Seit mehr als 25 Jahren betreut die Caritas in St. Gabriel in Maria Enzersdorf Menschen auf der Flucht.
Seit mehr als 25 Jahren betreut die Caritas in St. Gabriel in Maria Enzersdorf Menschen auf der Flucht.
Fünf von insgesamt 15 Jugendlichen im Kloster St. Gabriel in Maria Enzersdorf wurden mit Jahresbeginn volljährig und wurden am 10. Jänner auf Geheiß des Landes an Orte verlegt, wo laut Caritas keinerlei intensivere Betreuung mehr für die Jugendlichen gewährleistet ist.
Der Konflikt zwischen der Caritas der Erzdiözese Wien und dem niederösterreichischen FP-Landesrat Gottfried Waldhäusl in der Causa "Drasenhofen" geht weiter. Bei der Caritas zeigte man sich Samstagmittag, 12. Jänner 2019 über eine Aussendung Waldhäusls vom Morgen sehr überrascht. "Für uns ist in dieser Causa bedauerlicherweise keine Linie des Landesrates mehr nachvollziehbar", betonte ein Caritas-Sprecher in einer Aussendung.
Fünf von insgesamt 15 Jugendlichen im Kloster St. Gabriel in Maria Enzersdorf wurden mit Jahresbeginn volljährig und wurden am 10. Jänner auf Geheiß des Landes an Orte verlegt, wo laut Caritas keinerlei intensivere Betreuung mehr für die Jugendlichen gewährleistet ist. "Wir haben diesen Schritt von Anfang an bedauert und als wenig verantwortungsvoll kritisiert", hieß es am Samstag von Seiten der Caritas: "Wenige Wochen zuvor wurden die Jugendlichen vom zuständigen Landesrat noch hinter Stacheldraht gesperrt und von einem Wachhund bewacht. Nun lässt sie derselbe Landesrat ohne Rund-um-die-Uhr-Betreuung in Quartiere in verschiedenen niederösterreichische Gemeinden verlegen."
"So gesetzeswidrig das Wegsperren im Lager Drasenhofen war, so gedankenlos und wenig verantwortungsvoll ist nun die Unterbringung in normalen Grundversorgungseinrichtungen", hielt die Caritas fest, und weiter: "Als Caritas haben wir von Anbeginn an gesagt, dass wir eine intensivere Betreuung der Jugendlichen für sinnvoll erachten - im Interesse der Jugendlichen und auch im Interesse der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher. Klar war aber auch: Wir haben auf Bitte und im Auftrag des Landes die Betreuung übernommen. Diese Verantwortung können wir nur gemeinsam mit dem Land Niederösterreich tragen. Wir bedauern es vor diesem Hintergrund sehr, dass diese Verantwortung nun an einfache Grundversorgungsquartiere abgeschoben wird. Die politische Verantwortung hierfür trägt jedoch der zuständige Landesrat."
Waldhäusl warf der Caritas in seiner Aussendung u.a. Profitstreben vor. ("Mit überbordender Menschlichkeit argumentieren und damit den Profitgedanken verstecken.") Zum konkreten Vorwurf, der Caritas ginge es lediglich um höhere Tagsätze, konterte die Caritas in ihrer Aussendung: "Es ist völlig zweitrangig, ob diese Jugendlichen von der Caritas oder von einem anderen Träger oder dem Land selbst betreut werden. Entscheidend ist, dass sie gesetzeskonform betreut und nicht sich selbst überlassen sind. Davon abgesehen betrug der vom Land bezahlte Tagsatz in Drasenhofen das 41-fache jenes Betrages, der für die Betreuung der Menschen in Maria Enzersdorf im Raum stand."
Waldhäusl verwies in seiner Aussendung am Samstagmorgen auf eine schriftliche Vereinbarung mit der Caritas, die nach der Verlegung der Flüchtlinge von Drasenhofen nach St. Gabriel angefertigt wurde. Darin sei niedergeschrieben, "dass - aufgrund der hohen Kosten - keinerlei Verlängerungsverträge nach der Volljährigkeit von Bewohnern mehr gemacht und sie daher in Erwachsenenunterkünfte untergebracht werden", so Waldhäusl.
Niedergeschrieben wurde laut dem Landesrat auch, dass die Caritas dem Land Niederösterreich ein entsprechendes Sicherheitskonzept für St. Gabriel vorlegen wird. "Obwohl bereits meinerseits mehrmals urgiert wurde, konnte oder wollte man seitens der Caritas kein dahingehendes Konzept vorlegen und dies ist auch der Grund dafür, dass es für den laufenden Betrieb noch keinen rechtsgültigen Vertrag gibt", so Waldhäusl wörtlich.
Die Caritas konterte in ihrer Aussendung: Waldhäusl beziehe sich offenbar auf ein Gesprächsprotokoll, das im Zuge einer gemeinsamen ersten Begehung in St. Gabriel Anfang Dezember kurz nach Schließung des Lagers in Drasenhofen entstanden sei. Von einem Vertrag bzw. einer Vereinbarung könne aber nicht die Rede sein. "Vertrag gibt es bedauerlicherweise bis heute nicht - obwohl Sicherheits- und Betreuungskonzepte von der Caritas wie gewünscht bereits Mitte Dezember vorgelegt wurden", so die Caritas.
Diese Konzepte seien auch bis heute nicht abgelehnt worden, "sondern es wurden lediglich Nachfragen seitens des Landes gestellt, die bereits am 28. Dezember zur Gänze beantwortet wurden". Den Wunsch des Landes, dass die Bewohner die Unterkunft in St. Gabriel ähnlich wie auch in Drasenhofen lediglich in Begleitung verlassen dürfen, könne man von Seiten der Caritas jedoch nicht nachkommen.
Bei einem persönlichen Gespräch der zuständigen Fachabteilung sei von den Beamten des Landes ebenfalls betont worden, dass dieser Wunsch rechtlich bedenklich wäre, so die Caritas: "Als Caritas sind wir selbstverständlich Gesetzen und jenen Menschen verpflichtet, die von diesen Gesetzen geschützt werden."
Die Caritas verwies in ihrer Aussendung auch auf den Juristen und Menschenrechtsanwalt Manfred Nowak, der ihre Bedenken teile. Die Intention der ständigen Begleitung der Jugendlichen sei laut Nowak eine Beschränkung des Rechtes auf Privatsphäre, "die in der Regel nicht verhältnismäßig ist und daher eine Verletzung des Menschenrechts auf Privatheit darstellt". Und, so Nowak weiter: Darüber hinaus könne auch das Recht auf persönliche Freiheit verletzt werden, wenn der Jugendliche mit Gewalt daran gehindert wird, sich dieser Aufsichtsperson zu entziehen.