Bischof Krautwaschl warnt u. A. vor klientelbezogener Effekthascherei.
Bischof Krautwaschl warnt u. A. vor klientelbezogener Effekthascherei.
Grazer Bischof eröffnet hochkarätige Tagung über "Das digitale Europa" auf Schloss Seggau
Auf die Ambivalenz der Digitalisierung hat der Grazer Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl beim Pfingstdialog "Geist&Gegenwart" auf Schloss Seggau hingewiesen. "Wir konnten in den vergangenen Wochen erleben, welche Bedeutung digitale Medien für den politischen Diskurs und für unsere Demokratie haben können", sagte er am Mittwochabend in seinem Grußwort bei der Eröffnung der zum achten Mal vom Land Steiermark im bischöflichen Bildungszentrum veranstalteten Tagung. Digitalität sei für jede und jeden Gabe und Aufgabe zugleich - "ob wir wollen oder nicht". Sie öffne neue Räume der Begegnung, des Wissenstransfers und der Demokratisierung über Grenzen hinweg, so Krautwaschl. Zugleich berge sie freilich die "Gefahr isolierender Pathologien und klientelbezogener Effekthascherei".
Der diesjährige Pfingstdialog von 5. bis 7. Juni stehe jedenfalls unter dem "bedrängend aktuellen" Leitwort "Das digitale Europa". Der Grazer Bischof erhofft sich davon, wie er sagte, einen profilierten und interdisziplinären Diskurs über Perspektiven und Herausforderungen der Digitalisierung und vor allem einen Beitrag zu "mehr Mitmenschlichkeit im globalen Kontext". Zum programmatischen Untertitel "No borders, no limits?" erinnerte Krautwaschl an ein Zitat des selbst medial sehr aktiven Papst Franziskus: "Wir hatten schon eine Mauer, die in Berlin, und die hat uns genug Kopfzerbrechen und Leid gebracht." Er hoffe, dass 30 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer vom diesjährigen Pfingstdialog viele Impulse ausgehen, "um analoge und digitale Mauern zwischen Menschen und Gemeinschaften abzubauen", so der Bischof.
Das kirchliche Bildungszentrum Schloss Seggau in der Südsteiermark sei dazu durch seine Lage nahe an der Grenze zu Italien, Slowenien und Ungarn prädestiniert. An diesem "weithin ausstrahlenden Ort des Diskurses" finden regelmäßige Tagungen von internationalem Format wie die "International Summer School Seggau" und die "Seggauer Gespräche zu Kirche und Staat" statt, erinnerte Krautwaschl. Im Ensemble mit dem Pfingstdialog stünden dabei jeweils aktuelle Fragen in Hinblick auf eine vitale Gesellschaft im europäischen Horizont im Mittelpunkt.
Beim Pfingstdialog "Geist&Gegenwart" tauschen sich bis Freitag hochkarätige Fachleute aus Wissenschaft, Politik, Kirche, Kultur und Medien aus; Teilnehmende sind u.a. der deutsche Philosoph Peter Sloterdijk, ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz, der deutsche Moraltheologe Eberhard Schockenhoff, die IT-Fachleute Tim Cole und Ingrid Brodnig, der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer und als prominenter kirchlicher Referent der Salzburger Erzbischof Franz Lackner, der am Freitagvormittag zum Thema "Digitalisierung und Menschenbild" spricht.
Ausgangspunkt der Tagung sind die mit der zunehmenden Digitalisierung verbundene "ungeahnte Veränderung unseres Lebens", wie es im Programm heißt. Möglichkeiten des 3D-Drucks, autonome Fahrzeuge, Robotik oder Künstliche Intelligenz und deren scheinbar grenzenlose Möglichkeiten würden zu einem "neuen Angesicht Europas" führen. Damit einher gingen Fragen wie: Sind diese Entwicklungen (noch) steuerbar? Wie muss sich Europa im globalen Wettbewerb aufstellen? Welche ethischen und sozialen Herausforderungen bringt die Digitalisierung und welche Begrenzungen sind nötig.