Ansprache von Papst Franziskus.
Ansprache von Papst Franziskus.
Kritik an weltweiter Gewalt und Christenverfolgung.
Papst Franziskus hat erneut jede Form von Missbrauch in Kirche und Gesellschaft verurteilt und Entschlossenheit zum Kampf dagegen bekräftigt. "Es muss klar sein, dass die Kirche angesichts solcher Abscheulichkeiten nichts unversucht lässt, jeden, der solche Verbrechen begangen hat, vor Gericht zu bringen", sagte Franziskus am Freitag, 21. Dezember 2018 vor der römischen Kurie. "Bekehrt euch, stellt euch der menschlichen Justiz und bereitet euch auf die göttliche Gerechtigkeit vor!", mahnte der Papst ausdrücklich jene, die Minderjährige missbrauchen.
Die Kirche dürfe keinen dieser Fälle "versanden lassen oder unterschätzen", hielt Franziskus fest: "Es ist unbestreitbar, dass einige Verantwortungsträger in der Vergangenheit aus Leichtfertigkeit, ungläubiger Fassungslosigkeit, mangelnder Qualifikation, Unerfahrenheit oder wegen geistlicher und menschlicher Oberflächlichkeit viele Fälle ohne die gebotene Ernsthaftigkeit und nicht schnell genug behandelt haben. Das darf nie wieder geschehen", betonte der Papst.
Die Kirche wolle sich nicht allein mit ihrem eigenen Versagen befassen, so Franziskus weiter. Das für Ende Februar geplante Gipfeltreffen im Vatikan zum Thema Missbrauch solle mit Hilfe von Experten unter anderem Wege aufzeigen, wie Kinder am besten geschützt werden können und wie die Ausbildung kirchlicher Mitarbeiter verbessert werden kann. Dabei stehe die Kirche vor der "schwierigen Aufgabe, tatsächliche von vermeintlichen Fällen zu unterscheiden, berechtigte Klagen von Verleumdung, Beschwerden von Andeutungen".
Missbrauch betreffe dabei nicht nur die Kirche, sondern die gesamte Gesellschaft. In diesem Zusammenhang verwies der Papst auf Stimmen auch in der Kirche, die Medienleute beschuldigten, die überwältigende Mehrheit der Missbrauchsfälle, die nicht von Geistlichen begangen werden, zu ignorieren und absichtlich den falschen Eindruck erwecken zu wollen, dass dieses Übel nur die katholische Kirche allein betreffe. Er selbst, betonte der Papst, danke allen, die jeden einzelnen Fall objektiv berichten, Täter "demaskieren" und den Opfern eine Stimme geben. Die Kirche ermutige dazu, über keinen einzelnen Missbrauchsfall zu schweigen, sondern sie ans Licht zu bringen. Die Wahrheit dürfe nicht verschleiert werden.
Ebenso warnte er jene Priester und Ordensleute, die ihre Berufung verraten und dies oft scheinheilig begründeten. "Jeder von uns muss geistliche Korruption bekämpfen", so der Papst. Solche selbstzufriedene Blindheit wolle alles rechtfertigen: "Betrug, Verleumdung, Egoismus und andere subtile Formen der Selbstbezogenheit."
In seiner mit Spannung erwarteten, mehr als halbstündigen Ansprache in der Sala Clementina des Apostolischen Palasts würdigte Franziskus auch die bisherigen Erfolge der Kurienreform. Unter anderem erwähnte er mehr Transparenz in Wirtschafts- und Finanzfragen, die Arbeit des vatikanischen Staatsanwalts, ein gutes Ergebnis der Vatikanbank sowie das kürzlich erlassene neue Statut des Staates der Vatikanstadt.
Zu den positiven Ereignissen für die Kirche im ablaufenden Jahr zählte der Papst auch "das erfolgreiche Ergebnis" der Jugendsynode im Oktober, die vielen neuen Seligen und Heiligen, unter denen er eigens die 19 algerischen Märtyrer nannte. Eine große Zahl von Taufen trage zu Erneuerung und Verjüngung der Kirche bei.
Ausführlich bedankte sich Franziskus bei den vielen Gemeindepriestern weltweit, "die dem Volk Gottes täglich ein gutes Beispiel geben". Sie seien den Menschen nahe und führten "ein Leben von Einfachheit, Glauben, Eifer, Heiligkeit und Nächstenliebe". Von den Medien würden sie übersehen; doch ohne sie "würde Dunkelheit herrschen" in der Kirche.
Mit Blick auf die weltpolitische Lage kritisierte Papst Franziskus in seiner Weihnachtsansprache vor der römischen Kurie eine weltweite Abschottungspolitik und "all die Angst und Vorurteile" gegenüber Flüchtlingen. Jene, die gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen, ihr Leben riskieren, "finden sich vor verrammelten Türen wieder, vor Brüdern und Schwestern, die mehr um politische Vorteile und Macht besorgt sind", sagte der Papst. Gleichzeitig lobte er ausdrücklich die vielen "Samariter" - Jugendliche, Familien, Gläubige und ehrenamtliche Organisationen -, die sich für den Nächsten einsetzen.
Franziskus beklagte ebenso weltweit fortbestehenden Hunger, Wassermangel, Gewalt gegen Schwache und Frauen. "Wie viele Menschen und wie viele Kinder sterben täglich wegen Wasser- und Nahrungsmangel und aufgrund fehlender Medikamente!", mahnte der Papst. Scharf kritisierte das Kirchenoberhaupt "erklärte und nicht erklärte Kriege", Gewalt und systematischer Folter, in Polizeigewahrsam, Gefängnis und Flüchtlingslagern.
Mit Blick auf die weltweit zunehmende Christenverfolgung sprach der Papst von einer "neuen Ära christlicher Märtyrer". "Es scheint, als wäre die grausame Verfolgung der Christen im Römischen Reich nicht zu Ende", sagte Franziskus. Als "wenn ein neuer Nero geboren wäre", würden Menschen nur deshalb unterdrückt, weil sie an Christus glauben.
"Neue extremistische Gruppen entstehen und greifen Kirchen, Andachtsstätten, Seelsorger und Gläubige an", so Franziskus. Um so lobenswerter sei es, dass viele Christen ihren Glauben nicht verleugneten und in diesem Umfeld sogar zu "barmherzigen Samaritern" würde
Papst Franziskus hat seinem Vorgänger Benedikt XVI. den inzwischen traditionellen vorweihnachtlichen Besuch abgestattet. Am Freitagabend habe sich das Kirchenoberhaupt ins Kloster Mater Ecclesiae begeben, wo der emeritierte Papst seit seinem Rücktritt 2013 lebt, teilte der Vatikan mit. Fotos zeigen die beiden an einem Couchtisch, auf dem ein Adventskranz mit drei brennenden Kerzen steht. Sowohl Franziskus als auch Benedikt übergaben dem jeweils anderen ein Weihnachtsgeschenk.