HRn Mag. Andrea Pinz. Leiterin des Erzbischöfliches Amt für Schule und Bildung und
Dr. Birgit S. Moser-Zoundjiekpon, MA, Leiterin der Abteilung Recht
HRn Mag. Andrea Pinz. Leiterin des Erzbischöfliches Amt für Schule und Bildung und
Dr. Birgit S. Moser-Zoundjiekpon, MA, Leiterin der Abteilung Recht
Andrea Pinz, Leiterin des Erzbischöflichen Amtes für Schule und Bildung, und Birgit Moser-Zoundjiekpon, Leiterin der Projektgruppe zur ReligionslehrerInnen-Studie, über die Ergebnisse und Folgerungen aus der ReligionslehrerInnen-Studie.
Über welche Ergebnisse der Studie der Religionslehrerinnen und Religionslehrer 2018 freuen Sie sich besonders?
„Sie wollen zufrieden leben? Werden Sie ReligionslehrerIn in Österreich“. So hat Prof. Christoph Jacobs, Leiter der Studie gemeinsam mit Dipl. Psych. Andreas Günther und Prof. Arndt Büssing, die Ergebnisse bei einer der ersten Präsentationen auf den Punkt gebracht.
Die ReligionslehrerInnen in der Erzdiözese Wien haben eine sehr hohe Lebenszufriedenheit, eine gute Berufszufriedenheit und einen guten Gesundheitszustand. Das freut uns natürlich.
Erwähnenswert ist auch, dass ReligionslehrerInnen laut der Studie der Forschungsgruppe der Theologischen Fakultät Paderborn und der Universität Witten/Herdecke hohe Werte in der Fähigkeit zur sozialen Vernetzung haben.
Das zeigt uns, dass sie zum einen für sich persönlich in ihrem Umfeld gute Unterstützung und Begleitung vorfinden, zum anderen aber auch wahrnehmen, dass ihre Aufgabe für die Schule und die Gesellschaft im Gesamten bedeutsam ist. Das ist für uns als Kirche eine wirklich positive Rückmeldung.
Welche Ergebnisse machen Ihnen eher Sorgen?
Überrascht hat uns das Ergebnis, dass ReligionslehrerInnen vor allem in den ersten Berufsjahren einer überdurchschnittlichen Belastung ausgesetzt sind. Mittlerweile hat sich diese Tendenz in aktuellen deutschen Studien für LehrerInnen anderer Gegenstände bestätigt.
Dieses Ergebnis bedarf für uns im Schulamt einer sorgfältigen Reflexion. Generell erwartet man ja eher, dass junge Menschen am Anfang ihres beruflichen Weges gut belastbar, widerstandsfähig und resilient sind.
Drei Ergebnisse sind darüber hinaus zwar nicht besorgniserregend, bieten aber jedenfalls Anlass zum Analysieren und Reagieren:
Welche Konsequenzen ergeben sich für das Schulamt im Hinblick auf diese Studie?
Die Ergebnisse der Studie verstehen wir als Auftrag, Maßnahmen und Angebote zur Sicherung der Berufszufriedenheit und Gesundheit der ReligionslehrerInnen zu setzen.
Strategische Überlegungen zur strukturellen und religionspädagogischen Weiterentwicklung des Unterrichts stellen besonders aktuelle Herausforderungen dar und wir erleben es als unterstützend, dass die authentischen Ergebnisse der Studie nun in diese Prozesse einfließen.
Die Zusammenarbeit mit den Ausbildungsinstitutionen (Kath.-Theol. Fakultät und KPH Wien/Krems) wird immer essentieller. So sollen sich Studierende gezielt mit den Rahmenbedingungen auseinandersetzen, die sie in ihrem beruflichen Alltag vorfinden werden, und ein realistisches Bild ihrer beruflichen Zukunft entwickeln.
Bewährt haben sich auch Formate wie etwa das Entwicklungsgespräch, eine Form des Mitarbeitergespräches, das die FachinspektorInnen für die Lehrenden anbieten.
Und als Highlight am Ende eines Schuljahres erweist sich bereits seit einigen Jahren eine mehrtägige Fußwallfahrt für ReligionslehrerInnen. Sie verbindet den Bewegungsaspekt mit vielfältigen spirituellen Elementen. Die Studie hat uns auch gezeigt, dass spirituelle Verwurzelung, gemeinschaftliche Verbundenheit und berufliches Engagement in vielerlei Hinsicht korrespondieren.
Aus der Kooperation mit der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/ Krems und der Berufsgemeinschaft der ReligionslehrerInnen ist eine Reihe an Fortbildungsangeboten entstanden, deren Fokus auf Coaching und Maßnahmen der Gesundheitsförderung wie Burn-Out-Prophylaxe liegt.
Wo sehen Sie besonderen Entwicklungsbedarf?
Bereits seit längerer Zeit setzen wir in der Erzdiözese Wien verschiedene Initiativen, den diakonischen Dienst der ReligionslehrerInnen bewusst zu machen. Sowohl kircheninterne als auch gesellschaftliche Wahrnehmung und Wertschätzung dessen, was im Religionsunterricht geleistet wird, soll weiter verbessert werden, das ist auch ein großes Anliegen der Diözesanleitung. Es ist ja schließlich keine Kleinigkeit, dass unsere PädagogInnen allein in der Erzdiözese Wien in insgesamt 20.000 Stunden pro Woche Kirche in die Schulen und zu den jungen Menschen bringen.
Welche Rolle spielt dabei auch die Förderung der Spiritualität?
Menschen, die spirituelle Erfahrungen machen und religiös verwurzelt sind, erleben laut den Studienergebnissen ihre Arbeit als bedeutsamer und vielfältiger, gehen Probleme offensiver an, sind innerlich ausgeglichener und psychosomatisch weniger belastet.
Spiritualität kann also positiv unterstützend sein, ist aber kein Präventionsprogramm. Seitens des Schulamtes werden spirituelle Angebote in besonderer Weise gefördert. Besonders hingewiesen werden soll darauf, dass durch das Schulamt eine finanzielle Unterstützung für Exerzitien möglich ist.
Bei Interesse ersuchen wir um direkte Kontaktaufnahme.
Möglichkeiten für Exerzitien, die sich auch an Laien richten, sind unter www.priesterexerzitien.de abrufbar.
Die Religionslehrerinnen- und -lehrer-Studie zeigt eine gute Berufszufriedenheit und zugleich recht gesunde Lehrer. Der Paderborner Pastoralpsychologe Christoph Jacobs über die Ergebnisse der Studie.
„Unsere Studie hatte von der Beteiligung her einen ausgesprochen hohen Rücklauf und bringt damit auch repräsentative Ergebnisse“, sagt der Studienautor Univ.-Prof. Christoph Jacobs, Priester und Diplompsychologe. Jacobs lehrt als Professor für Pastoralpsychologie und Pastoralsoziologie an der Theologischen Fakultät Paderborn und leitete die Studie im Auftrag des Schulamtes der Erzdiözese. „Das erste und markanteste Ergebnis über die Religionslehrerinnen und -lehrer in Wien: Sie sind hoch lebenszufrieden, sie sind gut arbeitszufrieden. Sie haben einen normalen Gesundheitszustand und kein Burnout“, sagt Jacobs im Gespräch mit dem SONNTAG.
Bei der Studie haben an die 650 Religionslehrerinnen und -lehrer mitgemacht, das sind rund 45 Prozent. „Eine der Stärken der Religionslehrerinnen und -lehrer ist zunächst, dass sie im Vergleich mit anderen Berufsgruppen mit einem guten Status in die gegenwärtige Gesellschaft hineinwirken können“, unterstreicht der Professor für Pastoralpsychologie und Pastoralsoziologie: „Diese Stärke ist vor allem ihre persönliche Spiritualität. Sie ist eine wichtige Motivationskraft, die sie trägt, um diesen Beruf ausüben zu können.“
Der wichtigste Entwicklungsbedarf, den die Religionslehrerinnen und -lehrer haben, ist „die Notwendigkeit, ihre Gestaltungs- und Durchsetzungskraft weiter zu fördern, so dass sie in die Lage versetzt werden, den Herausforderungen, die aus dem pastoralen Wandel erwachsen, ihr Durchsetzungsvermögen entgegensetzen können“. Damit sie sagen können: Wir wissen, was wir können, wir wissen, was wir wollen, und wir werden jene Dinge, die uns wichtig sind, auch anbieten und erreichen.
„Um diese Ziele erreichen zu können, muss das Schulamt an den Rahmenbedingungen arbeiten“, betont Jacobs: „Es soll Förderungsmöglichkeiten anbieten, zum Beispiel für Gesundheit, für die persönliche menschliche Entwicklung und für Kompetenzentwicklung im Lehrerberuf“.
Jacobs über die Gesundheit unserer Religionslehrerinnen und -lehrer?
„Der Gesundheitszustand ist im Vergleich zu anderen Lehrerinnen und Lehrern, sowohl in Deutschland als auch in Österreich, vergleichsweise gut“, unterstreicht Jacobs: „Die im Lehrberuf so häufig diskutierte Burnout-Gefährdung ist in diesem Maße bei den Religionslehrerinnen und -lehrern in dem Maße gar nicht vorhanden. Wir haben tatsächlich nur ein Prozent Religionslehrerinnen und -lehrer, die im Burnout-Status sind. Das ist ausgesprochen wenig.“ Dann gibt es eine Gruppe von ungefähr zehn Prozent, „von denen wir sagen müssen: Da muss man hinschauen, dass sie nicht in einen Burnout-Status kommen, denn sie haben eine Burnout-Gefährdung“, sagt Jacobs. Das sei aber im Vergleich zu anderen Lehrer-Berufen vergleichsweise reduziert.
Welche Note Jacobs unseren Religionslehrern geben würde?
„Im Hinblick auf die Lebensqualität eine zwei oder sogar besser, zumindest, was die Lebenszufriedenheit, die Zufriedenheit mit dem Beruf und das eigene Selbstverständnis angeht. Die Fähigkeit, sich im Alltag durchzusetzen und sich gegen Widerstand zu engagieren ist allerdings maximal befriedigend. Da muss zugelegt werden“, so fasst Jacobs seine „Noten“ zusammen.
„Ich würde daher sehr stark an der Lebenssicherheit der Religionslehrerinnen und -lehrer arbeiten. Sie erbringen eine Dienstleistung für die Gesellschaft, die andere nicht anbieten, da würde ich investieren“, betont der Studienautor: „Und auch investieren, dass diese Dienstleistung differenziert und bedarfsorientiert angeboten wird. Dass die LehrerInnen präzise angeben können: Dies bringen wir und das bringen wir…“
An welche weiteren konkreten Entwicklungsfelder er denkt?
„Ein wichtiges großes Entwicklungsfeld ist eine umfassende Regenerationskompetenz, d.h. Lehrerinnen und Lehrer sind grundsätzlich hohen Belastungen ausgesetzt, da muss ich etwas entgegensetzen, etwa die Fähigkeit abzuschalten, die Fähigkeit, sich zu erholen. Wichtig ist, dass die Lehrerinnen und Lehrer die tägliche Praxis einer körperlich-sportlichen Aktivität entwickeln. Und sie sollten natürlich in ihr „Standing im eigenen Glauben und in ihre Spiritualität“ investieren. Das ist ihre Stärke, die erhalten bleiben muss. Da können Lehrerinnen und Lehrer für sich etwas tun“, sagt Jacobs.
Vor allem gerade die jungen Religionslehrerinnen und -lehrer müssen auch einem möglichen Burnout etwas entgegensetzen können. Denn sie haben die meiste Belastung.“ Jacobs: „Es braucht daher eine Unterstützung besonders für die jungen Kolleginnen und Kollegen. Da muss man etwas tun!“
Sein „Plädoyer“: „Wichtig sind ‚realistische Ideale‘, keine unrealistischen Ansprüche. Ich glaube, das ist ganz wesentlich, dass man nicht mit falschen Erwartungen in den Beruf hineingeht und dass man natürlich Kompetenzen für Stress- und Belastungsverarbeitung entwickelt.“
Und noch etwas betont der Studienautor: „Viele Religionslehrerinnen und -lehrer wünschen sich deutlich mehr Wertschätzung und Unterstützung von den Pfarren und überhaupt von der Kirche. Angesichts des pastoralen Wandels gibt es hier eine Chance und einen Auftrag für eine neue Qualität der Kooperation und ein gemeinsames Wirken in der Gesellschaft.“
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