Der Kardinal ruft zur Reinigung der Kirche von Missbrauch auf
Der Kardinal ruft zur Reinigung der Kirche von Missbrauch auf
Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ruft in Auftaktgottesdienst des Bischofs-Frühjahrstreffens zur Reinigung der Kirche von sexuellem wie auch geistlichem Missbrauch auf - Katholische Frauen protestieren für entschiedene Missbrauchs-Aufklärung und Reformen
Der deutsche Kardinal Reinhard Marx hat die katholische Kirche zu einer Reinigung aufgerufen. "Ich glaube, dass wir an einer neuen Epochenschwelle der Kirche stehen", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Montagabend beim Auftakt-Gottesdienst zum Frühjahrstreffen der Bischöfe. Die Reinigung müsse nicht nur mit Blick auf den sexuellen Missbrauch erfolgen, sondern auch auf den geistlichen Missbrauch. Dieser äußere sich etwa darin, den anderen klein zu machen im Namen Gottes, so Marx in der Pfarrkirche von Lingen.
Der Kardinal warnte vor einer Instrumentalisierung der Religion. Diese lasse sich missbrauchen für politische, kulturelle und ideologische Zwecke. Bei ihrem Weg der Erneuerung müsse die Kirche sehr demütig und selbstkritisch von Gott reden. Das Maß sei die Heiligkeit Gottes - nicht, wie sie sich in Zeremonien spiegele, sondern in der konkreten Wahrnehmung der Nächstenliebe.
Gastgeberbischof Franz-Josef Bode sagte zu Beginn der Feier mit Blick auf die Missbrauchsfälle in der Kirche: "Der Vertrauensverlust ist erschütternd." Die Gläubigen erwarteten zu Recht, dass "Licht ins Dunkel kommt, das uns gefangen hält", so der Osnabrücker Diözesanbischof.
Vor dem Gottesdienst hatten im Vorraum der Kirche rund 20 Gläubige mit selbstgemalten Plakaten gegen Missbrauchsvertuschung, gegen den Pflichtzölibat und für mehr Frauenrechte in der Kirche demonstriert. Die Bischöfe gingen beim Einzug in die Kirche durch das Spalier der demonstrierenden Gläubigen.
Nach der Messe demonstrierten rund 300 Frauen der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) für eine entschiedene Missbrauchs-Aufklärung und Reformen in der Kirche. Sie skandierten die Parole "Licht an" und leuchteten mit ihren Taschenlampen symbolisch die Kirchenfassade an. Auf Transparenten standen Slogans wie: "Kein Amt für Täter", "Vollständige juristische Aufklärung und Strafverfolgung", "Frauen in alle Weihe-Ämter" oder "Opferschutz und Entschädigung der Opfer".
Die kfd-Bundesvorsitzende Mechthild Heil überreichte knapp 30.000 Unterschriften für eine Erneuerung der Kirche an Bischof Bode. Sie waren bei der deutschlandweiten Aktion "#MachtLichtAn" im Dezember 2018 gesammelt worden. Damals hatten sich an mehr als 170 Orten Tausende kfd-Mitglieder, Betroffene und Interessierte zu einer Klageandacht getroffen, um Solidarität mit Missbrauchsopfern zu zeigen.
Das weitere Vorgehen in Umgang und Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der Kirche ist - auch mit Blick auf den Anti-Missbrauchsgipfel im Februar im Vatikan - zentrales Thema der bis Donnerstag angesetzten Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe. Zudem wollen sich die Bischöfe zum Thema Frauen in kirchlichen Leitungspositionen äußern und am Dienstagnachmittag Ergebnisse einer neuen Studie vorstellen. Auf der Tagesordnung steht auch die Auseinandersetzung mit populistischen Strömungen und Parteien. Geplant ist eine Art Leitlinie, wie kirchlicherseits mit Mitgliedern und Sympathisanten von AfD oder Pegida umzugehen ist.