Neuer Lebensmut durch Fußball: Helia Mirzaei (l.), Trainerin Emily Cancienne (m.) und Mitspielerin Saleha Kashfi (r.).
Neuer Lebensmut durch Fußball: Helia Mirzaei (l.), Trainerin Emily Cancienne (m.) und Mitspielerin Saleha Kashfi (r.).
In Großbritannien startet in Kürze eine ganz besondere Fußball-Weltmeisterschaft: Mit Teams aus Obdachlosen, ehemaligen Drogensüchtigen und Flüchtlingen. Mit dabei ist erstmals auch ein Frauen-Team aus Österreich.
Der Homeless World Cup (HWC) findet vom 27. Juli bis zum 3. August 2019 in Cardiff in Großbritannien statt. Erwartet werden mehr als 500 Spieler und Spielerinnen aus etwa 51 Nationen. Die Idee dieser sozialen Fußball-Weltmeisterschaft stammt aus Österreich, das Turnier wurde erstmals 2003 in Graz ausgetragen. Ziel ist es, Menschen, die vom Rand der Gesellschaft kommen, wieder zurück in die Mitte der Gesellschaft zu helfen: Obdachlosen, Flüchtlingen und Menschen mit Alkohol- oder Suchtproblemen. Dieses Jahr ist zum allerersten Mal - neben dem Männerteam - auch ein Frauenteam aus Österreich mit dabei. Einige der Spielerinnen haben belastende Schicksalsschläge erlebt.
Eine von ihnen ist Helia Mirzaei. Sie ist vor knapp vier Jahren als Flüchtling aus dem Iran nach Österreich gekommen. Gemeinsam mit ihrer kleinen Tochter und ihrem Mann begab sie sich damals auf eine lebensgefährliche Flucht, wie sie sagt: „Ich war damals 17 Jahre alt. Ich sah Menschen, die mit mir zusammen auf der Flucht waren, vor meinen Augen sterben. Ich wusste nicht, ob ich selbst diesen Weg überlebe.“ Über die Gründe und über die genauen Umstände ihrer Flucht möchte die heute 21-Jährige nicht sprechen. Aber dafür über ihre große Leidenschaft: das Fußball-Spielen.
Als Neuankömmling in einem österreichischen Flüchtlingsheim, entdeckte Helia die Begeisterung zu diesem Sport: „Im Innenhof der Flüchtlingsunterkunft habe ich den Burschen immer beim Fußballspielen zugeschaut. Doch einmal bin ich plötzlich aufgestanden und habe mir einfach den Ball genommen und habe angefangen, mit zu spielen.“
Doch die Passion zum Fußball hat Helia bereits seit ihrer eigenen Kindheit, erinnert sie sich: „Im Iran habe ich mit meinen Brüdern oft auf der Straße gespielt, doch meine Eltern waren davon überhaupt nicht begeistert. Sie sagten immer, dass ich damit aufhören soll und dass das kein Sport für Mädchen ist.“
Die Liebe zum Fußball hat auch zu Konflikten mit ihrem Ehemann geführt, wie sie weiter erzählt. Auch in seinen Augen war Fußball stets ein Männersport. Trotzdem ist Helias Liebe zu diesem Ballsport so groß, dass er alle Hürden überwunden hat. „Ich trainiere mittlerweile seit drei Jahren mindestens dreimal pro Woche, manchmal sogar jeden Tag. Ich fühle mich durch diesen Gruppensport viel besser. Früher habe ich mich oft geschämt, eine Frau zu sein, jetzt bin ich genau darauf sehr stolz. Ich muss stark bleiben, nicht nur für mich, sondern besonders für meine Tochter“, erklärt Helia selbstsicher. Mittlerweile ist sie auch Co-Trainerin einer Kinderfußballmannschaft für unter 14-Jährige in Wien.
Aber besonders freut sie sich über die Chance am Homeless World Cup als Nationalspielerin für Österreich teil zu nehmen. Besonders der Zusammenhalt in der Mannschaft stärkt sie und gibt ihr Kraft, wie sie strahlend erzählt: „Wir haben immer ganz viel Spaß. Manchmal geht es während des Trainings aber auch sehr diszipliniert und ernst zu. Doch wenn ich dann darüber nachdenke, ist das auch notwendig, damit wir uns verbessern.“ Wenn das Training besonders anstrengend und herausfordernd war, dann „fühle ich mich danach gleich besser“, betont Helia.
Für die Teilnehmerinnen am Homeless World Cup könnten sich offensichtlich auch neue Zukunftschancen ergeben, wie die Veranstalter bei einer Pressekonferenz betonen. Demnach gibt es die Möglichkeit, dass Spielerinnen bei den Hauptsponsoren diverse Praktika absolvieren.
Ob Helia ein solches Praktikum absolvieren wird, bleibt abzuwarten. Aber auch unabhängig davon hat ihr das Fußball-Spielen ein Stück weit Emanzipation geschenkt, sodass sie selbstsicher sagt: „Glaubt an euch und lasst euch von Männern nicht unterdrücken. Macht das, was Ihr gerne wollt!“
Wir drücken Helia und dem gesamten Team die Daumen für den Homeless World Cup und freuen uns, dass Fußball in dem Fall offensichtlich mehr ist als reiner Sport!