Papst Franziskus und König Mohammed VI.
Papst Franziskus und König Mohammed VI.
Franziskus fordert in Rabat von Gesellschaft "Großzügigkeit, Dienstbereitschaft, Weisheit und Weitsicht" gegenüber Migranten ein und unterstützt den UN-Migrationspakt.
Papst Franziskus und Marokkos König Mohammed VI. haben einen gemeinsamen Appell zum Sonderstatus Jerusalems unterzeichnet. Jerusalem müsse Erbe der Menschheit und das Symbol einer friedlichen Koexistenz vor allem für die drei monotheistischen Religionen bleiben, heißt es in der am Samstag, 30. MÄrz 2019 in Rabat veröffentlichten Erklärung. Dazu müssten der "multi-religiöse Charakter, die spirituelle Dimension und die besondere kulturelle Identität Jerusalems" geschützt und gefördert werden.
Der Papst und der marokkanische Monarch bekundeten "die Hoffnung, dass in der Heiligen Stadt den Anhängern der drei monotheistischen Religionen volle Zugangsfreiheit und ihr Recht auf Gottesdienst garantiert wird".
Jerusalem gilt Juden, Christen und Muslimen als Heilige Stadt. Der Vatikan sieht zudem einen israelischen Anspruch auf Gesamt-Jerusalem als Hauptstadt als Hindernis für den Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern. Nachdem US-Präsident Donald Trump im Dezember 2017 ankündigte, die amerikanische Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, äußerte Franziskus einen "dringenden Appell", den Status quo und die Resolutionen der Vereinten Nationen zu respektieren.
Papst Franziskus hat in Marokko das Schicksal von Migranten beklagt. Die Millionen von Flüchtlingen und anderen, die zur Migration gezwungen würden, sowie die Opfer des Menschenhandels seien "eine Wunde, die zum Himmel schreit", sagte das Kirchenoberhaupt bei einem Treffen mit Migranten am Samstag in Rabat. Gleichgültigkeit und Schweigen dürften keine Antwort sein. "Niemand kann diesem Leid gleichgültig gegenüberstehen", sagte der Papst.
Franziskus äußerte sich beim Besuch der Caritas Marokko in der marokkanischen Hauptstadt. Die katholische Sozialeinrichtung leistet nach Kirchenangaben medizinische, psychosoziale und pädagogische Betreuung für rund 8.000 Migranten pro Jahr. Marokko ist vor allem seit der Schließung der zentralen Mittelmeerroute ein wichtiges Transitland für Menschen auf dem Weg nach Europa geworden.
Der Papst mahnte, die Gesellschaft müsse auf das Migrationsphänomen mit "Großzügigkeit, Dienstbereitschaft, Weisheit und Weitsicht" reagieren, "jeder nach seinen Möglichkeiten". Den im Dezember in Marokko verabschiedeten UN-Pakt für eine sichere, geordnete und geregelte Migration nannte er einen "wichtigen Schritt nach vorne". Das Menschsein eines Migranten hänge "nicht davon ab, ob er sich diesseits oder jenseits einer Grenze aufhält", zitierte Franziskus Marokkos König Mohammed VI.
Den Migranten versprach der Papst die Solidarität der Kirche. "Die Kirche versteht die Leiden, die euren Weg markieren, und sie leidet mit euch", sagte er. Sie stünden "in der Herzmitte der Kirche", so der Papst. "Es ist Christus selbst, der an unsere Türen klopft."
Von Politik und Gesellschaft forderte Franziskus mehr reguläre Migrationswege. Die Rechte und die Würde von Migranten und Flüchtlingen seien unabhängig von ihrem Migrationsstatus zu gewährleisten. Zugleich betonte er, die humanitäre Förderung von Migranten und ihren Familien beginne schon in ihrer Heimat. Neben dem "Recht auf Auswanderung" gebe es auch "das Recht, nicht zur Auswanderung gezwungen zu sein".
Papst Franziskus hat im Rahmen seiner Marokko-Visite ein Ausbildungszentrum für Imame besucht. Am Samstagnachmittag war er gemeinsam mit König Mohammed VI. in der Einrichtung in Rabat zu Gast, in der internationale muslimische Predigerinnen und Prediger ausgebildet werden. Das Institut wurde 2015 von Mohammed VI. in Reaktion auf den Terroranschlag 2003 auf jüdische Einrichtungen und Orte westlichen Lebensstils in Casablanca gegründet. Der Monarch will dort nach eigenem Bekunden einen toleranten Islam für die afrikanischen Länder fördern.
Franziskus sah sich ein Video über die Schule an und ließ sich die Arbeit des Instituts von Marokkos Religionsminister Ahmed Toufiq sowie von einer Studentin aus Nigeria und einem Studenten aus Frankreich erläutern. Anschließend folgte eine musikalische Darbietung, die muslimische, christliche und jüdische Traditionen miteinander verband.
Zuvor hatte Mohammed VI. bei der Willkommenszeremonie für den Papst betont, Radikalismus sei weder mit militärischen noch finanziellen Mitteln zu besiegen, sondern mit Bildung. Was alle Terroristen gemeinsam hätten, sei nicht Religion, sondern "die Ignoranz von Religion".