Sonntag 28. April 2024

Blue-Green Christ

Das Bild ist in der Ruprechtskirche zu sehen

„Dorota Sadovská malte Christus aus der Untersicht. Das Kreuz fehlt und somit auch die Anknüpfung an die Assoziation mit dem Baum des Lebens. Diese scheint ganz aus dem Bild verschwunden, aber ihre tatsächliche Absenz würde es nicht gerade einfach machen, die runde Form des Bildes und die grüne Farbe zu erklären, die der Baumkrone entsprechen könnten, oder auch die ausgestreckten Arme des Gekreuzigten, die im Sinne der alten mystischen Tradition Zweigen ähneln. Indem wir in den Tondo die Baumkrone hineinprojizieren, stellt sich schließlich die Frage, wo dieser Baum seine Wurzeln hat. Der Blickwinkel, den wir einnehmen, führt uns zu der Antwort, dass die Wurzeln in uns, in den Menschen, liegen, wodurch die anthropologische Dimension dieser Idee auf eine Weise hervorgehoben wird, die seit Ludwig Feuerbach heftig debattiert wird. Darüber hinaus trägt der imaginäre Baum einen Hinweis auf die Vertikale und die Bedeutung der hierarchischen Wertkontraste zwischen den Positionen „oben“ und „unten“. Damit wiederholt das Bild auch ein typisch christliches Paradoxon: Die Kreuzigung Christi war eine erniedrigende Strafe, sie ist aber zum Zeichen seines endgültigen Sieges geworden: Deswegen schwebt der Gekreuzigte über den Betrachter*innen.“ 1

 

Dorota Sadovská sucht nach einem Schwerpunkt in bekannten Themen, Techniken und Beziehungen. Sie will sich an den einzigen Punkt herantasten, an dem sie Gegensätze ausbalancieren kann: Spiritualität mit unverhohlener Körperlichkeit, Symmetrie mit Hässlichkeit, eine minimalistische Sichtweise mit barocker Verblüffung. Sie nimmt immer wiederkehrende Themen aus der Kunst- und Denkgeschichte auf und behandelt sie neu, frisch und innovativ. Sie überrascht mit ihrem Humor und ihrem Sinn für das Spielerische. In einer Zeit des Zweifels stellt sie die Frage nach dem Wesen der Kunst in der christlichen Religion, nach der Art ihrer Darstellung, nach dem Wesen dieser Themen und Formen.

 

1 Ivan Gerát: Wachsende Bedeutsamkeit. Zu Ikonografie und Ikonologie des Baums. In: GROW. Der Baum in der Kunst (Ausst.-Kat. Belvedere, Wien) Wien 2022, S. 51-52.

 

 

Zur Person Dorota Sadovská

geboren 1973 in Bratislava, Slowakei / Ausbildung: 1997
Master of Fine Arts Diplom, Academy of Fine Arts and Design, Bratislava, Slowakei / 1999 Diplom DNSEP, École Nationale des Beaux Arts, Dijon, Frankreich / 2004 Doctor of Arts, Academy of Fine Arts and Design, Bratislava, Slowakei
www.sadovska.sk

 

Ruprechtskirche
Ruprechtskirche
Ruprechtspl. 1
1010 Wien

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