
Tagung in Frankfurt
Zusammenfassung der Tagung: „Säkularisierte Zeit und Pastoralassistent:in sein“
Die Tagung befasste sich mit der Rolle der Pastoral in einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft und stellte die Frage: Wo ist Gott in säkularer Zeit?
Hauptthemen der Vorträge:
- Säkularisierung und Individualisierung
- Die heutige Gesellschaft bietet eine Vielzahl von religiösen Optionen, wodurch Glaube eine bewusste Wahl wird.
- Individualisierung ist kein Gegensatz zur Gemeinschaft, sondern auch ein zutiefst christliches Anliegen.
- Religiöse Indifferenz ist weit verbreitet: Menschen lehnen Religion nicht unbedingt aktiv ab, sondern empfinden sie als irrelevant („Gott fehlt nicht, aber es fehlt auch nichts ohne ihn“).
- Religiöse Selbstreflexion und Selbstbestimmung
- Glaube braucht innere Sicherheit, um in einer pluralen Gesellschaft bestehen zu können.
- Tradition und Moderne müssen in einem Dialog stehen – Tradition allein reicht nicht aus, aber sie kann Anknüpfungspunkte für neue Erfahrungen bieten.
- Religiöse Erfahrung und Innerlichkeit
- Persönliche religiöse Erfahrungen gewinnen an Bedeutung, während institutionelle Formen schwächer werden.
- Pastoral muss Räume für individuelle Glaubenserfahrungen schaffen.
- Herausforderungen für die Kirche
- Viele Menschen sehen die Kirche als gesellschaftlich relevant, aber nicht mehr als notwendig für ihr persönliches Leben.
- Kirchenaustritte steigen, und Religion wird zunehmend als überflüssig wahrgenommen.
- Die Kirche ist gefordert, ihre Relevanz nicht durch Machterhalt, sondern durch authentische Begegnungen und neue Formen des Glaubens zu zeigen.
- Säkularität als Chance für die Pastoral
- Die Kirche muss sich auf ihre „produktive Überflüssigkeit“ einlassen: Sie ist nicht mehr selbstverständlich Teil der Gesellschaft, kann aber genau dadurch neue Wege gehen.
- Die Pastoral kann an den Rändern der Gesellschaft wachsen, wo Menschen neue spirituelle Fragen stellen.
- Der Glaube muss nicht gebraucht werden, um wirksam zu sein – er wird dann relevant, wenn er authentisch gelebt wird.
Fazit:
Die Säkularisierung ist kein Verlust, sondern eine Herausforderung und Chance zugleich. Die Pastoral muss lernen, in einer Welt zu bestehen, in der sie nicht mehr selbstverständlich gebraucht wird. Gerade darin liegt eine neue Möglichkeit, den Glauben als freie, bewusste Entscheidung zu vermitteln und innovative Formen der Seelsorge zu entwickeln.
Während der Tagung hatten wir die Gelegenheit, an verschiedenen Exkursionen teilzunehmen.
Ich, Patricia, besuchte die Villa Gründergeist in Frankfurt, den ersten katholischen Co-Working Space Deutschlands. Auf rund 600 Quadratmetern bietet sie sozialen und kirchlichen Innovator:innen Raum zum Denken, Arbeiten und Vernetzen. Die Villa versteht sich als Zentrum für die Entwicklung sozialer und ökologischer Innovationen und leistet mit Coworking-Plätzen, Veranstaltungen und Beratungsangeboten einen Beitrag für Social Entrepreneurship im Rhein-Main-Gebiet und darüber hinaus.
Ich, Michaela, war beim Workshop in Oberursel, wo ein Espresso-Mobil Orte anfährt, die nicht durch Firmen abgedeckt werden – zum Beispiel Spielplätze, Friedhöfe, Stadtfeste und Flohmärkte. Dabei wird bewusst auf pfarreigene Orte verzichtet. Das Mobil wird von einem Ehrenamtlichenteam betreut und finanziert sich ausschließlich über Spenden. Zwischen April und Oktober sind bei jedem Einsatz mindestens drei Personen anwesend, davon am Friedhof immer eine Seelsorgerin oder ein Seelsorger. Alle Beteiligten können die Barista-Maschine bedienen. Das Angebot beschränkt sich auf Kaffee und Kakao mit einer zusätzlichen Milchalternative. Besonders beeindruckt hat mich, dass 38 Ehrenamtliche dieses Projekt unterstützen. Als Anerkennung lädt die Pfarre die Helfer:innen zweimal im Jahr zu einem Essen ein, das ebenfalls durch die Spenden finanziert wird.
Die drei Tage der Tagung waren insgesamt sehr lehrreich. Wir konnten wertvolle Kontakte knüpfen und uns persönlich sowie beruflich weiterentwickeln. Besonders die Vernetzung mit der Berufsgemeinschaft Deutschland war dabei sehr bereichernd. Der Gedanke kam auf, dass wir in keiner unserer Seelsorgeeinheiten an der Säkularisation vorbeikommen und immer neue Wege zu den Menschen finden müssen, denn die alten Strukturen ermöglichen dies kaum mehr.