Die Schau, die dem Thema "Zeig mir deine Wunde" gewidmet ist, kann ab Donnerstag 20. September bestaunt werden und ist bis August 2019 zu sehen.
Die Schau, die dem Thema "Zeig mir deine Wunde" gewidmet ist, kann ab Donnerstag 20. September bestaunt werden und ist bis August 2019 zu sehen.
Generalvikar Krasa: Dank an Museumsleitung und Kuratoren, weil es das Dommuseum mit Werken auch renommierter moderner Künstler schafft, "die christliche Bedeutung von 'Wunde' zu zeigen".
An das auch tiefenpsychologisch zutreffende Wort "Quod non assumptum non est sanatum" (Was nicht angenommen worden ist, ist nicht geheilt worden) des Kirchenlehrers Gregor von Nazianz (329-390) hat der Wiener Generalvikar Nikolaus Krasa bei der Eröffnung der Themenausstellung "Zeig mir deine Wunde" im neu adaptierten "Dom Museum Wien" am Mittwochabend, 19. September 2018 erinnert. Er sei der Museumsleitung und den Kuratoren dankbar, weil es das Dommuseum mit Werken auch renommierter moderner Künstler schaffe, "die christliche Bedeutung von 'Wunde' zu zeigen", sagte Krasa. Denn das Thema sei auch gesellschaftlich aktuell, und "es zieht sich an nicht erwarteten Orten durch die Kunst".
Der Generalvikar erwähnte auch die Diskussionen um das Kreuz: "Was heißt das, wenn in den Kirchen und im öffentlichen Raum ein verwundeter Mann gezeigt wird? Ist das wirklich nur ein Herrschaftssymbol? Ist das nicht vielmehr die Botschaft: 'Hier zeigt jemand seine Wunde'?", so Krasa.
Museumsdirektorin Johanna Schwanberg sagte, das Christentum sehe die Wunde als Quelle des Lebens und eben "nicht negativ". In der christlichen Kunst "ist Verwundbarkeit positiv besetzt". Denn wo Verwundung erfahren werde, "dort gibt es Berührung und Heilung". Dies gelte auch für die Kunst, so Schwanberg: "Nur eine Kunst, die das Innerste nach außen kehrt, berührt."
Die Schau, die dem Thema "Zeig mir deine Wunde" gewidmet ist, kann ab Donnerstag bestaunt werden und ist bis August 2019 zu sehen. Es ist die zweite Themenausstellung im 2017 wiedereröffneten "Dom Museum Wien". Gefragt wird nach der Darstellbarkeit von Verwundungen. Die Ausstellung tut dies vor dem Hintergrund der christlichen Bildtradition. Denn durch die Leidensgeschichte Jesu sind Verletzungen und Schmerz zu einem zentralen Moment der abendländischen Kunstgeschichte geworden.
Die Schau spannt dabei einen Bogen bis in die Kunst der Moderne und Gegenwart, wo Auseinandersetzungen mit Verwundungen sich auf ganz unterschiedliche Weise ausdrücken, etwa in Beschäftigung mit dem eigenen verletzlichen Künstlerkörper oder dem Aufschlitzen der Leinwand.
Denn Verwundbarkeit stellt auch in der Moderne ein Hauptmoment der Kunst dar, wobei sich die Auseinandersetzung mit Wunden auf mannigfaltige Weise gestalten kann: Manfred Erjautz lässt mit "Shelter (Colored Horizon)" durch eine schwebende Frauengestalt, in die unnatürliche Öffnungen geschnitten wurden, Fragen auftauchen; Katrina Daschner zeigt mit dem Spruch "Angst essen Seele auf" auf nackter Haut, dass "dem Körper Macht und Gewalt eintätowiert sind"; und Andres Serrano fotografierte in einem Leichenschauhaus den verwundeten Fuß eines Selbstmörders.
Die Schrecken des Krieges thematisiert u.a. die aus Beirut entliehene Skulptur von Lamia Joreige: Es handelt sich um den Abdruck eines Lochs, das Scharfschützen in die Außenwand des libanesischen Nationalmuseums schlugen, um Passanten zu kontrollieren. Eindrucksvoll auch das Video "Wonderland" des Türken Erkan Özgen, in dem ein gehörloser Bub die kriegerisch entfesselte Gewalt mit Gesten und Geräuschen anschaulich macht.
Der reiche Fundus an hochkarätigen Werken ermöglichte den Ausstellungsgestaltern spannende Kontrastierungen alter und moderner Kunst, etwa Giovanni Giulianis barocke Sebastianskulptur, neben der eine "Ste. Sébastienne" betitelte Zeichnung der Feministin Louise Bourgeois das Angegriffenwerden des weiblichen Körpers veranschaulicht.
Im größten Raum der Ausstellung flankieren unter dem Motto "Wunde als Fest" ein frühes Schüttbild des heuer 80-jährigen Hermann Nitsch und Lucio Fontanas Schnitte und Löcher in eine rote Leinwand ein Ölgemälde Gian Lorenzo Berninis aus dem Museo di Roma, auf dem das aufgefangene Blut des gekreuzigten Christus wie ein Meer die Landschaft bedeckt. Gemeinsam ist diesen Werken laut den Kuratoren, "dass sie Wunden und Blut positiv fassen, sie sogar zelebrieren".