Abgrenzung sei nicht der Weg Jesu.
Abgrenzung sei nicht der Weg Jesu.
Wiener Weihbischof bei Dekanatswallfahrt: "Christliche Werte" bestehen nicht in Nationalismus oder Heimatbewusstsein, sondern in Feindesliebe und Bereitschaft, andere zu akzeptieren.
"Christliche Identität entsteht nicht durch Abgrenzung", sondern vielmehr dadurch, dass man - orientiert an Jesus Christus - lernt, "den Anderen als anderen zu akzeptieren". Das hat der Wiener Weihbischof Stefan Turnovszky bei einem Gottesdienst am Pfingstmontag betont. Bei einer solchen Suche nach Identität gelte es, weder die eigene Individualität "in einem allgemeinen Wir aufzulösen", noch der Versuchung zu erliegen, sich von "den anderen" permanent abzugrenzen oder sie zu Feindbildern zu stilisieren, so Turnovszky.
Anlass zur Sorge bestehe laut Turnovszky auch immer dort, wo Begriffe wie Heimat oder Nationalität unter dem Label "christliche Werte" beschworen würden. Dies sei "nicht der Weg Jesu". "Ich erschrecke oft, wenn ich höre, was manche Leute unter christlichen Werten verstehen", räumte der Bischof ein. Antworten wie "Heimatpflege" oder "Brauchtumspflege", auch die Betonung einer Einheit von Nation und Religion oder Sprache seien verkürzend und würden nicht jenem Programm gerecht, das Jesus etwa in der Bergpredigt grundgelegt habe. Demnach seien etwa die Hingabe für die Freunde, die Feindesliebe, der Verzicht auf Aggression die wahren christlichen Werte. Diese verinnerliche man nicht etwa durch Ausgrenzung oder Betonung des Eigenen, sondern durch "Freundschaft mit Jesus" und durch die Erkenntnis, "dass das Christentum auf Beziehung aufbaut - die Beziehung zu Gott und zum Nächsten".
Der Gottesdienst am Montag bildete den Abschluss einer großen Wallfahrt des Wiener Dekanats Marchfeld nach Kopfstetten (NÖ) zur Wallfahrtskirche Maria Schutz. Mit der Wallfahrt endete zugleich auch eine Visitation des Dekanates. An dem Gottesdienst nahmen Vertreter der lokalen Politik sowie alle Priester und Diakone des Dekanates, Pfarrgemeinderäte und zahlreiche weitere Gläubige teil. Den Pfarren, die er im Rahmen der Visitation besucht hatte, attestierte Turnovszky, "ganz nah dran zu sein" an den "großen Fragen, die zugleich ganz normal sind": Dies seien die Fragen nach der Zukunft der Kirche, nach der Jugend oder der gesellschaftlichen Entwicklung.