In neuem Sammelband äußern sich u.a. Metropolit Arsenios, Caritas-Präsident Landau, Ex-Vizekanzler Busek und Physiker Pietschmann. Schönborn im Vorwort: "Mutige Bekenntnisse regen zum Nachdenken an".
"Warum ich Christ bin": Dieser Frage hinter diesem neuen Buchtitel haben sich 26 bekannte Persönlichkeiten aus den Kirchen, aber auch aus Politik, Wissenschaft und Kultur gewidmet. "Ihre Antworten machen eindringlich die Spannung deutlich, die den christlichen Glauben kennzeichnet", teilte der Patmos-Verlag zu dem von den beiden Wiener Theologen Predrag Bukovec und Christoph Tröbinger herausgegebenen Sammelband mit. Neben den Aspekten, die "das Christliche" ausmachten und allen Christen gemeinsam seien, "ist der gelebte Glaube stark von ganz persönlichen und biografischen Aspekten geprägt".
Freimütig Auskunft, warum sie Christen sind, geben in dem soeben erschienenen Buch u.a. der griechisch-orthodoxe Metropolit von Austria, Arsenios (Kardamakis), Caritas-Präsident Michael Landau, der deutsche Bischof Gerhard Feige, Ex-Vizekanzler Erhard Busek, der Schriftsteller Alois Brandstetter und Physiker Herbert Pietschmann.
Kardinal Christoph Schönborn ging in seinem Vorwort auf ein bemerkenswertes Phänomen in einer Zeit zahlenmäßig kleiner werdender Kirchen ein: Erwachsenentaufen, die in Wien von Jahr zu Jahr zunehmen. Jeder Täufling bringe seine eigene, oftmals verschlungene Glaubensbiografie mit. "Warum bin ich Christ?" sei aber auch eine passende Frage für "routinierte" Gläubige, merkte der Erzbischof an. Wie unterschiedlich die Antworten darauf ausfallen können, bezeugten die "berührenden Einzelzeugnisse" der 26 Autorinnen und Autoren des Sammelbandes. "Mutige Bekenntnisse regen zum Nachdenken an", hielt Schönborn fest. "Möge die Lektüre viele Menschen ermutigen, Spuren Gottes im eigenen Leben zu entdecken."
Der gelernte Biochemiker Michael Landau "outet" sich in seinem Beitrag als "metaphysischer Sonderling", der an das Wort Gottes und gleichzeitig an die Gesetze der Naturwissenschaften glaube. Gott sei für ihn kein Lückenbüßer für noch unerklärbare Dinge - "so als befände Er sich auf einer kleiner werdenden Eisscholle, die der Verstand an den Rändern forschend und denkend abschmilzt". Für den Caritas-Chef ist "der Glaube nicht unvernünftig, wie auch die Liebe nicht unvernünftig ist". Manche Dinge seien "nicht zu dunkel für den Verstand, sondern zu hell, und immer, wenn es in den Kopf hineinpasst, ist es nicht Gott, sondern wohl zu klein".
Dem Umstand, dass der christliche Glauben heute "unter dem Verdacht der Weltabgewandtheit und Problembehaftung" stehe, tritt Landau mit Optimismus entgegen: Die Kirche sei heute nicht mehr in alte Machtsysteme eingespannt, "historischer Ballast" falle mehr und mehr ab. "Somit scheinen mir heute die Chancen, einen erwachsenen und menschenfreundlichen Gottesglauben zu finden, so gut wie schon lange nicht mehr."
Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige berichtet in seinem persönlich gehaltenen Beitrag von seiner katholischen Prägung in der atheistisch bzw. agnostisch dominierten DDR. "Der Staat, in dem ich groß geworden bin, versuchte jegliche Religion und besonders den Einfluss der Kirchen - durch Erziehung, Bildung, Agitation und Propaganda, Abwerbung und Druck - zurückzudrängen. Das ist auch gelungen." Andererseits habe dies auch zu einer bewussteren Auseinandersetzung mit dem und Entscheidung für den christlichen Glauben geführt, so Feige. Er plädierte dafür, als Christen auch heute eine "schöpferische Minderheit" in der Gesellschaft zu bilden. "Wir dürfen nicht müde werden, uns darum zu bemühen, das Evangelium ansteckend zu leben und zu verkünden..."
Dass Religion auch in einer säkularisierten Gesellschaft eine "bleibende Rolle" spielen wird, zeigt sich nach den Worten des früheren ÖVP-Parteichefs Erhard Busek schon allein in der Entwicklung fundamentalistischer Positionen, "die die Mangelerscheinungen dieser unserer Welt sichtbar machen". Auch wenn er seine "Unzufriedenheit mit dem, wie der Glaube realisiert wird, immer wieder artikuliert" habe, spiele Religion im Sinn von "religare" - nämlich "Bindung" - gerade heute eine wichtige Rolle. Dies gelte auch für die Politik, betonte der Ex-Politiker und Intellektuelle.
In der gegenwärtigen Gesellschaft werde der Mensch immer mehr zu einem Individuum, "zu einer Nummer in irgendeinem Register", wies der griechisch-orthodoxe Metropolit Arsenios (Kardamakis) in seinem Beitrag hin. Demgegenüber müsse das Christentum seine "revolutionäre Kraft der Personentheologie" in eine Neuevangelisierung der Gesellschaft stecken. "In diesem Rahmen liebe ich besonders mein Christsein, da für mich der Mensch eben nicht nur eine Nummer ist, sondern eine Person", schrieb Arsenios.
Und der Mensch sei auch keine "Monade", sondern wirke gemeinsam mit anderen in Kirche und Gesellschaft. Nach den Worten des Metropoliten ist es kein Zufall, dass "ecclesia", Kirche im Griechischen, die konkrete Versammlung der Polis bezeichnet und somit eine Versammlung von Personen, die miteinander handeln und in Beziehung, "communio", stehen.
Der Patmos-Band "Warum ich Christ bin. 26 Antworten von Persönlichkeiten der Gegenwart", herausgegeben von Predrag Bukovec und Christoph Tröbinger, umfasst 360 Seiten und kostet 24 Euro.