25.08.2019 · Glaube · Seelsorge

Wer hat noch nicht, wer will noch mal?

Nicht bloß, um Spaß zu haben, sondern auch um eine andere Perspektive zu gewinnen

Ungewöhnliche Aktionen um die Schwellenangst zu mildern, bzw. dafür zu sensibilisieren

Wir Kernkatholiken ahnen wahrscheinlich nicht einmal, wie groß die Schwellenangst eines Neulings ist, der eine Kirche betritt: Wie soll ich mich da benehmen? Wird man gleich erkennen, wie fremd ich hier bin? Wird man mich abschätzig behandeln?

Ich habe einmal von einem Londoner Pfarrer gehört, der seine Gemeindemitglieder für diese Schwellenangst sensibilisieren wollte. Er schickte sie alle in ein Wettbüro. Für die meisten aus der Pfarre war das so fremd wie für andere der Schritt in eine Kirche. Eine gute Lehre.

Die anglikanische Kathedrale von Norwich hat in den vergangenen Tagen mit einer vielbeachteten Aktion 10.000 Menschen in das Gotteshaus gebracht: Man hat in die Kathedrale eine 16 Meter hohe Jahrmarktsrutsche gestellt und die Leute eingeladen, da hinaufzugehen und herunterzrutschen. Nicht bloß, um Spaß zu haben, sondern um eine andere Perspektive auf den Kirchenraum und seine mittelalterliche Decke zu bekommen. Am Sonntag hat der Weihbischof zum Abschluss ganz oben gepredigt und ist dann hinuntergerutscht.

Natürlich hat die Aktion auch ihre Gegner gefunden: Die Würde der Kirche als Haus Gottes, als Stätte des innigen Gebets und als mystischer Ort gehe so verloren. Ich verstehe das, und ich weiß nicht, ob ich etwa unserem Dompfarrer zu so einer Aktion raten würde.

Aber immerhin hat die Rutsche, wie der Bischof berichtete, viele Neulinge in die Kirche und zu guten, tiefen Gesprächen geführt. Und vielleicht – ich kenne ihn nicht gut genug, um das zu wissen – ist dem lieben Gott dann und wann ausgelassene Fröhlichkeit in der Kirche ja sogar eine richtige Freude.

erstellt von: Der SONNTAG / Michael Prüller

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Dr. Michael Prüller ist Kommunikationschef der Erzdiözese Wien und Geschäftsführer der St. Paulus-Medienstiftung.

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