Ökumenische Seelsorge: Mag. Christa Wameseder, Mag. Claudia Schröder, Mag. Jürgen Krause, Mag. Margret Wohlfahrt, Mag. Bernhard Stocker.
Ökumenische Seelsorge: Mag. Christa Wameseder, Mag. Claudia Schröder, Mag. Jürgen Krause, Mag. Margret Wohlfahrt, Mag. Bernhard Stocker.
Zum „Welttag der Kranken“ am 11. Februar: Im Wiener Otto Wagner-Spital sind die Seelsorgerinnen und Seelsorger mit dem Thema „Seele“ in seiner ganzen Vielfalt konfrontiert. Ein Lokalaugenschein.
Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ (Mt 18,20): Dieses Lied erklingt Ende Jänner in der Ökumenischen Kapelle des „Sozialmedizinischen Zentrum Otto Wagner Spital Baumgarten“ (kurz SMZ OWS) in Wien 14. Aus dem Lied wird plötzlich ein Kanon mit sieben Stimmen.
„Den Aufbruch wagen, sich dem Neuen stellen“, dieses Motto stellt Bernhard Stocker, der Leiter des Teams der Katholischen Krankenhausseelsorge, in den Mittelpunkt seiner Kurzbetrachtung.
Nach der Verlesung der Brotvermehrungs-Geschichte aus dem Matthäusevangelium (Mt 14,16-21) sagt Stocker: „Es handelt sich hier um ein zeitloses Beispiel, was alles möglich sein kann, wenn Menschen miteinander in Beziehung treten. Dazu braucht es Mut, sich auf Neues einzulassen.“ Und das schöne Lied „Bewahre uns Gott, behüte uns Gott, sei mit uns auf unseren Wegen…“ (* Text und Noten als pdf-download) wird gesungen.
Diese Worte müssen gerade auch bei Frau M., einer ebenfalls anwesenden ehemaligen Patientin, auf fruchtbaren Boden gefallen sein. „Ich wurde sehr gut betreut und gestützt von der Krankenhausseelsorge“, erzählt sie dem SONNTAG: „Ich komme immer gerne zum Mittagsgebet, um Kraft zu schöpfen.
Das Gespräch mit der Seelsorge ist wie Seelennahrung, wie ein Lebensmittel. Das ist meine Strategie, um mit schwierigen Zeiten besser umgehen zu können. Hier habe ich Hilfe, wenn ich Hilfe brauche.“ Frau M. ist auch beim Gespräch mit den Seelsorgerinnen und Seelsorgern in den Räumlichkeiten der Krankenhausseelsorge beim monatlichen „Tag der offenen Bürotür“ dabei.
Herr P., auch er ist ein ehemaliger Patient, kommt mit seinem Hund zu diesem Termin bei Kaffee und Keksen. Auf die Frage, welche Rolle die „Seele“ in diesem Spital spielt, sagt Krankenhausseelsorgerin Margret Wohlfahrt: „Die Seele, das ist der gesamte Mensch. Wir sind nicht nur für das Theologische und Religiöse zuständig, sondern auch für das Mit- und Zwischenmenschliche.“
„Der gesamte Mensch ist ein beseeltes Wesen“, ergänzt Krankenhausseelsorger Bernhard Stocker: „Unser ganzheitlicher Ansatz würdigt auch die Krankheit.“
Kirchenrektor Jürgen Krause nimmt eine Anleihe bei einer Redensart. „Du bist eine gute Seele. Das sagt schon viel“, meint er. Der Kontakt zu den Patientinnen und Patienten ist der Mittelpunkt seelsorglicher Arbeit im Otto Wagner-Spital. Daneben arbeiten die Seelsorgerinnen und Seelsorger mit den vielfältigen Berufsgruppen zusammen.
„Wie kommen die Patienten zu uns? Wie kommen wir zu ihnen?“ – das ist laut Wohlfahrt die entscheidende Frage. „Es ist die Entscheidung der Patienten, sich bei uns zu melden“, unterstreicht Stocker.
„Die Krankenhausseelsorge hat einen Vertrauensvorschuss“, sagt Herr P.: „Ich hatte oft Angst auf der Station, ich konnte nicht mehr reden. Mit den Seelsorgern konnte ich wieder befreit reden.“ „Wir sind einfach da auf der Station“, betont die evangelische Krankenhausseelsorgerin, Pfarrerin Claudia Schröder: „Wir werden oft vom Personal kontaktiert, wenn Patientinnen oder Patienten den Wunsch nach einem Gespräch mit Seelsorgern verspüren oder anmelden.“ „Wichtig ist es hier im OWS, über die seelischen Krankheiten wie Depression, Manie oder Psychose Bescheid zu wissen“, sagt Wohlfahrt.
Kirchenrektor Krause ist die Unterscheidung wichtig: „Als Priester muss ich konkret vor Ort entscheiden, ob eine Beichte oder eine Segnung angebracht ist. Nicht jedes Schuldgefühl ist schon gleich auch Schuld.“
Auch die liturgischen Feiern haben ihren festen Platz, in der prächtigen Otto Wagner Kirche oder in der Ökumenischen Kapelle. Es gibt einen katholischen Gottesdienst am Sonntag oder Feiertag, zu den Festgottesdiensten wie Ostern oder zur Mette kommen an die 500 Mitfeiernde.
„Die Seele ist ein weites Land“, das hat schon der Wiener Arzt und Schriftsteller Arthur Schnitzler festgestellt.
Was tun, wenn bei Patienten in der Psychose Bilder mit religiösen Bedeutungen auftauchen? Wenn sich kranke Menschen als Jesus verstehen oder als Frau, die einen neuen Messias gebären will? „Was kann da an fruchtbaren Bildern und Bedeutungen dahinterstehen?“, fragt Margret Wohlfahrt: „Will sich da jemand als Jesus-Träger, als Christophorus oder Christophora verstehen?“
„Die Ohnmacht ist ein ständiger Begleiter“, sagt Stocker: „Diese müssen wir aushalten und nicht in Aktionismus verfallen.“
„Wir lassen uns nicht entmutigen von den Lebenssituationen der Patientinnen und Patienten. Wir haben keine Lösung parat. Wir machen uns gemeinsam auf den Weg“, erläutert Krankenhausseelsorgerin Christa Wameseder.
„Die Seelsorge ragt über die Begrenztheiten des Lebens hinaus“, sagt Krankenhausseelsorgerin Claudia Schröder.
Inzwischen tauchte auch noch Herr B. auf. Er kommt zum „Tag der offenen Bürotür“, „weil ich andere ehemalige Patienten treffen will. Mich treibt die Neugierde um. Wie geht es den anderen?“
Warum sie hier gerne im Otto-Wagner-Spital arbeiten?
„Weil die Patientinnen und Patienten klass sind, sie sind Lebenskünstler, sie sind kreativ. Und sie haben oft Fähigkeiten, mit den widrigsten Erlebnissen umzugehen“, sagt Wohlfahrt.
Zugleich spiegeln sie Missstände der Gesellschaft, ist sich das Team einig. „Ich werde mit einem Vertrauensvorschuss beschenkt“, unterstreicht Stocker: „Die Begegnungen sind besonders intensiv, weil die Menschen hier oft ohne Masken sind. Ich gehe oft müde, aber bereichert nach Hause.“
„Ich fühle mich immer wieder aufs Neue aufgefordert, an und mit mir selbst zu arbeiten“, betont Wameseder. Sie liebt es auch, mit den Menschen auf diesem wunderschönen Gelände herumzugehen. „Diese Umgebung und das Team, die sind toll“, betont die evangelische Krankenhausseelsorgerin.
„Wo Menschen psychisch leiden, ist unheimliches Leid“, sagt Kirchenrektor Krause: „Ich arbeite gern mit den seelisch erkrankten Menschen. Jeder darf im Gottesdienst so sein, wie er ist.“
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Seelsorge Otto Wagner Spital und Pflegezentrum
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