Der Münchner Kardinal Reinhard Marx begrüßt die aktuelle Diskussion um die Vaterunser-Bitte "Führe uns nicht in Versuchung".
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx begrüßt die aktuelle Diskussion um die Vaterunser-Bitte "Führe uns nicht in Versuchung".
Münchner Erzbischof äußert sich auch zu Frage, ob Homosexuelle kirchlichen Segen bekommen sollen.
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx begrüßt die aktuelle Diskussion um die Vaterunser-Bitte "Führe uns nicht in Versuchung". Er bezeichnete es als "sehr gut, dass wir über eine zentrale Frage unseres christlichen Betens so ernsthaft reden", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Samstag in einem Radiobeitrag für den Bayerischen Rundfunk.
Das Vaterunser ist nach den Worten des Kardinals fester Bestandteil der christlichen Kultur. Doch Sprache und Verständnis änderten sich im Laufe der Zeit. Das sei die Sorge, die Papst Franziskus beschäftige: "Verstehen wir diese Bitte noch so, dass wir dadurch nicht den falschen Eindruck gewinnen, Gott selbst wäre böse und würde uns Menschen erproben und zum Spielball machen?"
In der betreffenden Bitte gehe es um die "Erfahrung der Fremdheit Gottes", erläuterte Marx. Zwar gehöre "alles, was Menschen erleben", zur umfassenden Wirklichkeit Gottes, auch "Stunden der Angst, der Dunkelheit und der Nacht". Dennoch zweifelten die Menschen und hätten das Gefühl, Gott sei ihnen fern. Auch in einer solchen Situation der Angst dürften die Menschen zu Gott beten und etwa sagen: "Lass uns nicht hängen, wenn wir nur noch Finsternis sehen", so der Kardinal.
Das Vaterunser gehe unter die Haut, "weil es elementare Nöte, Bedürfnisse und Hoffnungen der Menschen" anspreche, betonte Marx. Dazu gehöre das Brot, "das wir zum Leben brauchen, die Schuld, für die wir Vergebung brauchen, und die Versuchung, weil wir um unsere Schwäche wissen und die Stunden der Verzweiflung kennen". Das alles müsse nicht ausgeblendet werden, denn es gehöre zum Leben in Freiheit dazu: "Denn nur weil wir frei sind, können wir auch in Versuchung geraten, können wir uns für und gegen das Gute und letztlich Gott selbst entscheiden." - In der Diskussion um die deutsche Übersetzung der Vaterunser-Bitte hatte die Deutsche Bischofskonferenz sich Ende Jänner gegen eine Änderung ausgesprochen.
Ebenfalls im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk sagte Kardinal Marx, er wünsche sich, dass Deutschland so schnell wie möglich eine neue Bundesregierung bekommt, denn eine Demokratie brauche eine Regierung. Der Grundgedanke einer Demokratie sei für ihn, dass alle eine Chance bekämen, erklärte der Kardinal. Dazu gehörten auch jene, die neu in Deutschland seien. Arme und Schwache bräuchten Unterstützung, ebenso Langzeitarbeitslose und kinderreiche Familien. All dies sei auch mit dem Begriff "soziale Marktwirtschaft" verbunden. Zwar könne die Politik nicht alle Probleme lösen, aber das Leitmotiv für eine neue Regierung könnte dennoch "Chancen für alle" lauten.
In der Frage, ob auch Homosexuelle den Segen der Kirche bekommen sollten, plädierte er dafür, die Bedeutung des Seelsorgers mehr in den Vordergrund zu stellen. Ein generelles und weltweites "Ja" sieht Marx eigenen Worten zufolge nicht. Grundsätzlich sei Zuspruch vonseiten der Priester und Seelsorger aber möglich. Wörtlich sagte er: "Es gibt Dinge, die lassen sich nicht regeln."