Papst Franziskus in Abu Dhabi.
Papst Franziskus in Abu Dhabi.
In großer Ansprache in Abu Dhabi ging Franziskus auch auf Lage in Jemen, Syrien, dem Irak und Libyen ein. "Eine Gerechtigkeit, die nur für Familienmitglieder, Landsleute und Gläubige desselben Glaubens gilt, ist eine hinkende Gerechtigkeit, sie ist verschleierte Ungerechtigkeit".
Papst Franziskus hat sich in Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate/VAE) für Menschenrechte und Religionsfreiheit stark gemacht. Alle Menschen hätten die gleiche Würde, daher könne "niemand der Herr oder Sklave anderer sein", sagte er am Montagabend, 4. Februar 2019 bei einer interreligiösen Konferenz am Denkmal für Staatsgründer Scheich Zayid bin Sultan Al Nahyan (1918-2004). Zugleich verurteilte der Papst erneut religiösen Extremismus. "Es gibt keine Gewalt, die religiös gerechtfertigt werden kann", so Franziskus wörtlich.
Er würdigte das Engagement der Vereinigten Arabischen Emirate, eine freie Ausübung der Religion "zu tolerieren und zu garantieren sowie Extremismus und Hass zu bekämpfen". Dies könne auch helfen, Terrorismus zu verringern. Zugleich machte er zum Thema Religionsfreiheit deutlich: "Sie beschränkt sich nicht nur auf die freie Ausübung der Religion". Es gehe darum, dass Gott den Menschen Freiheit gewähre, die "keine menschliche Institution zwingen kann, auch nicht in seinem Namen".
In den VAE wird Katholiken die Ausübung der eigenen Religion gewährt, Missionierung ist jedoch verboten. Auch im Nahen Osten müsse den Angehörigen aller Religionen das gleiche Bürgerrecht gewährt werden; dies dürfe nur in Fällen von Gewalt abgesprochen werden, so der Papst. Er rief auch alle zu Gebeten für Brüderlichkeit und den interreligiösen Dialog auf.
Wichtig für den Frieden ist laut Franziskus besonders Bildung. "Bildung und Gewalt verhalten sich umgekehrt proportional", sagte er. Gewürdigt wurde von ihm das Engagement der VAE für Bildung und Kinderschutz, der auch der Kirche wichtig sei: "Ich verspreche die Unterstützung, die Solidarität und Teilnahme meinerseits sowie der katholischen Kirche in dieser sehr wichtigen Sache des Jugendschutzes in all seinen Formen", so der Papst in seiner ersten, zentralen Rede. Eine Förderung der Kultur verringert laut dem Kirchenoberhaupt Hass und fördert Wachstum, Zivilisation und Wohlstand.
Die Arbeit der katholischen Einrichtungen in der arabischen Welt definierte Franziskus als "Erziehung zum Frieden". Die allermeisten Katholiken auf der Arabischen Halbinsel sind Gastarbeiter. "Hier in der Wüste hat sich ein fruchtbarer Weg der Entwicklung aufgetan, der ausgehend von den hier entstandenen Arbeitsplätzen, vielen Menschen verschiedener Völker, Kulturen und Glaubensüberzeugungen Hoffnung gibt", so der Papst. Auch viele Christen leisteten einen "wesentlichen Beitrag zum Wachstum und Wohlstand des Landes".
Brüderliches Zusammenleben basierend auf Bildung und Gerechtigkeit, Inklusion und gleichen Rechten aller bezeichnete der Papst als "Samen des Friedens, für deren Aufkeimen die Religionen sich verantwortlich fühlen" müssten. Sie könnten weiters einen "aktiven Beitrag zur Entmilitarisierung des menschlichen Herzens zu leisten". Die "katastrophalen Folgen" der Kriege seien allen bekannt, so Franziskus. "Ich denke dabei insbesondere an Jemen, Syrien, Irak und Libyen." Vor dem Hintergrund, dass am Krieg im Jemen die Emirate beteiligt sind, stellte er aber gleich zu Beginn klar, dass er keinesfalls allein seine Gastgeber meinte - er wende sich an "alle Länder dieser Halbinsel".
Ausdrücklich verurteilte der Papst Wettrüsten sowie "eine Ausweitung der eigenen Einflussbereiche und eine aggressive Politik zum Nachteil anderer". Dies könne nie Stabilität bringen: "Krieg schafft nichts als Elend, Waffen nichts als Tod!"
Frieden und Gerechtigkeit seien untrennbar miteinander verbunden: "Eine Gerechtigkeit, die nur für Familienmitglieder, Landsleute und Gläubige desselben Glaubens gilt, ist eine hinkende Gerechtigkeit, sie ist verschleierte Ungerechtigkeit", so das Kirchenoberhaupt. Für seine Rede gab es verhaltenen Applaus.
Vor der Ansprache traten der Papst und Großimam Ahmad al-Tayyeb gemeinsam auf und appellierten zu einem Ende der Kriege auf der Welt. Dazu unterzeichneten sie am Ende unter großem Applaus eine gemeinsame Erklärung, die die Ergebnisse des zweitägigen interreligiösen Treffens zum Thema "Menschliche Brüderlichkeit" zusammenfasst. Das Dokument ruft zur Solidarität zwischen allen Menschen auf, verurteilt Hass und Blutvergießen und fordert den Einsatz gegen Gewalt auf.
Zu der am Sonntag begonnenen interreligiösen Konferenz unter dem Motto "Human Fraternity" (menschliche Geschwisterlichkeit) kamen rund 500 Teilnehmer. Zu Beginn des Treffens verlieh Kronprinz Muhammad bin Zayed dem Papst und dem Großimam mit einen Preis für "Menschliche Brüderlichkeit".
Al-Tayyeb bekräftigte in seiner Rede Übereinstimmung mit seinem "guten Freund" Franziskus und verurteilte scharf Missbrauch von Religion für Gewalt und Hass. Der emeritierte langjährige Rektor der Kairoer Al-Azhar-Universität, einer der wichtigsten Gelehrten der islamischen Welt, ging in seiner Rede durch die Geschichte und verurteilte dabei Terror sowie auch eine anschließende Diffamierung von Muslimen weltweit als Terroristen und gewalttätige Extremisten. Seine Glaubensbrüder rief der Großimam zum Wohlwollen und der Begegnung mit Christen auf. Für seine Aussage "Ihr Christen im Nahen Osten seid wahre Mitbürger" gab es spontanen Applaus.
Beim Einzug zur Freilichtarena vor dem Denkmal hatten sich der Kronprinz, Papst Franziskus und Großimam Al-Tayyeb kurz an den Händen gehalten. Zuvor wurde ein Video zum Thema Toleranz und Frieden gezeigt. In dem Film rufen der Papst und Al-Tayyeb gemeinsam für ein Ende der Kriege auf der Welt auf. Dazu unterzeichneten sie eine gemeinsame Erklärung, die die Schwerpunkte des zweitägigen interreligiösen Treffens zum Thema "Menschliche Brüderlichkeit" zusammenfasst. Das Dokument ruft zur Solidarität zwischen allen Menschen auf, verurteilt Hass und Blutvergießen und fordert Einsatz gegen Gewalt.