Der Vatikan kritisiert eine „Gender-Ideologie, die den Unterschied und die natürliche wechselseitige Ergänzung von Mann und Frau leugnet“.
Der Vatikan kritisiert eine „Gender-Ideologie, die den Unterschied und die natürliche wechselseitige Ergänzung von Mann und Frau leugnet“.
Kritik an "angeblich neutralen" Konzepte, die jedoch ein bedenkliches Menschenbild widergäben.
Der Vatikan hat am Pfingstmontag, 10. Juni 2019 eine kritische Stellungnahme zum Thema Gender veröffentlicht. Das Dokument kritisiert unter anderem Gender-Vorstellungen, die "Manipulationen des Körpers nach Belieben" befürworten.
Das von der katholischen Bildungskongregation herausgegebene, mehrseitige Dokument wirbt für die katholische Lehre der unterschiedlichen Identität von Mann und Frau und die christliche Vorstellung von Familie. Es steht unter dem Titel "Maschio e femmina li creo. Per una via di dialogo sulla questione gender nell'educazione" (Als Mann und Frau schuf er sie. Für einen Weg des Dialogs zur Genderfrage in der Bildung).
Das Schreiben soll dementsprechend einen Dialog über das Thema anregen. Im Text wird auch betont, dass bei Erziehung und Bildung stets Respekt gegenüber allen Menschen zu lehren sei, unabhängig von ihrer persönlichen Situation, unter anderem etwa in Bezug auf den Glauben oder persönliche "Gefühlsneigungen".
Was Gefühlsleben und Sexualität angehe, herrsche ein "wahrhaftiger Bildungsnotstand" heißt es in der Einleitung des 57 Punkte umfassenden Dokuments. In vielen Fällen würden "angeblich neutrale" Konzepte vermittelt, die in der Realität ein Menschenbild widergäben, das "dem Glauben und der lauteren Vernunft" widerspreche.
Zur besseren Vermittlung der katholischen Gendervorstellung nimmt das Schreiben besonders Familien sowie katholische Bildungseinrichtungen in die Pflicht. Dies sollten selbst Vorbild sein, müssten jedoch auch besser auf aktuelle Entwicklungen und Diskussionen zu dem Thema vorbereitet werden. Das Dokument wurde am Montagnachmittag in mehreren Sprachen veröffentlicht; eine deutschsprachige Version gab es zunächst nicht.
Skeptische Äußerungen zur Gender-Theorie gab es zuvor bereits in Papst Franziskus' Schreiben zu Ehe und Familie "Amoris laetitia". "Die menschliche Identität wird einer individualistischen Wahlfreiheit ausgeliefert, die sich im Laufe der Zeit auch ändern kann", heißt es in dem Lehrschreiben von 2016. Zu dem Thema haben sich zudem bereits einige Bischofskonferenzen geäußert, etwa die von Frankreich, Brasilien oder den USA.
Das jüngste Dokument des Vatikan zum Thema Gender soll nach Aussage des verantwortlichen Kardinals vor allem zu einer fundierten Auseinandersetzung in katholischen Bildungseinrichtungen beitragen. Der am Montag veröffentlichte Text sei weniger eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Gender-Theorien und -forschung, sagte der Leiter der Bildungskongregation, Giuseppe Versaldi, dem Portal "Vatican News" am Mittwoch, 12. Juni.
Kritiker werfen dem Text zum Teil vor, er berücksichtige nicht den aktuellen Stand der Diskussion oder ignoriere auch Betroffene aus der LGBT-Bewegung. Veranlasst sei der Text, so Versaldi, durch Anfragen von Schulen, Universitäten, aber auch Bischofskonferenzen aus vielen Teilen der Welt.
Das Dokument wolle daher Mitarbeitern im Bildungsbereich "eine Möglichkeit zum Dialog geben", um zwei Extreme zu vermeiden: "einerseits, zuzulassen, dass diese immer weiter vordringende Ideologie, die sich als wissenschaftlicher Fortschritt tarnt, auch unsere Institutionen durchzieht, oder, auf der anderen Seite, sich in einer Verteidigungshaltung zu verschanzen, die diejenigen ausschließt, die anders denken, obwohl doch unsere Schulen offen für den Dialog sind."
Vielerorts würden Verantwortliche von Bildungseinrichtungen mit einer Gender-Ideologie konfrontiert, die "in extremster Ausprägung, jedweden Unterschied zwischen Mann und Frau leugnet". Mitunter stützten diese sich nur "auf Slogans, ohne sich auf wissenschaftliche Beweise oder eine rationale Begründung stützen zu können", kritisierte Versaldi. Umgekehrt müsse auch die Kirche "vielleicht einige allzu festgefahrenen Positionen zur Natur (des Menschen) korrigieren, die die kulturellen Aspekte völlig außer Acht lassen".