Bischof Egon Kapellari
Bischof Egon Kapellari
Früherer Grazer Bischof würdigt steirisches Dr.-Karl-Kummer-Institut anlässlich seiner Gründung vor 40 Jahren.
Die gegenwärtigen globalen Herausforderungen können bewältigt werden, wenn Menschen mit realistischem Idealismus und der Bereitschaft zum Kompromiss und zu Allianzen zusammenwirken. Das unterstrich der emeritierte Grazer Bischof Egon Kapellari am Sonntag in Graz bei der Feier zum 40-Jahr-Jubiläum des steirischen Dr.-Karl-Kummer-Instituts.
Im heutigen Panorama der Weltreligionen befasse sich besonders das Christentum im Ganzen intensiv mit der Frage nach mehr sozialer Gerechtigkeit und mit der Frage, wie den massiven Bedrohungen für das Leben und Überleben begegnet werden müsse. Papst Franziskus zeige sich dabei als "Political big player" und ernte sowohl Zustimmung als auch Kritik, wie der Bischof beim Adventgespräch des Instituts im Haus der Kammer für Arbeiter und Angestellte befand.
"Die ganze Menschheit und in ihrer Mitte die ganze Christenheit und zumal die katholische Kirche sind heute in einer großen Suchbewegung unterwegs in die Zukunft", so die situations- und epochendiagnostische Anmerkungen eines "Elder Churchman", wie der Bischof selbst sagte. Es gebe dabei wehtuende und bedrohliche Abbrüche, aber auch viele Aufbrüche zu Neuem. "Es gibt alte und neue Ängste und manches davon ist auch rational stark begründet. Nicht jeder Widerstand gegenüber manchen Entwicklungen kann ja simpel als reaktionär-konservativ abgetan werden." In Europa und weltweit gebe es aber auch "ungemein viel Positives, viel edlen Humanismus, der auch die Grenzen von Religionen und Weltanschauungen öffnet und übersteigt, ohne die eigene Identität aufzugeben".
In dieser Generalsituation seien gerade auch heute "Allianzen und Kompromisse notwendig, weil möglich. Dies freilich ohne Naivität und ohne Preisgabe fundamentaler Werte und Ideale", betonte der frühere Grazer Bischof und sagte: "Für ernsthafte Christen geht oder ginge es dabei um einen realistischen Idealismus in der produktiven Spannung zwischen den unverzichtbaren Idealen der neutestamentlichen Bergpredigt als bleibendem Ziel und der irdischen Wirklichkeit in ihrem Ineinander von Gut und Böse, von Schwerkraft und Gnade."
Vor diesem Hintergrund würdigte der Bischof das Dr.-Karl-Kummer-Institut für die gelebte "Verbindung von Theorie und Praxis, im Zusammenwirken von Universitätsangehörigen und Betriebsräten, aber auch im Dialog mit Kirchenvertretern", die in den vergangenen 40 Jahren "sehr produktiv" gewesen sei. Dank gebühre besonders dem Präsidenten des Instituts, Kurt Jungwirth, dessen jahrzehntelanges Wirken inmitten von Kirche und Gesellschaft eine "ungemein reiche Ernte" erbracht habe.
Das Grazer "Karl Kummer-Institut" für Sozialpolitik und Sozialreform begeht heuer sein 40-jähriges Bestehen. Als Zweigstelle des seit 1953 in Wien bestehenden Instituts wurde es im Frühjahr 1979 auf Initiative des damaligen Landtagspräsidenten Franz Wegart, des damaligen Landesrates Kurt Jungwirth, sowie des damaligen ÖAAB-Landesobmannes und jetzigen Landeshauptmannes Hermann Schützenhöfer gegründet, der ebenfalls an der Feier teilnahm. Das steirische "Kummer-Institut" knüpfte bei seiner Gründung an einen bereits in den 1960er-Jahren vom steirischen Sozialpolitiker Hans Vollmann gegründeter Verein an. Der Grundgedanke des "Kummer-Instituts" ist es, die sozialreformerischen Aktivitäten und Ideen des 1967 verstorbenen Wiener Sozialpolitikers Karl Kummer fortzuführen und auf der Basis der Katholischen Soziallehre eine Plattform für verschiedene sozialpolitische Anliegen zu sein.