Kardinal Christoph Schönborn hat in einem Weihnachtsinterview für den "Standard", Ausgabe von Montag, 24.12. 2018, zu Problemen des Islam und der Integration Stellung genommen. Auch Gurk-Klagenfurt wurde thematisiert.
Kardinal Christoph Schönborn hat in einem Weihnachtsinterview für den "Standard", Ausgabe von Montag, 24.12. 2018, zu Problemen des Islam und der Integration Stellung genommen. Auch Gurk-Klagenfurt wurde thematisiert.
Kardinal über das Scheitern einer gemeinsamen europäischen Migrationspolitik unglücklich.
Kardinal Christoph Schönborn hat in einem , Weihnachtsinterview für den "Standard" Ausgabe von Montag, 24.12. 2018, zu Problemen des Islam und der Integration Stellung genommen. Wenn Deutschkenntnisse die Voraussetzung für Integration seien - "und das sind sie" -, dann müsse man das Entsprechende tun, damit diese auch erworben werden können, betonte er im Blick über den diesbezüglichen Sparkurs der Regierung: "Ich unterstelle jetzt nicht der Regierung, dass sie das nicht sieht. Wir beklagen, dass zum Beispiel viele Frauen in der Migranten-Community nach Jahren, manchmal Jahrzehnten immer noch nicht Deutsch können. Damit sind sie isoliert, auf ihre Community zurückgeworfen. Das sind schon berechtigte Anliegen."
Der Wiener Erzbischof räumte weiters grundsätzliche Probleme im Zusammenleben mit Muslimen ein. Ein entspanntes Verhältnis zum Islam sei heute "schwieriger geworden - Auch aus einem einfachen Grund: der demografischen Entwicklung". Dies lasse sich gut anhand der Wiener Schulklassen demonstrieren. "Schauen Sie in die Wiener Schulen, schauen Sie, wie die demografischen Entwicklungen von Christenkindern und muslimischen Kindern auseinander gehen: Das ist ein ernstes Thema. Es fehlt nicht an islamischen Stimmen, die sagen, Europa sei eine reife Frucht für den Islam. Dagegen gibt es kein generelles Rezept", so Schönborn.
Das seien "nüchterne Fakten", betonte er: "Ich verstehe, dass Menschen sich bedroht fühlen. Aber die Lösung ist nicht, jetzt in eine Panik gegenüber dem Islam auszubrechen."
Großes Bedauern äußerte der Kardinal über das Scheitern einer gemeinsamen europäische Migrationspolitik: "Wir haben nationale Einzelgänge, was verständlich, aber bedauerlich ist. Dieser Mangel an gemeinsamer Politik hat zur Folge, dass es auch keine gemeinsame Politik zur Ursachenbehandlung gibt. Doch hier geht es um Menschen, um Schicksale."
Insgesamt setze er - so Schönborn - bei Härtefällen "auf das direkte Gespräch mit den Verantwortlichen", das allerdings schwieriger geworden sei, und zwar von politischer Seite her. Deshalb habe er beim Bleiberecht öffentlich sehr deutlich Stellung bezogen. Die Frage des humanitären Bleiberechts sei eine Frage, die durchaus im Interesse Österreichs zu stellen sei. "Menschen, für die sich viele eingesetzt haben, die hier Bildung erfahren, die hier arbeiten wollen und gut integriert sind, die sind ein Gewinn für unser Land. Es ist ein Verschleudern von Ressourcen, wenn es für solche Leute über das humanitäre Bleiberecht keine Aufenthaltsmöglichkeit gibt", so der Erzbischof.
Die kirchlich Verantwortlichen suchten dazu das Gespräch mit der Politik. "Ich möchte diese Schiene weiterpflegen, so wie die Sozialpartnerschaft bei uns funktioniert hat. Man setzt sich zusammen und ringt miteinander. Worum ich nur schon bitte, ist die Gesprächsbereitschaft", appellierte Schönborn.
Er erinnerte an seine Kindheit, als das Wort "Flüchtling" mit dem Wort "Helfen" assoziiert wurde. "Was jetzt passiert, sind gleitende Veränderungen, die aufs Erste nicht auffallen, aber plötzlich ist man in einem Sprachset, in dem Worte zu Unworten geworden sind. Wenn das Wort 'Flüchtling' ständig assoziiert wird mit 'Verbrecher', 'Gefährdung', dann geht die Empathie verloren." Da müsse die Gesellschaft aufpassen: "Die Sprache darf nicht jene der Unmenschen werden."
Im Interview sich im "Standard" äußerte sich Kardinal Schönborn auch zur Krise in der Diözese Gurk-Klagenfurt. Kardinal Schönborn sagte, er stelle zum jetzigen Zeitpunkt keine Beurteilung zur Lage in Kärnten an. "Ich kenne manche Vorwürfe, kenne aber auch den Befund des Wirtschaftsprüfers, der sagt, dass nichts passiert ist, was das Bistum wesentlich beeinträchtigt hätte oder ungesetzlich gewesen wäre. Ich habe also kein Gesamtbild. Daher steht mir ein Urteil gar nicht zu."
Der Erzbischof erinnerte an die kirchenrechtliche Situation: "Als Bischof von Wien und Kardinal habe ich auch keinerlei Autorität, über einen anderen Bischof oder eine andere Diözese zu richten. Das zuständige Gremium ist die Bischofskongregation in Rom."
Kardinal Schönborn sieht positiv, dass die vom kanadischen Kurienkardinal Marc Ouellet geleitete Bischofskongregation jetzt aktiv wird: "Es ist gut, dass diese sich mittels einer Visitation ein umfassendes und unparteiisches Bild macht und dann die daraus folgenden Entscheidungen trifft."
Zu den Vorwürfen, die Bischofskonferenz hätte seit 2008 über vieles Bescheid gewusst, aber nicht gehandelt, stellte der Kardinal klar, dass "man die Kompetenz der Bischofskonferenz nicht überschätzen" dürfe: "Sie ist ein Koordinations-, aber kein Kontrollgremium. Sie kann in eine einzelne Diözese nicht hinein regieren. Sie kann keine Bischöfe suspendieren oder Prüfungen durchführen."
Was ein Nachbarbischof tun könne, sei ausschließlich das Erteilen von "brüderlichen Ratschlägen". Die Aufsichtsbehörde sitze hingegen in Rom. Sie sei durch den Nuntius "über besondere Vorkommnisse" zu informieren. Nachsatz des Kardinals: "Im Übrigen kann jeder nach Rom schreiben, wenn er meint, dass Rom handeln müsse - nicht nur Bischöfe, sondern auch der Generalvikar oder das Domkapitel. Sie sind ja mittendrin und wissen am besten Bescheid."