Über die Familie als Lernort für Nächstenliebe und darüber, sie so, wie sie ist, zu schätzen und zu pflegen.
„Das Wohl der Familie ist entscheidend für die Zukunft der Welt“, so Papst Franziskus in seinem Schreiben Amoris Laetitia (zu Deutsch: Die Freude der Liebe). Recht hat er! Manche mögen einwenden, wieso sich ein ehe- und kinderloser alter Herr über Familien zu sprechen traut. Weiß denn Papst Franziskus, worüber er schreibt? Freilich weiß er es, so wie jeder Mensch, der diese Zeilen liest. Jeder hat Erfahrung mit dem Thema Familie. Jeder Mensch hat eine eigene Herkunftsfamilie (zumindest im weiteren Sinn), von der er abstammt beziehungsweise in der er erzogen wurde und groß geworden ist, wie auch immer sie beschaffen ist – ja, selbst wenn nicht Blutsverwandte oder Institutionen die Erziehung übernommen haben.
Freilich bleibt es der wünschenswerte Idealfall, wenn Kinder in Gemeinschaft mit ihren leiblichen Eltern, Vater und Mutter, und ihren leiblichen Geschwistern aufwachsen und dabei ein gedeihliches, liebevolles Klima herrscht. Ich fürchte, den Idealfall gibt es selten. Familien sind keine idealen, sondern reale Gemeinschaften, in denen es Krisen, Enttäuschungen und Verletzungen gibt. Genau darum geht es Papst Franziskus in seinem Schreiben: Er ermutigt dazu, den Wert der eigenen realen Familie, wie sie eben ist, zu schätzen und zu pflegen und sie als eine Schule der Liebe zu begreifen, in der wir nicht perfekt sein müssen, sondern lernen dürfen.
Tatsächlich ist Familie wohl der wichtigste Lernort für Nächstenliebe. Aufgrund dieses Bemühens um gegenseitige Rücksichtnahme (auch zwischen den Generationen!) bilden sich in den Familien die stärksten Bindungen heraus, sodass sie zu einem tragfähigen Netz werden. In der Covid-Krise hat sich deutlich gezeigt, dass Familienkonstellationen sehr belastend sein können, dass Familie aber in noch viel größerem Maß Halt gibt. Jesus, der Mensch und Sohn Gottes, ist auch in einer realen Familie groß geworden. In ihr war vieles gut und heil, aber es gab auch Schmerzhaftes: Josef war nicht sein leiblicher Vater, er blieb ein Einzelkind (damals sehr unüblich), die Eltern mussten mit dem Baby flüchten, Josef dürfte früh gestorben sein, Maria musste ihren Sohn begraben … Und dennoch sagen wir zu Recht: Heilige Familie!
Am Fest des Heiligen Josef, dem 19. März, ist es fünf Jahre her, dass Papst Franziskus Amoris Laetitia veröffentlicht hat. Ich bin ihm dankbar für die Erinnerung daran, wie wichtig die Familien sind. Jede – auch die Ihrige!