Die Caritas hat mit einem speziellen Programm für 8.500 syrische Flüchtlingskinder den Schulbesuch, Nachhilfeunterricht und spezielle psychologische Programme sicherstellen können, so Schwertner.
Die Caritas hat mit einem speziellen Programm für 8.500 syrische Flüchtlingskinder den Schulbesuch, Nachhilfeunterricht und spezielle psychologische Programme sicherstellen können, so Schwertner.
Caritas-Wien-Generalsekretär Schwertner auf Lokalaugenschein: Mehr als 100.000 Kinder können keine Schule besuchen. Caritas im Einsatz gegen Kinderarbeit und Kinderehen.
Die syrischen Flüchtlingskinder in Jordanien brauchen dringend Hilfe. Auch wenn ihr Schicksal und das ihrer Familien nicht mehr im Fokus des westlichen Interesses steht, sei ihre Not deshalb um nichts geringer. Das hat Caritas-Wien-Generalsekretär Klaus Schwertner gegenüber "Kathpress" betont. Er besuchte dieser Tage Caritas-Hilfsprojekte in Jordanien, um sich ein Bild von der aktuellen Lage zu machen. Auch wenn offiziell "nur" 650.000 Syrer offiziell als Flüchtlinge registriert sind, würden mindestens 1,2 Millionen im Land leben und ihre Situation werde immer schlimmer, so der Wiener Caritas-Generalsekretär.
Schon allein die offiziellen Zahlen zeigten ein dramatisches Bild: Von den registrierten Flüchtlingen sind mit 330.000 rund die Hälfte Kinder. Ca. 235.000 dieser syrischen Kinder sind im Schulalter. Und obwohl die jordanischen Behörden syrischen Flüchtlingskindern freien Zugang zur Schulbildung gewährt haben, könnten beileibe nicht alle Kinder auch tatsächlich eine Schule besuchen. "Entweder zwingt sie ihre prekäre Lebenssituation, arbeiten zu gehen, oder sie können aufgrund von Traumatisierungen und Bildungsrückständen dem Unterricht nicht folgen."
Die Kinderarbeit hat sich laut Caritas in den letzten zehn Jahren in Jordanien beinahe verdreifacht. Genaue Zahlen sind schwer festzumachen: Schätzungen gehen von 60.000 bis 70.000 syrischen Kindern aus, die arbeiten müssen und so keine Schule mehr besuchen können. Schwertner: "Wir müssen diese Kinder von der Straße holen und ihren Familien helfen, dass die Kinder nicht mehr arbeiten müssen."
Ein weiteres dramatisches Problem, das vor allem die Mädchen betrifft: Sie werden nur allzu früh verheiratete: 44 Prozent der syrischen Bräute im Jahr 2015 waren zwischen 13 und 17 Jahre alt. Frühe Verheiratung werde dabei oft als Strategie gewählt, um einerseits sicherzustellen, dass Mädchen sicher sind vor sexuellen Übergriffen, und andererseits, um die Familie finanziell zu entlasten.
Bildung sei für die Caritas einer der zentralsten Bereiche in ihren Hilfsbemühungen, so Schwertner. Die Bemühungen der jordanischen Behörden sind groß, wenn auch nicht ausreichend. Seit letztem Jahr werden mehr als 200 Schulen in Jordanien in zwei Schichten geführt. Am Vormittag als auch am Nachmittag findet formaler Schulunterricht statt, um möglichst viele Kinder zu integrieren. Darüber hinaus werden sogenannte "Catch-up Classes" angeboten, um jene Kinder, die einige Jahre an Schulbildung verpasst haben, den Einstieg in die Schule zu ermöglichen. Trotz aller Bemühungen der jordanischen Regierung haben im Schuljahr 2016/2017 aber 115.000 syrische Kinder im schulpflichtigen Alter keine formale Schule besucht.
Die Caritas hat mit einem speziellen Programm für 8.500 syrische Flüchtlingskinder den Schulbesuch, Nachhilfeunterricht und spezielle psychologische Programme sicherstellen können, so Schwertner. Dazu kamen auch noch zahlreiche Kindergartenkinder in speziellen Programmen. Dieses Programm, für dessen Finanzierung neben Spenden auch Gelder der "Austrian Development Agency" (ADA) verwendet werden, läuft allerdings im Herbst 2018 aus. Eine weitere Finanzierung ist derzeit nicht absehbar. Die Zukunft von 8.500 Kindern stehe damit auf dem Spiel, warnte Schwertner.
Politiker aus Europa sollten in die Region kommen, mit den Flüchtlingen vor Ort sprechen, und sich vom Schicksal der Menschen berühren lassen, so der Caritas-Generalsekretär im "Kathpress"-Interview. Der Syrien-Krieg sei nach wie vor die größte humanitäre Katastrophe nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Konflikt sei komplex, jedes Land könne aber auf jeden Fall einen wesentlichen Beitrag leisten, um die Lebensumstände für konkrete Personen, und hier wiederum vor allem für Kinder, zu verbessern, so Schwertner. Die meisten Flüchtlinge würden am liebsten wieder zurück in ihre Heimat. Doch sei die Lage in Syrien derzeit noch so unsicher, dass dies für kaum jemanden möglich sei. - 2017 gingen laut Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR 7.000 Syrer aus Jordanien zurück in ihr Heimatland.
Schwertner appellierte an die österreichische Bundesregierung, den Auslandskatastrophenfond, der derzeit mit 20 Millionen Euro dotiert ist, um weitere zehn Millionen Euro aufzustocken. Österreich sollte sich zudem wieder verstärkt am Resettlement-Programm der UNO beteiligen und so Menschen auf der Flucht und mit hoffnungslosen Lebensperspektiven neue Lebenschancen bieten. Zudem brauche es weitere Bemühungen, sodass Österreich endlich im Budget 0,7 Prozent des Bruttonationalprodukts für Entwicklungszusammenarbeit vorsieht.
Die Caritas Österreich hat bisher mehr als 24 Millionen Euro für die Nothilfe und Unterstützung syrischer Flüchtlinge im Nahen Osten zur Verfügung gestellt und mit ihrem Engagement rund 180.000 Menschen erreicht. Die Mittel der Caritas Österreich fließen vorwiegend in Bildung, die Verteilung von Gutscheinen oder Cash-Transfers für Lebensmittel, Hygieneartikel sowie Küchenutensilien und Winterkleidung, sowie in die Reparatur und Verbesserung von Unterkünften und Mietzuschüsse. In Jordanien konnten bis jetzt etwa 83.000 Menschen unterstützt werden.
Die Caritas hat sich das Ziel gesetzt, im Rahmen der derzeit laufenden Februar-Sammlung mit Spendengeldern aus Österreich 50.000 Kindern im Nahen Osten (und in Osteuropa) ein chancenreiches Aufwachsen und den Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Neben Bildungsperspektiven geht es dabei allerdings auch um die grundlegenden materiellen Bedürfnisse. So ist es etwa mit einem Hilfspaket um 30 Euro möglich, ein Kind in Jordanien einen Monat lang mit Lebensmitteln, medizinischer Betreuung und Hygieneartikeln zu versorgen.
Caritas-Spendenkonto:
Erste Bank
IBAN: AT23 2011 1000 0123 4560
Spendenzweck: "Kinder in Not"
Caritas zu 6 Jahre Syrien-Krieg: Hilfe für verlorene Generation