Kardinal Schönborn: Die Befreiung von der Angst vor dem Tod ist eine Voraussetzung dafür, in diesem Leben glücklich zu sein.
Kardinal Schönborn: Die Befreiung von der Angst vor dem Tod ist eine Voraussetzung dafür, in diesem Leben glücklich zu sein.
Impulse prominenter Bischöfe - unter ihnen der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn - Imame, Rabbiner und Swamis auf der Online-Initiative "Coronaspection" zu den Herausforderungen in der Pandemie. Initiator Goshen-Gottstein: Welt braucht nicht nur Schutzmasken, sondern auch Orientierung und Hoffnung
Spirituelle Impulse zum Umgang mit Corona-Krise geben Spitzenvertreter aus allen Weltreligionen in einem Onlineprojekt des internationalen "Elijah Interfaith Institute". Etwa 40 Religionsführer, darunter auch Kardinal Christoph Schönborn äußerten sich für die Initiative "Coronaspection" in Video-Interviews zu ihren Einsichten in Glaube und Gesellschaft während der Pandemiezeit.
"Die Welt braucht derzeit mehr als nur Schutzmasken. Sie braucht Sinn, Orientierung und Hoffnung", betont Alon Goshen-Gottstein, Gründer und Direktor des "Elijah Interfaith Institute" in Jerusalem, zu den zahlreichen religiösen Stimmen. Unter www.coronaspection.org hat er die in den vergangenen Wochen geführten Gespräche online gestellt. Auch Papst Franziskus unterstützt die Initiative.
Schönborn: Angst vor dem Tod überwinden
Menschen weltweit müssten aus den Erfahrungen der Corona-Krise wieder lernen, wie verletzlich das persönliche und das gesamte gesellschaftliche Leben ist, sagte Kardinal Schönborn in seinem bereits vor einigen Wochen geführten, 45-minütigen Gespräch mit Goshen-Gottstein. "Diese Krise sagt mir: Nimm nie etwas als selbstverständlich hin." Das Leben sei eine Pilgerreise auf Erden und in Gottes Hand, so Schönborn.
Gleiches gelte für das Nachdenken über die eigene Einstellung zum Tod. Der Kardinal zitierte dazu aus dem "Brief an die Hebräer" in der Bibel, der besage, "dass der Teufel uns durch die Furcht vor dem Tod gefangen hält", so Schönborn: "Deshalb ist die Befreiung von der Angst vor dem Tod eine Voraussetzung dafür, in diesem Leben glücklich zu sein."
Der Wiener Erzbischof erinnerte auch an die Ansprache von Papst Franziskus beim abendlichen Gebet gegen die Corona-Pandemie auf dem Petersplatz Ende März. Auf den Stufen des Petersdoms hatte der Papst damals über die buchstäbliche "Nacht" gesprochen, die in der Pandemie über Straßen, Städte und Länder hereingebrochen ist. Viele hätten in der Corona-Krise die Erfahrung von "Nacht" gemacht, sagte Kardinal Schönborn. Gottes Heil sei inmitten dieser Nacht ein Hoffnungspunkt für die Menschen.
An der Coronaspection-Initiative beteiligten sich von christlicher Seite u.a. auch die Präsidentin der Fokolarbewegung, Maria Voce, der rumänisch-orthodoxe Patriarch Daniel, die Erzbischöfin der Schwedischen Kirche, Antje Jackelen, oder der armenisch-apostolische Patriarch Sahak Mashalian. Online-Interviews für das Projekt aus anderen Religionen gaben etwa der römische Oberrabbiner Ricardo di Segni, der frühere bosnische Großmufti Mustafa Ceric, die Islamwissenschafterin Marcia Hermansen, der buddhistische Mönch Geshe Tashi Tsering und der Hindu-Gelehrte Sri Shrivatsa Goswami. Die meisten Interviews enden mit einem besonderen Gebet oder einer Meditation in der jeweiligen religiösen Tradition.
Initiator Goshen-Gottstein hat nach eigenen Angaben auch Papst Franziskus über dessen Vertrauten Rabbi Abraham Skorka von dem Projekt informiert. Ein Interview kam nicht zustande, auf der Coronaspection-Plattform findet sich aber ein 20-minütiger Zusammenschnitt aus Predigten und Ansprachen des Papstes in den vergangenen Monaten, darunter auch weite Teile seiner Worte beim vielbeachteten Sondergebet auf dem Petersplatz.