Franziskus betonte, dass Estland die Erinnerung an den Kampf um Freiheit und Unabhängigkeit lebendig halten solle.
Franziskus betonte, dass Estland die Erinnerung an den Kampf um Freiheit und Unabhängigkeit lebendig halten solle.
Franziskus in Tallinn vor Vertretern aus Politik und Gesellschaft: Gedenken an Ursprung der Freiheit wach halten. Staatspräsidentin Kaljulaid erinnert an Rückhalt durch den Vatikan während der Zeit der sowjetischen Besatzung.
Papst Franziskus schließt am Dienstag, 25. September 2018 mit einem eintägigen Besuch in Estland seinen viertägige Reise durch die baltischen Staaten ab. Die estnische Staatspräsidentin Kersti Kaljulaid begrüßte Franziskus am Vormittag am Flughafen von Tallinn. Nach dem zeremoniellen Empfang im Präsidentenpalais wandte sich der Papst in einer Ansprache an Vertreter aus Politik und Gesellschaft.
Franziskus betonte dabei, dass Estland die Erinnerung an den Kampf um Freiheit und Unabhängigkeit lebendig halten solle. Der erreichte Fortschritt verdanke sich der Mühe, der Arbeit, dem Geist und dem Glauben der früheren Generation, sagte Franziskus. Dazu verwies er auf das gute internationale Abschneiden Estlands bei Entwicklung, Pressefreiheit, Demokratie und politischer Freiheit.
Staatspräsidentin Kaljulaid erinnerte ihrerseits an den diplomatischen Rückhalt durch den Vatikan während der Zeit der sowjetischen Besatzung. So habe die Kirchenleitung den Posten des Bischofs für Estland ausdrücklich "aus politischen Gründen" unbesetzt gelassen. Der Heilige Stuhl sei damals "eine Quelle spiritueller Kraft für die europäischen Länder in der Gefangenschaft des Kommunismus" gewesen.
Die Präsidentin sagte weiter, in einer Zeit raschen Wandels und wirtschaftlicher Entwicklung dürften die Schwächsten in der Gesellschaft nicht vernachlässigt werden. Wirtschaftlicher Erfolg verpflichte zur Sorge für andere.
Papst Franziskus rief dazu auf, in der neuen Generation das Bewusstsein der Zugehörigkeit zu einem Volk und einer Kultur lebendig zu halten. Wer junge Menschen dieser Wurzeln beraube, nehme ihnen "die Fähigkeit zu träumen, zu wagen, zu schaffen".
"Es gibt keine schlimmere Entfremdung, als erfahren zu müssen, keine Wurzeln zu haben und zu niemandem zu gehören", so der Papst. Ein Land könne nur in dem Maß fruchtbar sein und Zukunft schaffen, wie es Zusammengehörigkeit vermittle und "Bindungen zur Integration unter den Generationen und seinen verschiedenen Gemeinschaften" hervorbringe.
Estland habe seit der Befreiung von sowjetischer Herrschaft "Riesenschritte" vollzogen, sagte Franziskus. Allerdings sei Wohlstand "nicht immer bedeutungsgleich mit gut leben". Das Vertrauen in technologischen Fortschritt dürfe nicht die Fähigkeit zwischenmenschlicher, generationen- und kulturübergreifender Bindungen verkümmern lassen. Darin liege auch eine der wichtigsten Aufgaben von Verantwortungsträgern in Gesellschaft, Politik, Bildung und Religion.
Estland ist die letzte Etappe der am Samstag begonnenen Baltikum-Reise, die den Papst zuvor nach Litauen und Lettland führte. Im Unterschied zu den anderen beiden Baltenstaaten gehört die Bevölkerungsmehrheit in Estland keiner Religionsgemeinschaft an. Die katholische Kirche zählt laut eigenen Angaben 6.500 Mitglieder unter den 1,3 Millionen Einwohnern, das entspricht 0,5 Prozent.
Auf dem Programm des neunstündigen Aufenthalts in Tallinn stehen auch ein ökumenisches Jugendtreffen in der lutherischen Karlskirche und der Besuch einer katholischen Sozialstation. Nachmittags feiert Franziskus auf dem Freiheitsplatz der estnischen Hauptstadt eine Messe. Anschließend fliegt er nach Rom zurück.