Armut ist auch Thema in Österreich, einem der wohlhabendsten Länder der Welt. Jeder 7. Mensch in unserem Land ist von Armut betroffen – das sind über 1,2 Millionen Frauen, Männer und Kinder.
Armut ist auch Thema in Österreich, einem der wohlhabendsten Länder der Welt. Jeder 7. Mensch in unserem Land ist von Armut betroffen – das sind über 1,2 Millionen Frauen, Männer und Kinder.
Je stärker der Wohlstand in einem Land, desto schamhafter und schambesetzter ist es, wenn es einem passiert.
Der Platz der Kirche ist an der Seite der Armen. Diese Überzeugung prägt den „Welttag der Armen“, den Papst Franziskus eingeführt hat und der heuer erstmals weltweit am Elisabethsonntag, am 19. November, begangen wird.
Franziskus ruft dazu auf, den Ärmsten der Armen auf Augenhöhe zu begegnen und ihnen in ihrer Not zu helfen.
Armut ist auch Thema in Österreich, einem der wohlhabendsten Länder der Welt. Jeder 7. Mensch in unserem Land ist von Armut betroffen – das sind über 1,2 Millionen Frauen, Männer und Kinder. 410.000 von ihnen gelten als manifest arm.
Das heißt, ihnen fehlt das Geld für das Nötigste, wie Essen, Kleidung und Heizung. Häufig sind es Alleinerziehende, Mindestpensionisten, Menschen mit Migrationshintergrund oder Familien mit mehreren Kindern, die von Armut betroffen sind und dringend Unterstützung benötigen.
Die Armutskonferenz, ein Netzwerk von über 40 sozialen Organisationen, thematisiert Hintergründe und Ursachen, Daten und Fakten, Strategien und Maßnahmen gegen Armut und soziale Ausgrenzung.
Gemeinsam mit Armutsbetroffenen engagiert sie sich für eine Verbesserung deren Lebenssituation. Mitbegründer ist Martin Schenk. Er nimmt zum Thema Stellung:
Wie lässt sich Armut definieren?
Wenig Geld, wenig Einkommen, das ist die ökonomische Seite. Und zwar so wenig, dass man sich eigentlich nichts mehr leisten kann im Vergleich zum Wohlstand der jeweiligen Bevölkerung.
Das Zweite sind die Lebensbedingungen, wie man wirklich lebt. Da geht es um bedrückende, schwierige, ausgrenzende Umstände. Darum, dass Kinder in feuchten, schimmligen Wohnungen wohnen, die Heizung nicht funktioniert, oder wenn Kühlschrank oder Waschmaschine kaputt werden, diese nicht ersetzt werden können.
Hat Armut ein älteres, oder junges Gesicht?
Beides. Die Gruppen, die am stärksten zugenommen haben, sind die unter 30-Jährigen und die über 50-Jährigen.
Bei den Jüngeren sind es die, die nicht in den Arbeitsmarkt hineinkommen, oder nie einen passablen Job finden. Auch eine Familiengründung wird schwierig, denn das ist der Zeitpunkt, wo man am meisten Geld braucht, aber am wenigsten hat. Bei den Älteren steigt wiederum die Langzeitarbeitslosigkeit massiv.
Ist Armut sichtbar?
Gerade in einem reichen Land, einem starken Sozialstaat wie Österreich, ist sie nicht sichtbar, sie ist eher hinter verschlossenen Türen.
Man kann auch sagen, je stärker der Wohlstand in einem Land, desto schamhafter und schambesetzter ist es, wenn es einem passiert. Auch wenn man nichts dafür kann.
Was kann man gegen das Vererben von Armut tun?
Einer der stärksten Faktoren das zu verhindern, oder zumindest zu durchbrechen, ist das Schul- und Bildungssystem.
Ein Problem dabei ist, wenn Kinder aus einkommensschwächeren oder sozioökonomisch geringeren Familien, in die gleichen Schulen gehen, sogenannte Brennpunktschulen. Ein Vorschlag der Armutskonferenz dazu lautet, solche Schulen besonders gut auszustatten, um einen Anreiz zu bieten.
Wie wirkt sich die Mindestsicherung aus?
Wir haben 80.000 Kinder und Jugendliche in den Haushalten ihrer Eltern, Alleinerziehende in der Mindestsicherung.
Aus der Bildungsforschung wissen wir, dass Kinder dann gut lernen und Chancen haben, wenn sie von zu Hause auch gewisse Sicherheit mitbekommen. Ich erinnere mich, wie uns Kinder geschildert haben, sie haben keinen Platz zum Lernen zu Hause. Einer hat gesagt: Ich mach’ die Hausübung immer am Klo, weil das ist die einzige flache Stelle zu Hause. Da gibt’s schon wilde Zustände.
Wie wichtig ist das persönliche Engagement von Menschen, zum Beispiel in der Pfarrcaritas vor Ort?
Das ist ganz zentral. Es ist ganz wichtig, dass es Bürger gibt: Engagierte, Freiwillige, die Zivilgesellschaft, die das Engagement von konkreten Händen, Köpfen und Herzen setzt.
Was kann jeder Einzelne beitragen?
Man kann natürlich manchmal jemandem ein paar Euro geben. Aber das wird wohl zu wenig sein und auch die falsche Hilfe.
Da ist es besser, man ruft bei einer betreffenden Stelle an. Es gibt von der Stadt Wien, wie auch der Caritas gute Streetworker, die Leute auf der Straße kontaktieren und helfen.
zur Person
Martin Schenk
ist Sozialexperte, stv. Direktor der evangelischen Diakonie
und Mitinitiator der Armutskonferenz.
Der Heilige Martin als Vorbild
Wie schwer fällt uns das Teilen und Helfen?
weitere Informationen zu
die Zeitung der Erzdiözese Wien
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