Mittwoch 17. Dezember 2025
Artikel aus dem Archiv

Irene Harand war eine "Prophetin"

(10.11.2010) Bischofsvikar Rühringer enthüllte eine Gedenkstatue für die österreichische Autorin und NS-Regime-Gegnerin Irene Harand.

Am Jahrestag der Pogrome von 1938 gegen die jüdische Bevölkerung in Wien wurde am Irene-Harand-Platz vor der Wiener Paulanerkirche eine Gedenkstatue des Künstlers Stephan Hilge enthüllt.

Als "Prophetin" bezeichnet der Bischofsvikar Karl Rühringer - er war einer der Laudatoren anlässlich der Feierlichkeiten - die NS-Regime-Gegnerin Irene Harand. Sie sei eine "großartige Frau gewesen, die gespürt hat, dass sie nicht schweigen darf, selbst wenn es Lebensgefahr bedeutet hat", so Rühringer im Vorfeld der Gedenkfeier am Dienstag, 9. November 2010. Er hoffe, dass Harand "heute in einer Zeit, da Menschenverachtung, Menschenhass und Antisemitismus lange noch nicht gebannt sind, ein Echo in den Herzen der Menschen findet".

 

Als wegweisend bezeichnete Bischofsvikar Rühringer Harands 1935 erschienenes Buch "Sein Kampf - Antwort an Hitler". Darin entlarve die Autorin "unbeugsam Punkt für Punkt die Lügenpropaganda des Nationalsozialismus".

 

Dass Harand 1938 auf Auslandsreise gewesen sei, habe ihr Leben gerettet. Auf die Regimegegnerin sei ein Kopfgeld von 100.000 Reichsmark ausgesetzt worden, so Rühringer: "Da sieht man, wie ernst man diese Irene Harand genommen hat."

 

Die unbequemen Worte der Propheten

Irene Harand habe immer gesagt, wer Jesus als "Führer" in der Religion habe, der könne kein Antisemit sein, weil Jesus, seine Mutter und die Aposteln Juden gewesen seien und das Christentum viel Jüdisches berge: "Für mich ein prophetisches Wort, weil dabei die Erklärung des Zweiten Vatikanums über das Verhältnis der Kirche zu den nicht-christlichen Religionen schon angesprochen wird", sagt Rühringer und betont, sie sei ein wahrhaft "prophetischer Mensch" gewesen: Im Alten Testament gebe es neben Propheten auch Prophetinnen, die "durch eine scharfsichtige Analyse der Gegenwart die Zukunft deutlicher erkennen" ließen. Für ihre "unbequemen Worte" seien die meisten Propheten verfolgt worden, dennoch hätten sie keine Zugeständnisse an Institutionen oder den Staat gemacht.

 

"Wie die Jungfrau von Orleans"

Im Rahmen der Gedenkfeier hielt auch der frühere Wiener Stadtrat Peter Marboe, der Harand persönlich kannte, eine Laudatio. Marboe verglich Harand mit der Jungfrau von Orleans, sie sei "überzeugt gewesen, gegen Hitler zu gewinnen". Weiters fand im Zuge der Veranstaltung in der Paulanerkirche eine Lesung mit dem Künstler Stefan Fleming statt, der aus Harands Buch "Sein Kampf - Antwort an Hitler" las.

 

Harands "Weltbewegung gegen Rassenhass"

Irene Harand wurde 1900 in Wien geboren, war in der katholischen Kirche aktiv und bekämpfte bereits in den 1930er Jahren aus christlicher Motivation den wachsenden Antisemitismus. 1933 gründete sie zusammen mit dem 1940 im KZ Sachsenhausen ermordeten Anwalt und Politiker Moriz Zalman die "Harand-Bewegung" als "Weltbewegung gegen Rassenhass und Menschennot".

Ihre Vortrags- und Werbetätigkeit führte sie in viele europäische Länder. 1938 zur Emigration gezwungen lebte sie fortan in New York. Tausende österreichische Juden verdanken ihr die Möglichkeit zur Emigration in die USA. Nach dem Krieg war sie maßgeblich am Aufbau der kulturellen Beziehungen zwischen Österreich und Amerika beteiligt. 1969 ehrte sie die israelische "Yad Vashem"-Gedenkstätte als "Gerechte unter den Völkern"; 1971 erhielt sie das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Sie starb im Februar 1975 in New York.

Gottesdienste
Finden Sie Gottesdienste in Ihrer Umgebung
ERZDIÖZESE WIEN
Wollzeile 2
1010 Wien
Tel.: +43 1 51552 - 0

anliegen@edw.or.at

Impressum
Datenschutzerklärung
Barrierefreiheitserklärung
Cookie-Einstellungen
https://www.erzdioezese-wien.at/
Darstellung: Desktop - Mobil