handeln, sei es als Unternehmer oder Konsument.
Die europäische Kultur habe, aus christlichen Wurzeln heraus, eine Reihe von Grundwerten angenommen, die das Leben und das Zusammenleben "besser, menschenwürdiger machen und daher gegen alle Widersacher zu verteidigen sind", betonte Kardinal Schönborn weiter. Zu diesen Werten zählte er die gleiche Würde aller Menschen, die gleiche Würde von Mann und Frau, Alt und Jung, weiters Meinungs-, Gewissens- und Religionsfreiheit oder demokratischen Pluralismus. Nachsatz: "Die Feinde dieser Werte sind aber oft auch unter denen zu finden, die den Moslem als Feindbild konstruieren."
Zur Frage, ob es eine ethisch-moralische Verpflichtung Europas gibt, alle Flüchtlinge, die kommen wollen, aufzunehmen, antwortete der Wiener Erzbischof mit einem Zitat von Marie von Ebner-Eschenbach: "Man kann nicht allen helfen, sagt der Engherzige - und hilft keinem." Österreich könne nicht Millionen Menschen aufnehmen, aber das sei kein Grund, die Grenzen hermetisch zu sperren. "Hass auf die anderen zu schüren" sei zudem in keinem Fall christlich und verschärfe die Situation nur.
Wie der Kardinal weiter sagte, brauche es statt einer rein restriktiven eine differenzierte und konstruktive Zuwanderungspolitik, wie sie etwa Kanada betreibe. "Wesentlich ist, dass die Menschen bei uns Zuwanderung nicht als etwas erleben, was sie schicksalhaft erdulden müssen, sondern gestalten können. Dann stößt sie auch auf weniger Widerstand."
Zur Bildungspolitik befragt meinte Kardinal Schönborn, dass es im Pflichtschulbereich vor allem eine Verbesserung der Bildungsqualität brauche, "ein Fünftel Risikoschüler sind einfach zu viel". Die Hauptfrage sei daher auf der einen Seite, "wie mit den Schülern umgegangen wird, ob der Fokus auf ihrer ganzen Person und ihren Stärken und Potentialen liegt. Und auf der anderen Seite, wie autonom unsere Schulen sind, etwa im Aufbau eines qualitativ hochstehenden Lehrkörpers." In diesen Fragen werde die Zukunft der Kinder und Jugendlichen entschieden, so Kardinal Schönborn.
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