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27.08.2017 · Weltkirche · Blick aus Israel

Erwacht aus dem Dornröschenschlaf

Theater in Cäsarea Maritima

Das römische Theater in Cäsarea Maritima, in dem Herodes Agrippa I. nach der Apostelgeschichte den Tod fand.

Israel ist eines der großen Pilgerziele für Christen. Neben den christlichen Ausgrabungen untermauern auch die antiken die spannende Geschichte des Alten Orients. Beispielsweise der in Cäsarea Maritima entdeckte Augustus-Tempel des Herodes.

 

Durchschnittlich mehr als drei Millionen ausländische Gäste besuchen jedes Jahr Israel. Viele Reiseziele im Heiligen Land sind Stätten des Christentums, beispielsweise die Jerusalemer Altstadt (mit der Via Dolorosa), Nazaret, Betlehem und der See Genesaret.

 

Außerdem existieren zahlreiche historische Stätten wie beispielsweise die Städte Cäsarea Maritima oder  Akkon und die Festung Masada. Die zahlreichen Ausgrabungen machen die jüdische, die christliche Geschichte und auch die Zeitgeschichte des Alten Orients lebendig. In Cäsarea am Meer (Cäsarea Maritima) bestätigen die jüngsten Ausgrabungen die Bedeutung der Stadt, auch durch den Augustus-Tempel des Herodes.

 

Ein Tempel für die Heiden

Schon der jüdisch-römische Historiker Josephus Flavius bewundert den Tempel wegen seiner Größe und Schönheit: „Gegenüber der Hafeneinfahrt stand auf einer Anhöhe ein besonders großer und schöner Tempel des Caesar. Darin befand sich eine Kolossalstatue, der Hera des Argos nachgebildet.“

 

Die jüngsten archäologischen Ausgrabungen förderten nun die Reste dieses einzigartigen Bauwerks zutage. Die Steinplattform entspricht mit ihrer Größe von 50 Meter mal 30 Meter fast den gleichen Ausmaßen der Tempelplattform in Jerusalem.

 

Herodes der Große hatte keine Skrupel, zur gleichen Zeit ein Heiligtum für die Juden und eines in Cäsarea für die Heiden zu bauen. Eine große Freitreppe führte vom Hafen in den Tempel hinauf. Auch dieser monumentale Stufenweg und andere Baustrukturen ähneln der Architektur um den Tempelberg in Jerusalem.

 

Glücklicherweise finden sich noch genügend Überreste des imposanten Bauwerks, um es auf dem Reißbrett zu rekonstruieren. Es musste etwa 20 Meter hoch gewesen sein, was einem Haus von sieben Stockwerken entspricht. Von seiner äußeren Gestalt her erschien der Tempel wie ein Pantheon. Dort befanden sich die Statuen des vergöttlichten Caesars Augustus und der Dea Romana. Allerdings wurden die Standbilder bisher nicht gefunden.

 

Wahrscheinlich waren sie aus Holz und mit Gold überzogen und haben deshalb die Stürme der Zeit nicht überlebt.

 

Des Herodes Größenwahn

Die westliche Fassade der Tempelplattform umfasste zwei Hallen von 20 mal 25 Meter. Jede war von vier Gewölben überdeckt und zum Hafen hin offen. Eine Reihe kleinerer Gewölbe zwischen den beiden Hallen stützten eine monumentale Treppe, die Besucher aus dem Hafen in den heiligen Bezirk führte.

 

Eine weitere seltene und wichtige Entdeckung an der Vorderseite des Tempels sind die Fundamente eines großen Steinaltars, auf dem zu Ehren des Kaisers Opfer dargebracht wurden. Der Altar war zum Himmel hin offen und umgeben von verzierten, bis zu fünf Meter hohen Wänden. Ähnlich wie der Friedensaltar, der Ara Pacis in Rom. Auch Unterbauten kleiner Altäre kamen ans Tageslicht. Um den Hauptaltar fanden die Ausgräber Dutzende von tiefen Löchern. Sie dienten dazu, Fackeln oder Standarden, Symbole der römischen Legionen, zu halten.

 

„Das ist einzigartig,“ erklärt Peter Gendelman von der Israel Antiquities Authority. „Und bestätigt noch mehr die Idee, dass Herodes die Stadt Cäsarea als eine Art Verbindungsglied zwischen seinem Herrschaftsgebiet und Rom, dem Zentrum des römischen Reiches, betrachtete.“

 

Dorn Ben-Ami, Leiter der Zentral-Israel-Abteilung der Antiquitätenbehörde, meint dazu: „Es besteht kein Zweifel, dass Jerusalem und Cäsarea damals die führenden Städte waren. Herodes größenwahnsinniger Geist schwebt heute noch über Cäsarea.“

 

Paulus war hier in Gewahrsam

Der Ruhm dieser Stadt ist jedoch ist nicht nur mit der römischen Geschichte verknüpft. Auch in der christlichen Ära nahm sie eine herausragende Stellung ein. Schon in der Apostelgeschichte ist davon die Rede, wie der römische Zenturio Petrus in sein Haus einlud, um mehr über Jesus zu erfahren.

 

Als dann Petrus zu sprechen begann, kam der Heilige Geist über Cornelius und seine Familie, sodass der Apostel ihnen das Wasser der Taufe nicht verweigern konnte. Paulus wurde als Gefangener von Jerusalem nach Caesarea überführt und im Prätorium, dem Sitz des römischen Statthalters Antonius Felix, in Gewahrsam gehalten. Auch dieser Ort konnte vor kurzem mit Sicherheit identifiziert werden.

 

„Die Stimme eines Gottes“

Das römische Theater ist eng verknüpft mit dem Tod von Herodes Agrippa I. Dieser Neffe Herodes des Großen hatte als Christenverfolger Jakobus den Älteren, den erste Bischof von Jerusalem, hinrichten und Petrus ins Gefängnis werfen lassen (Apostelgeschichte 12,1-5). Wie die Apostelgeschichte weiter berichtet, „nahm er im Königsgewand auf der Tribüne Platz und hielt eine feierliche Ansprache. Das Volk aber schrie: Die Stimme eines Gottes, nicht eines Menschen! Im selben Augenblick schlug ihn ein Engel des Herrn, weil er Gott nicht die Ehre gegeben hatte. Und von Würmern zerfressen starb er.“

 

Blühendes Zentrum der Christenheit

In spätrömischer und byzantinischer Zeit wurde die Stadt zu einem blühenden Zentrum der Christenheit. Berühmte Theologen wie Origenes und Eusebius, wirkten und lehrten dort. Die Theologische Schule und Bibliothek von Cäsarea genoss einen Ruf, wie außer in Alexandria kaum eine andere im Nahen Osten.

 

Es entstanden Memorialbauten an den Orten, die mit Ereignisse des Evangeliums verbunden waren, wie die byzantinische Basilika in ihrer  oktogonalen Form. Der Kreuzfahrer-König Ludwig IX. baute eine dreischiffige Kirche zur Erinnerung an die Apostel Petrus und Paulus. Imposante Reste davon sind heute noch zu sehen.

 

Im Kulturschutt der Geschichte

So war das antike Cäsarea mit seiner gemischten heidnischen, jüdischen, christlichen Bevölkerung und mit seinem Tiefseehafen eine Landebrücke zwischen dem Orient und dem Okzident. Doch allmählich versank diese Metropole durch Erdbeben und Fremdherrschaft allmählich im Kulturschutt der Geschichte, bis sie heute wieder durch die Arbeit der Archäologen aus ihrem „Dornröschenschlaf“ erwacht.

erstellt von: Der SONNTAG / Karl-Heinz Fleckenstein
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Karl-Heinz Fleckenstein

ist Schriftsteller, Journalist und Reiseführer im Heiligen Land.

 

 

 

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