Papst Franziskus feiert mit den Kongregations- und Orientinstituts-Mitgliedern inder Maria-Maggiore-Basilika einen Gottesdienst.
Papst Franziskus feiert mit den Kongregations- und Orientinstituts-Mitgliedern inder Maria-Maggiore-Basilika einen Gottesdienst.
Von den großen Kurienbehörden ist die Kongregation für die Orientalischen Kirchen die jüngste.
Die vatikanische Ostkirchenkongregation hält nächste Woche ihre Vollversammlung ab. Zu der Tagung reist auch Kardinal Christoph Schönborn in seiner Eigenschaft als Kongregationsmitglied nach Rom; sie steht im Zeichen des 100-Jahr-Jubiläums dieser jüngsten unter den großen Kurienbehörden. Am Montag, 9. Oktober 2017 empfängt Papst Franziskus die Patriarchen und Großerzbischöfe der 23 mit Rom verbundenen Ostkirchen; am Donnerstag besucht er mit ihnen das Päpstliche Orientinstitut und feiert im Anschluss einen Gottesdienst mit Kongregationspräfekt Kardinal Leonardo Sandri sowie den Kongregations- und Orientinstituts-Mitgliedern in der benachbarten Maria-Maggiore-Basilika.
Bei der Begegnung am Montag soll jeder der Kirchenführer in einem Kurzreferat über die Situation seiner Kirche berichten, wobei auch gewalt- und konfliktreiche Situationen in den Ländern Syrien, Irak, Ägypten, Türkei, Libanon, Jordanien, Ukraine, Armenien, Äthiopien und Eritrea angesprochen würden, wie es am Freitag in einem Kommunique der vatikanischen Ostkirchenkongregation heißt.
Papst Franziskus will mit dem Treffen seine besondere Verbundenheit mit den rund 20 Millionen Katholiken der katholischen Ostkirchen zeigen, die zum beachtlichen Teil unter Schwierigkeiten lebten. Zu einem ähnlichen orientalischen Gipfeltreffen hatte bereits Papst Benedikt XVI. im Jahr 2009 in den Vatikan eingeladen. Ein Ergebnis war die Sonder-Bischofssynode für den Nahen Osten im Jahr darauf.
Von den großen Kurienbehörden ist die Kongregation für die Orientalischen Kirchen die jüngste. Sie wurde erst vor 100 Jahren, am 1. Mai 1917, von Benedikt XV. (1914-22) gegründet - und ist für eine katholische Sonderwelt zuständig: Für die 23 mit Rom unierten Kirchen, die nicht dem lateinischen Mainstream, sondern einem der fünf orientalischen Riten folgen. Sie zählen rund 20 Millionen Mitglieder, und machen damit gerade zwei Prozent der katholischen Welt aus. Aber sie bewahren ein reiches religiöses und kulturelles Erbe, das die Vielfalt der Universalkirche zum Ausdruck bringt, das heute freilich zunehmend bedroht ist. Zumindest in ihren traditionellen Stammlanden des Nahen Ostens, wo sie meist eine winzige und bedrängte Minderheit in einem mehrheitlich muslimischen Umfeld ausmachen.
In zahlreichen Formen, Rechten und Gebräuchen unterscheiden sich die katholischen Ostkirchen (Kopten, Chaldäer, Syrer, Armenier und Byzantiner) von der übrigen Weltkirche: Mit ihren Festen richten sie sich - wie die Orthodoxie - in etlichen Ländern nach dem alten Julianischen Kalender.
Ihre Belange werden durch ein eigenes Kirchenrecht, den ostkirchlichen Rechtskodex CCEO von 1990 geregelt. Durch diesen erhielt die katholische Kirche letztlich eine gewisse Rechtspluralität. Die Kirchen können ihre Bischöfe in Eigenregie ernennen, genießen eine gewisse Autonomie in Kirchendisziplin und Verwaltung. Und anders als in den Kirchen des Westens gilt bei ihnen die Zölibatspflicht nur für Bischöfe und Ordensleute, nicht aber für normale Pfarrseelsorger.
Allerdings sind dieser Sonderrechte im Prinzip nur auf die alten "Territorien" des Nahen Ostens beschränkt. Nicht alle gelten auch für die Auswanderergemeinden in der Diaspora Europas, Amerikas und Australiens. Allerdings gibt es angesichts des anhaltenden Exodus aus Nahost Bestrebungen, sie auszuweiten.
Die Ostkirchenkongregation betreut an ihrem Sitz in Rom auf der Via della Conciliazione mit einem Mitarbeiterstab von 25 Personen fast alle Belange dieser Kirchen und Gläubigen. Sie kümmert sich um Bischofsernennungen, um Priester und Ordensleute, um Liturgie, Schul- und Bildungsfragen - um Aufgaben, die für die Westkirche von eigenen Kongregationen wahrgenommen werden. De facto bildet sie für ihren Bereich eine "Kurie im Kleinen". Nur die Glaubenskongregation und die Kongregation für Heiligsprechungen sowie die drei kirchlichen Gerichtshöfe haben direkte Zuständigkeit auch für die katholischen Orientalen.
Eine weitere Aufgabe der Kongregation gilt der Koordination von Vermögensfragen sowie der Unterstützung und Förderung der Kirchen in Nahost, etwa durch eine eigene weltweite Kollekte am Karfreitag, aber auch durch das Ostkirchen-Hilfswerk ROACO.
Vor der Gründung der Ostkirchenkongregation fiel dieser Bereich in die Zuständigkeit der Missionskongregation. Mitte des 19. Jahrhundert wurde dort eine Unterabteilung für Ostkirchenfragen gegründet, die dann 1917 zur eigenständigen Behörde erhoben wurde. Bis zum Konzil war die Ostkirchenkongregation auch für den Kontakt zur Orthodoxie zuständig. Erst 1960 wurde für alle Bereiche der Ökumene das Einheitssekretariat gegründet.
Die dramatische Lage in den christlichen Stammlanden - vor allem in Syrien und Irak - hat gravierende Konsequenzen für die katholischen Ostkirchen. In Scharen flohen und fliehen ihre Gläubigen aus der Heimat in die Nachbarländer, nach Europa und Übersee. Aber auch in Ägypten oder im Heiligen Land steht die ständig schrumpfende Christengemeinde unter Druck.
Das stellt auch den Vatikan vor neue Herausforderungen und Aufgaben. Ein Ziel der Ostkirchenkongregation ist es, den Christen in ihren Stammlanden ein Überleben zu sichern. Zugleich sucht sie nach Wegen, wie die orientalischen Katholiken in der Diaspora ihr geistliches Erbe bewahren können. In jedem Fall geht es darum, dass uralte christliche Traditionen in der katholischen Weltkirche weiterhin eine Zukunft behalten.