Enger Freund des Papstes: Kardinal Claudio Hummes.
Enger Freund des Papstes: Kardinal Claudio Hummes.
Er bestärkte den frisch gewählten Papst, sich Franziskus zu nennen - Zuletzt war es stiller um den Brasilianer geworden, vor der Amazonas-Synode ist wieder von ihm zu hören
Ohne Claudio Hummes gäbe es vielleicht gar keinen Papst Franziskus. Der brasilianische Kurienkardinal, der am Donnerstag sein 85. Lebensjahr vollendet hat, war es, der den argentinischen Erzbischof Jorge Mario Bergoglio in der Sixtinischen Kapelle auf die Idee brachte, sich als erster Papst in der Geschichte nach dem heiligen Franz von Assisi zu benennen. So berichtete es zumindest Franziskus selbst drei Tage nach seiner Wahl vor Journalisten. "Vergiss die Armen nicht", habe Hummes ihm gesagt. Franziskus beherzigt die Bitte seines Freundes ganz offensichtlich.
Der aus einer deutschen Einwandererfamilie stammende Hummes, der selbst dem Franziskanerorden angehört, bekleidete von 2006 bis 2010 einen der einflussreichsten Posten im Vatikan: Er war Präfekt der Kleruskongregation und damit für einen großen Teil der damals rund 275.000 Diözesanpriester in der Weltkirche zuständig. Zuvor leitete er mit der sechs Millionen Katholiken zählenden Diözese Sao Paulo in Brasilien acht Jahre lang eine der größten Diözesen der Welt.
Seinen größten Auftritt hatte Hummes drei Jahre nach seiner Pensionierung: Am Abend des 13. März 2013, als er gemeinsam mit dem soeben gewählten Papst Franziskus und dem Kardinalvikar des Bistums Rom, Agostino Vallini, auf den mittleren Balkon des Petersdoms vor die Weltöffentlichkeit trat. Der Papst wollte seinen Freund Hummes in diesem entscheidenden Augenblick offenbar nicht missen.
Die beiden sind seit vielen Jahren befreundet; Hummes zählt nach wie vor zu den Beratern des Papstes aus Argentinien. In der Öffentlichkeit äußerte sich der frühere Kurienkardinal, der heute wieder in Brasilien lebt, lange Zeit nicht mehr. Vor der im Oktober tagenden Amazonien-Synode ist jedoch wieder von ihm zu hören. Papst Franziskus ernannte Hummes, der Präsident des kirchlichen Panamazonien-Netzwerks REPAM ist, in eine der Spitzenfunktionen für die von 6. bis 27. Oktober in Rom angesetzte Synode: Als Generalrelator hat der brasilianische Kardinal eine Schlüsselfunktion für die inhaltliche Arbeit und Erstellung des Abschlussdokuments.
In einem Interview der Jesuiten-Zeitschrift "Civilta Cattolica" sprach sich Hummes zuletzt für eine Öffnung der Kirche aus. "Wir bauchen dringend Neues, ohne Angst und Widerstand", sagte Hummes. Alt und neu müssten sich verbinden. Die Synode diene dazu, neue Wege aufzuzeigen, wo sie sich als notwendig erwiesen.
Der Kardinal unterstützt eine "indigene Kirche", die ihre eigene Kultur, Identität, Geschichte und Spiritualität hat und zugleich mit der katholischen Weltkirche geeint ist. Die anstehende Synode lege Nachdruck auf die Verschiedenheit innerhalb der Einheit der Kirche. Dafür seien Amazonien und die Kirche dort ein Beispiel, das von der übrigen Kirche offen aufgenommen werden sollte.
Im Juni nahm Hummes in Rom an einem theologischen Vorbereitungstreffen zur Amazonien-Synode teil. Unter den weiteren Teilnehmern waren Synoden-Generalsekretär Kardinal Lorenzo Baldisseri, Amazonas-Bischof Erwin Kräutler, der deutsche Bischof Franz-Josef Overbeck oder der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper. In ihrer Kritik an dem vermeintlichen "Geheimtreffen" subsumierten einschlägig traditionalistische Internet-Blogs Hummes, dessen Vorfahren aus dem Hunsrück stammen, sogleich unter "den Deutschen", die der Kirche ein progressistisches Antlitz verpassen wollten.
Hummes, am 8. August 1934 im brasilianischen Montenegro geboren, wurde 1958 zum Priester geweiht. Nach einem Theologie-Studium in Brasilien ging der Franziskaner von 1959 bis 1963 zum Philosophie-Studium nach Rom.
Nach einigen Jahren als Philosophieprofessor in seinem Heimatland kehrte er 1968 nach Europa zurück, wo er am Ökumenischen Institut Bossey in Genf studierte. Nach seiner abermaligen Rückkehr nach Brasilien war er unter anderem Ordensprovinzial der Franziskaner von Rio Grande do Sul.
Von 1979 bis 1990 war er nationaler Assistent für die Arbeiterseelsorge der Brasilianischen Bischofskonferenz. Obwohl sozialpolitisch sehr engagiert, ist Hummes wie Franziskus kein Anhänger der klassischen Befreiungstheologie. Bisweilen wird er wie der Papst einer "Theologie des Volkes" zugerechnet, einer besonderen Spielart der Befreiungstheologie mit starkem Akzent auf Volksfrömmigkeit.
1975 bereits war Hummes 39-jährig von Paul VI. zum Bischof von Santo Andre ernannt worden, 1996 wurde er Erzbischof von Fortaleza, von 1998 bis 2006 dann von Sao Paulo. Johannes Paul II. ernannte Hummes 2001 zum Kardinal. Als solcher kam er beim Konklave 2013 neben seinem Amtsbruder aus Buenos Aires zu sitzen - und flüsterte diesem, als die Stimmauszählung auf Bergoglio zulief, zu: "Vergiss die Armen nicht!"