Papst Franziskus bei der Generalaudienz am 16. Jänner 2019.
Papst Franziskus bei der Generalaudienz am 16. Jänner 2019.
Franziskus macht bei Generalaudienz auf beginnende Weltgebetswoche für die Einheit der Christen aufmerksam. Wer betet, müsse wie ein Kind zu Gott nur "Papa" sagen.
Papst Franziskus hat auf die weltweite Gebetswoche für die Einheit der Christen aufmerksam gemacht, die er am Freitag, 18. Jänner mit einem Abendgebet in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern in Rom eröffnen wird. "
Die Ökumene ist eine Pflicht", sagte Franziskus am Mittwochvormittag, 16. Jänner 2019 zum Abschluss seiner wöchentlichen Generalaudienz im Vatikan. Sämtliche Christen seien aufgerufen, darum zu beten, dass sie eine einzige Familie werden, die als Gemeinschaft reift und im Einsatz für die Schwächsten ein Zeugnis wahrer Gerechtigkeit gebe.
Unter den deutschsprachigen Pilgern in der vatikanischen Audienzhalle begrüßte der Papst eigens eine Pilgergruppe aus dem Burgenland unter Leitung des Eisenstädter Bischofs Ägidius Zsifkovics. Ebenso begrüßte Franziskus das Festkomitee des Kölner Karnevals mit dem Dreigestirn von Prinz, Bauer und Jungfrau, das in Begleitung des Kölner Erzbischofs Kardinal Rainer Maria Woelki angereist war.
Im Katechesenteil der Audienz, bei der Franziskus seine Auslegung des Vaterunser-Gebetes fortsetzte, ermunterte der Papst die Christen, sich immer wieder vertrauensvoll an Gott zu wenden, und zwar "wie ein Kind in den Armen seines Vaters". Bereits im ersten Wort des Vaterunsers, das Jesus seine Jünger lehrte, "finden wir die radikale Neuheit des christlichen Gebetes", so Franziskus.
Den ersten Christen sei dies so wichtig gewesen, dass sie den aramäischen Ausdruck "Abba" bewahrt hätten. In diesem steckten mehr Zärtlichkeit und Wärme als in dem bloßen Wort "Vater"; es sei daher besser mit "Papa" zu übersetzen. "Für einen Christen bedeutet beten schlicht zu sagen: 'Abba' - Papa, eben mit dem Vertrauen eines Kindes", so der Papst. Das gelte immer, egal wie schlecht man sich fühle oder wie schwierig das Leben sei.
Besonders deutlich werde diese Haltung, wenn man das Vaterunser bete, nachdem man das Gleichnis vom verlorenen Sohn gelesen habe, so der Papst weiter. In seiner Art zu reagieren und zu handeln habe der Vater in diesem Gleichnis etwas von der Seele einer Mutter - seien es doch gerade die Mütter, die ihren Kindern verzeihen, führte Franziskus aus.
Papst Franziskus hat in einem Vorwort die Nähe zwischen Christen- und Judentum betont. Der Vatikan erinnerte bei der Veröffentlichung im "Osservatore Romano" am Mittwoch daran, dass mehrere Ortskirchen - darunter Italien, Österreich und Polen - am Donnerstag den "Tag des Judentums" begehen, dem am Samstag die Ökumene-Gebetswoche folgt. "Für den Juden wie für den Christen gibt es keinen Zweifel daran, dass das Hauptgebot in der Liebe zu Gott und der Liebe zum Nächsten besteht", schreibt Franziskus. Das neue Buch trägt den Titel "Bibel der Freundschaft" und erscheint am Freitag.
Wem die Fortschritte im christlich-jüdischen Gespräch nicht schnell genug gehen, dem gibt Franziskus zu bedenken, "dass wir neunzehn Jahrhunderte christlichen Antijudaismus hinter uns haben und dass einige Jahrzehnte des Dialogs im Vergleich dazu sehr wenig sind". Immerhin sei es in letzter Zeit zu sehr vielen Schritten aufeinander zu gekommen.
"Juden und Christen sollten sich als Brüder und Schwestern fühlen, vereint im Glauben an den einen Gott und durch ein reiches, gemeinsames geistliches Erbe, auf das sie sich stützen und die Zukunft weiter aufbauen können", heißt es im Vorwort.
Franziskus ist eng mit dem argentinischen Rabbiner Abraham Skorka befreundet, mit dem er noch in seiner Zeit als Erzbischof von Buenos Aires ein Gesprächsbuch veröffentlichte. Das Buch "Bibel der Freundschaft" bietet Kommentare zur Thora aus jüdischer wie christlicher Sicht. Franziskus schreibt, der beste Weg des Dialogs bestehe darin, "nicht nur zu sprechen und zu diskutieren, sondern gemeinsam Projekte zu verwirklichen". Juden wie Christen seien dazu aufgerufen, "Zeugen der Liebe des Vaters in der ganzen Welt zu sein".
Der Papst kommt auch auf Störungen und Hindernisse im christlich-jüdischen Miteinander zu sprechen. "Wir müssen intensiver daran arbeiten, um Vergebung zu bitten und die durch Unverständnis angerichteten Schäden zu beheben. Die Werte, Traditionen und großen Ideen, die das Judentum und das Christentum gemeinsam haben, müssen in den Dienst der Menschheit gestellt werden."
Ausdrücklich fordert Franziskus die Christen zu stärkerem Studium jüdischer Texte, etwa der Thora, auf. Es sei "von entscheidender Bedeutung für die Christen, das Wissen über die jüdische Tradition zu entdecken und zu fördern, um sich selbst authentischer verstehen zu können". Für Benedikt XVI. war 2007 ein Briefwechsel mit dem Rabbiner und Religionswissenschaftler Jacob Neusner (1932-2016) der Ausgangspunkt für die von ihm während seines Pontifikats veröffentlichten Jesusbücher gewesen.