Die immense Bedeutung von Papst Franziskus für die Weltjugendtage hat Österreichs "Jugendbischof" Stephan Turnovszky hervorgehoben. Ohne Papst wäre die Durchführung des alle drei Jahre stattfindenden katholischen Großevents - dessen 37. Auflage soeben in Lissabon stattgefunden hat - schwierig. "Er ist die Ikone der Einheit", so der Wiener Weihbischof im Interview mit der Tageszeitung "Kurier" (Dienstag) über das Kirchenoberhaupt.
Turnovszky hatte die über 1.000 österreichischen Jugendlichen nach Portugal begleitet, auf seinem bislang vierten Weltjugendtag, wie er erklärte. Es sei ein "besonderes Fest, das seine eigene Anziehungskraft hat", bekundete der Bischof. Wie die bisherigen Austragungsorte sei diesmal auch Lissabon "wie verwandelt" worden durch die 1,5 Millionen Jugendlichen, die in der Stadt überall gegenwärtig gewesen seien.
Der Jugendbischof über sein Erleben der Stimmung vor Ort: "Da wird gesungen und gefeiert, da werden Fahnen geschwungen und Geschenke ausgetauscht, man interessiert sich füreinander. Wenn man das vergleicht mit einer Stadt, in der etwa das Finale einer Fußball-WM stattfindet, dann ist da schon ein großer Unterschied: Es geht nicht um ein Gegen- ,sondern ein Miteinander", so Turnovszky. Besonders berührt hätten ihn in Lissabon die Beichtgespräche, bei denen es um die eigene Gottesbeziehung gegangen sei. "Das ging in die Tiefe und war existenziell."
Durchaus sie bei gläubigen Jugendlichen auch ein anderes Bild von Kirche vorhanden als jenes negativ gefärbte, das man in Europas Öffentlichkeit kenne, erklärte Turnovszky. Auch bei größeren Jugendveranstaltungen in Österreich - der Bischof nannte hier als Beispiel die Loretto-Feiern zu Pfingsten - könne man davon "ahnen". Er selbst sei daher bestrebt, einen "Weltjugendtag im österreichischen Maßstab" anzustoßen, so der Jugendbischof. Als Vorbedingung sei dabei jedoch "entsprechendes Commitment" vonnöten.
Dass der Themenbereich Glaube und Religion bei Österreichs Jugend laut einer kürzlich präsentierten Jugendstudie nicht hoch im Kurs seien, wohl aber "Werte, die wir als christliche Werte sehen", sah Turnovszky zwiespältig. Ohne Glauben fehle auch die Wurzel, um diese Werte zu nähren. Deshalb mache er sich Sorgen, "wie beständig und nachhaltig diese Werte weitergegeben werden können", so der Bischof.
Als mögliche Gründe für die Glaubenskrise nannte Turnovszky einerseits den Verlust der Glaubwürdigkeit von Institutionen generell und somit auch an verbindlichem Engagement von Mitarbeitenden. Zudem sei die Gesellschaft "radikal diesseitig geworden und hat die gemeinschaftliche Sensibilität für Spiritualität verloren". Von der Kirche "hausgemacht" ist nach Ansicht des Bischofs als weiterer Grund die Missbrauchskrise, nicht jedoch unbedingt die katholische Sexualmoral, hätten doch auch evangelische und reformierte Kirchen mit ähnlichen Problemen zu kämpfen.
Angesprochen auf das in der katholischen Kirche derzeit weltweit diskutierte Thema Synodalität - im Oktober findet dazu eine weltweite Bischofsversammlung statt - erklärte Turnovszky, die Chance bestehe darin, in der Kirche existierende "Meinungsunterschiede auf eine gute Art und Weise auszutragen". Es gehe weder um bloßes Abstimmen noch darum, "Dinge unter den Tisch zu kehren", sondern um das Bemühen, "die Argumente der jeweils anderen zu verstehen, zu würdigen und nachzuvollziehen zu versuchen".