Die so notwendige permanente pastorale Anstrengung um das theologische Verstehen und um die rechte Gestalt der Feier kann nicht ein für alle Mal als umgesetzt und als endgültig erreicht gelten.
Die so notwendige permanente pastorale Anstrengung um das theologische Verstehen und um die rechte Gestalt der Feier kann nicht ein für alle Mal als umgesetzt und als endgültig erreicht gelten.
Univ.-Prof. Andreas Redtenbacher über die bleibende Bedeutung des Klosterneuburger Chorherrn Pius Parsch im Zusammenhang mit der Erneuerung der Liturgie. Ein Symposion beleuchtet vom 2. bis 4. März in Klosterneuburg brisante Fragen der Liturgie.
Sie sind seit 40 Jahren Priester, waren engagierter Pfarrer und sind ein über Österreich hinaus bekannter Liturgiewissenschaftler. Warum ist Ihnen Liturgie so wichtig?
In meiner Heimatpfarre St. Josef bin ich mit der Liturgie groß geworden und verdanke Pfarrer Msgr. Schubert das Hineinwachsen in den Geist Liturgiereform des Konzils.
Als junger Theologe hat mich dann Professor Emminghaus als Assistent an das
liturgiewissenschaftliche Institut der Wiener Universität geholt und im Stift Klosterneuburg wurde ich mit dem Werk von Pius Parsch vertraut – also ein gerader Weg, der in Habilitation und Professur in Deutschland und in der Leitung des Pius-Parsch-Instituts in Klosterneuburg mündete.
Als Priester war mir zugleich eine qualitätvolle Seelsorge, als Mitglied des Stifts Klosterneuburg die Vertiefung der Spiritualität der Augustiner Chorherren besonders wichtig. All das findet seine Mitte im Vollzug der Liturgie.
Was ist das Erfolgsgeheimnis der „Volksliturgischen Bewegung“ von Pius Parsch, was hat er frühzeitig, vor dem Zweiten Vatikanum, so konkret anders gemacht?
1954, im Todesjahr von Parsch, schrieb der Erzabt von Beuron, Damasus Zähringer OSB: Parsch habe in seinem Denken eine „unableitbare Ursprünglichkeit“, die es anderswo in der Liturgischen Bewegung so nicht gäbe.
Diese „Ursprünglichkeit“ ist der theologische tiefe und „heiße Kern“ im Vollzug der Liturgie selbst: das Wunder des Hereinbrechens Gottes in die menschliche Wirklichkeit der konkret versammelten Gemeinde, und die Verwandlung des Menschen durch Gnade, die Gott selbst ist!
Das will Parsch den Menschen erfahrbar, in den Zeichen sichtbar und greifbar machen, auch in der Antwort der Gemeinde als „aktive Teilnahme“. Das war sein liturgietheologisches, geistliches und pastorales Programm und führte konsequent zum besseren Verstehen der Liturgie und der maßgeblichen Sinnstrukturen der Feier.
Bei Parsch geht es immer auch um „Liturgische Bildung“ – ein heute in der Pastoral leider unterbelichtetes Feld, obwohl die Liturgiekonstitution des Konzils wesentlich darauf abzielt.
Die Liturgiereform des Konzils beschreibt Gottesdienst als „Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt und als Quelle aus der all ihre Kraft strömt“. Ist das mehr als 50 Jahre nach der Liturgiekonstitution umgesetzt?
Ja und nein zugleich. Der Rahmen der Erneuerung wurde durch das Konzil und die anschließende Reformphase theologisch und pastoral klar abgesteckt.
Dabei ist zu beachten, dass der Konzilstext über die Liturgie kein einfaches Dekret oder eine bloße Erklärung war, sondern ihm der Rang einer „Konzilskonstitution“ zukommt und damit Konstitutives für die Zukunft der Kirche vorgibt.
Von den 16 Konzilstexten haben nur 4 diese hohe Dignität. Ihre liturgietheologischen Kernaussagen haben daher bleibende Gültigkeit.
Dazu gehört auch die Aussage der Konzilsväter, dass liturgische Erneuerung ein Dauerauftrag bleibt.
Die so notwendige permanente pastorale Anstrengung um das theologische Verstehen und um die rechte Gestalt der Feier kann nicht ein für alle Mal als umgesetzt und als endgültig erreicht gelten.
Sie ist in der Tat ein Dauerauftrag für die hinführende Seelsorge wie für die Liturgiewissenschaft. Liturgie als „Höhepunkt und Quelle“ meint auch den „Roten Faden“ der Pastoral und die eigentliche Kraft der Gemeinde, aus der sie ihren authentisch gefeierten Glauben nährt und dann auch christlich und diakonisch im Alltag lebt.
Dann wird sie wie von selbst „missionarisch“ sein. Liturgie und gelebte Diakonie sind wie zwei Brennpunkte einer Ellipse: fehlt das eine, ist auch das andere krank und umgekehrt.
Braucht es die „Reform der Liturgiereform“ - worauf soll künftig mehr geachtet werden?
Eine „Reform der Reform“ braucht es ganz sicher nicht, damit weiß ich mich auch auf der Linie von Papst Franziskus.
Zuerst einmal sollte man sich nicht bequem vor der Mühe herumdrücken, die theologische Tiefe der Liturgie, die uns die Liturgische Bewegung und das Konzil aufgeschlossen haben, aufzuspüren oder wieder neu zu entdecken.
Dann erübrigt sich sofort der Wunsch nach einer „Reform der Reform“. Wir müssen im Sinn des schon Gesagten zuerst einmal die von der Liturgischen Bewegung vorbereitete und vom Konzil zur gemeinsamen Leitlinie der Kirche erhobene Liturgiereform wirklich ernst nehmen und in den Gemeinden vertiefen.
Nur so wird der in der Liturgie gefeierte Glaube authentisch und neu zur sprudelnden Quelle der von vielen heute so sehr gesuchten und bei uns vielfach vermissten Spiritualität, weil hier Gott erfahren wird.
Das schließt nicht aus, sondern ein, dass es auch liturgische Formate geben kann, die suchende Menschen niederschwellig eine Begegnung mit Gott eröffnen. Das eine ist zu tun, das andere nicht zu lassen.
Klosterneuburger Chorherr: Pius Parsch (1884 bis 1954).
Klosterneuburger Chorherr: Univ.-Prof. Dr. Andreas Redtenbacher.
Das Stift Klosterneuburg steht im kommenden März wieder einmal im Zentrum der liturgiewissenschaftlichen Forschung.
Von 2. bis 4. März werden Experten aus Österreich und Deutschland im Augustiner Chorherrenstift aktuelle liturgische Fragen beraten.
Auch die Bischöfe Alois Schwarz und Franz Lackner werden an dem Symposion teilnehmen. Bischof Schwarz zählt zu den Referenten, Erzbischof Lackner wird einem Gottesdienst in der Stiftsbasilika von Klosterneuburg vorstehen.
Veranstalter der Tagung sind das Pius-Parsch-Institut Klosterneuburg und die Theologische Fakultät der universitären Hochschule Vallendar.
Das Symposion steht laut Ankündigung im Spannungsbogen zwischen niederschwelligen neuen liturgischen Formaten, um in der säkularisierten Gesellschaft "gottesdienstlich anschlussfähig" zu bleiben, und einem "spirituell tiefen und theologisch verantworteten Vollzug der sakramental-ursprünglichen Begegnung mit Gott in der Liturgie".
Dabei zeigten pastoralsoziologische Untersuchungen, dass Gemeinden gerade dort wachsen würden, "wo sie sich bewusst um den Liturgievollzug aus der authentischen Mitte des Sakramentalen bemühen und von dort her ihr Leben gestalten".
Im Rahmen des Symposions wird auch der Klosterneuburger Liturgieexperte Prof. Andreas Redtenbacher geehrt, der 2018 sein 40-jähriges Priesterjubiläum feiert. U.a. wird dazu eine Festschrift präsentiert. Redtenbacher leitet das Pius Parsch-Institut für Liturgiewissenschaft und Sakramententheologie in Klosterneuburg.
Information: www.pius-parsch-institut.at
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